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Wetternews: Zeit der Zyklonen

Im Blog von gestern wurde die Planetarische Frontalzone mit ihren Rossby-Wellen schön beschrieben.

Heute schauen wir in weite Ferne, wo unser kommendes Wetter seinen Ursprung hat.

Sonntagswetter

Heute war die Schweiz zwischen den Fronten. Die Schauer der letzten Nacht mit Schwerpunkt an den Voralpen (11 mm in Schwyz und Bisisthal SZ) zogen ab, dahinter lockerten die Wolken auf. Dementsprechend frisch war es am Sonntagmorgen. Im Mittelland gab es recht verbreitet Bodenfrost, Luftfrost (gemessen in 2 Meter Höhe) wurde lokal nur knapp verpasst. In den Alpentälern kühlte es bis auf unter -5 Grad ab.




Tagsüber zeigte sich zeitweise, inneralpin und im Süden sogar lange die Sonne, bevor gegen Abend aus Westen die Wolken schon wieder zunahmen. Sie gehören zu einem nächsten Tief über Mitteldeutschland, welches seine Mischfront (Okklusion) im Laufe der Nacht über die Schweiz ostwärts lenkt. Zuvor erreichten die Temperaturen am Nachmittag im Flachland rund 9 Grad, auf der Alpensüdseite bis 15 Grad. Diese Höchstwerte entsprechen in etwa der Jahreszeit, im Süden war es für Mitte November leicht zu warm.


Noch dichtere Restbewölkung am Sonntagmorgen in Luzern. Bild: Meteomeldungen/App.


„Grand beau“ dagegen im Wallis wie hier in Saas-Fee mit frisch verschneiter Mischabel. Bild: Meteomeldungen/App.


Ein Tief nach dem anderen

Liest man den Wetterbericht für die kommenden Tage, so bleibt wohl kein Zweifel, dass uns eine unbeständige Wetterwoche bevorsteht. Ein Tiefdruckgebiet jagt das andere und lenkt seine Frontensysteme über uns hinweg. Dies ist auch in den Prognosekarten des vom ECMWF betriebenen europäischen Wettermodells IFS deutlich zu erkennen:


Wettervorhersage nach dem europäischen IFS-Modell in 6-Stunden-Schritten bis am Mittwoch, 23.11.2022. Links oben eingefärbt die steuernden Starkwindbänder in etwa 9 Kilometer Höhe, rechts oben die Temperaturverteilung in der mittleren Troposphäre in etwa 5.5 Kilometer Höhe (in Pink relativ warm, in Grau relativ kalt), links unten die Verteilung der Luftmasse (in Blau kalt, in Orange warm), rechts unten die 6-stündige Niederschlagssumme.


Gesteuert werden die Tiefdruckgebiete (Zyklonen) weit über unseren Köpfen von Starkwindbändern (Jetstreams) in etwa 9 Kilometer Höhe. Sie sind eingebettet in die Planetarische Frontalzone, auch Polarfront genannt. Am Montag und Dienstag ist der Jetstream über dem Atlantik sehr zügig unterwegs und erreicht Windgeschwindigkeiten von 300 bis 350 km/h. Er verläuft recht weit südlich und stösst bis in den Mittelmeerraum vor, wo er ebenfalls kräftige Tiefdruckentwicklungen (Zyklogenesen) in Gang bringt.

Warum ist der Jetstream so stark?

Grosse horizontale Temperaturgegensätze, wie sie im Bereich der Polarfront vorkommen, bewirken in der Höhe einen starken Jetstream. In der Fachsprache wird diese Verbindung mit dem so genannten thermischen Wind beschrieben. Sind die Temperaturgegensätze maximiert, so gibt es auch in den Starkwindbändern Bereiche mit maximalen Windgeschwindigkeiten (Jetstreaks). Will man nun wissen, warum in den nächsten Tagen der Jetstream über dem Atlantik so stark ausfällt, so muss man den Blick stromauf (also westwärts) richten.


Situation am Sonntagmorgen, 20.11.2022 um 07 Uhr. Hochreichende Wolken sind eingefärbt, das Wolkenband quer über dem Atlantik markiert in etwa den südlichen Rand der starken Westwinddrift. Über dem Ostpazifik und über Alaska ist ein markanter Warmluftstoss (W), über Nordamerika ein extremer Kaltluftvorstoss (K) markiert. Über dem Nordatlantik befinden sich in Strömungsrichtung gesehen links vom Jetstream Tiefdruckgebiete (T), rechts Hochdruckgebiete (H).


Ursache der auflebenden Westwinddrift über dem Nordatlantik ist der derzeitige extreme Kaltluftvorstoss über weiten Teilen Nordamerikas. Er löste an den Grossen Seen strichweise heftige Schneeschauer aus (lake effect). Die nach Süden drängende Kaltluft maximiert die Temperaturgegensätze zwischen Polarluft und Subtropikluft über dem Osten der USA und Ostkanada. Dies treibt den Jetstream über dem Atlantik an und kurbelt bis nach Europa eine Zyklogenese nach der anderen an. Doch die eigentliche Ursache der ganzen Kettenreaktion liegt noch weiter westlich. Hier stiess Warmluft bis nach Alaska vor und baute dort eine massive Wärmeanomalie auf. Als Gegenbewegung wurde der Kaltluftausbruch über Nordamerika induziert. Somit hat unser Wetter in den nächsten Tagen seinen Ursprung rund 10.000 Kilometer von uns entfernt über dem Ostpazifik.


Viel Sonnenschein am Sonntagmittag in Gandria TI am Luganersee. Bild: Meteomeldungen/App.


Titelbild: Sonnige Aufhellungen am Sonntagmorgen in Kirchenthurnen BE.

 

Quelle: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz
Titelbild: Meteomeldungen/App

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