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Wetternews: Adiabatisch, oder nicht?

Ein kräftiges Hoch hat sich heute über dem Alpenraum installiert. Damit stellte sich eine klassische herbstliche Hochdruckwetterlage ein: Unten grau, oben blau. Dafür verantwortlich sind unter anderem adiabatische Prozesse in unserer Atmosphäre.

Hinter dem Wort versteckt sich simple Physik, der wir in diesem Blog etwas auf den Grund gehen.

Luftströmungen

Unsere Troposphäre ist tagtäglich voll von unterschiedlichen Luftströmungen. Horizontale Luftströmungen nehmen wir als Wind wahr, vertikale Luftströmungen (Aufsteigen und Absinken) sind massgeblich für den Wettercharakter verantwortlich. Steigt Luft grossräumig auf, kühlt sie sich ab und der darin enthaltene Wasserdampf kondensiert. Es bilden sich Wolken und nicht selten folgt unbeständiges Wetter.

Sinkt Luft ab, erwärmt sie sich und kann mehr Wasserdampf aufnehmen. Die Wolken lösen sich auf und es stellt sich meist schönes Wetter ein. Doch warum wird ein Luftpaket kälter oder wärmer, wenn es sich aufwärts bzw. abwärts bewegt?


Horizontale und vertikale Luftbewegungen bestimmen die Verteilung von Hoch- und Tiefdruckgebieten und damit unser Wetter. Grafik: MeteoSchweiz


Adiabatisch

Als adiabatisch werden in der Atmosphäre Vorgänge bezeichnet, bei denen idealisiert kein Wärmeaustausch mit der Umgebung stattfindet. Die Betrachtungsweise kann für ein Luftpaket in der Atmosphäre angewendet werden, das sich nach oben oder nach unten bewegt. Vernachlässigt man den Wasserdampf in der Luft, und damit die Phasenübergänge des Wassers, kann der Prozess eines aufsteigenden oder absteigenden Luftpakets als trockenadiabatisch bezeichnet werden. Steigt ein Luftpaket auf, so kühlt es sich (trockenadiabatisch) um etwa 1 °C pro 100 Höhenmeter ab. Genau genommen sind es 0.98 °C / 100 m. Sinkt ein Luftpaket ab, so erwärmt es sich (trockenadiabatisch) um etwa 1 °C / 100 m. Warum ist das so?


Aufsteigendes Luftpaket. Grafik: MeteoSchweiz


Expansion

Steigt Luft auf, so gerät es in eine Umgebung mit geringerem Druck, da der Luftdruck in der Atmosphäre mit zunehmender Höhe abnimmt. Das Luftpaket, das aus tieferen Regionen mit höherem Luftdruck kommt, reagiert darauf und passt sich an. Es dehnt sich aus und verrichtet Volumenarbeit. Damit sinken seine innere Energie und entsprechend auch der Druck und die Temperatur (erster Hauptsatz der Thermodynamik). Mit anderen Worten: Die Luft kühlt ab, und zwar genau mit den erwähnten 0.98 °C / 100 m.


Adiabatische Expansion wie bei einem aufsteigenden Luftpaket schematisch dargestellt. Quelle: studyflix.de


Kompression

Sinkt Luft ab, so gerät es nun in eine Umgebung mit grösserem Druck. Das Luftpaket, das aus höheren Regionen mit tieferem Luftdruck kommt, wird geschrumpft und sein Volumen verkleinert. Ihm wird sozusagen Arbeit zugeführt. Damit steigen seine innere Energie und entsprechend auch der Druck und die Temperatur. Mit anderen Worten: Die Luft wird erwärmt, und zwar genau mit den erwähnten 0.98 °C / 100 m.


Adiabatische Kompression wie bei einem absinkenden Luftpaket schematisch dargestellt. Quelle: studyflix.de


Absinkende Luftmasse

Mit über 1035 hPa Kerndruck hat sich heute über dem Alpenraum ein kräftiges Hochdruckgebiet aufgebaut. Der Luftdruck ist in der Schweiz seit vorgestern um ganze 20 hPa angestiegen. Über dem Hochdruckgebiet herrscht klassischerweise grossräumiges Absinken, auch Subsidenz genannt.


Bodenanalyse des Deutschen Wetterdienstes vom Freitag, 11.11.2022, 07 Uhr. Quelle: DWD


In der freien Atmosphäre erwärmt sich die absinkende Luftmasse und bildet oberhalb der Grundschicht eine Absinkinversion. Diese ist im prognostizierten Vertikalprofil des europäischen Wettermodells IFS (unten) deutlich als „warme Nase“ zu sehen. Die erwärmte Luftmasse kann mehr Wasserdampf aufnehmen, trocknet ab und die Wolken lösen sich auf. Die geringe Luftfeuchtigkeit (Temperatur und Taupunkt liegen weit auseinander) sorgt in höheren Lagen für eine gute Fernsicht. Bis in die Grundschicht selbst kommt die Subsidenz häufig nicht voran. Beeinflusst von der Erdoberfläche hält sich hier dann klassisch die kühle, feuchte Nebelluft.


Illustriertes Vertikalprofil (nach dem IFS-Modell) für den Freitag, 11.11.2022, 13 Uhr.


Aufmerksamen Beobachtern ist in der Abbildung vielleicht aufgefallen, dass die rote Temperaturkurve im Bereich der Subsidenz nicht ganz der trockenadiabatischen Temperaturzunahme (oranger Pfeil) folgt, obwohl sich absinkende Luft ja mit etwa 1 °C / 100 m erwärmen sollte. In Wahrheit ist der vertikale Temperaturgradient mit etwa 0.5 bis 0.7 °C pro 100 Höhenmeter geringer. Der Grund liegt hauptsächlich in der langwelligen Abstrahlung ins Weltall, welche in der freien Atmosphäre der langsamen Erwärmung in der Subsidenz entgegenwirkt.

Weitere Erklärungen zu Absinkbewegungen in Hochdruckgebieten gibt es in vergangenen Blogs, z.B. hier.


Das „Vertikalprofil in Realität“ am Freitagnachmittag oberhalb von Wetzikon ZH mit Blick nach Südwesten. Der Nebel hat sich zu Dunst aufgelöst, darüber gute Fernsicht zu den Alpen, weit oben ausgedehnte hohe Wolkenfelder. Bild: Meteomeldungen/App.


Titelbild: Auf der Rigi am Freitagvormittag.

 

Quelle: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz
Titelbild: Meteomeldungen/App

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