Präsidentschaftswahlen in Nigeria: Christen unter den Kandidaten klar unterrepräsentiert
Am Samstag wird in Nigeria ein neuer Präsident gewählt. Die Kandidaten der grossen Parteien halten sich jedoch nicht an die ungeschriebene Regel der geografischen und religiösen Rotation. Eine Situation, die die bereits bestehenden interreligiösen Spannungen weiter anheizt.
Der nächste Präsident des bevölkerungsreichsten Landes Afrikas wird am Samstag, den 25. Februar, gewählt. Es sind die siebten Präsidentschaftswahlen seit der Rückkehr des Landes zu einem demokratischen System im Jahr 1999.
Die Herausforderungen, die mit dieser Wahl verbunden sind, entsprechen den Herausforderungen, denen sich das Land derzeit insgesamt gegenübersieht. Denn nach der Wahl von Präsident Muhammadu Buhari, der 2015 die Nachfolge von Jonathan Goodluck antrat, hat die Gewalt militanter Islamisten nur noch zugenommen, die Unsicherheit hat sich ausgebreitet, das Wirtschaftswachstum hat sich verlangsamt, das Bildungssystem ist zusammengebrochen und die Verarmung der Bevölkerung hat sich verstärkt.
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Das muslimisch/muslimische Ticket sorgt für Kontroversen
Der gewählte Präsident wird eine Amtszeit von vier Jahren erhalten. Die wichtigsten politischen Parteien, die bei den Wahlen antreten, sind die Demokratische Volkspartei (PDP) und der Progressive Kongress (APC).
Im Vorfeld der Wahlen wird jedoch weniger auf die von den Parteien vorgeschlagene Politik geachtet als vielmehr auf die Kontroverse um die muslimischen Doppeltickets und die Unfähigkeit der beiden Parteien, das Land voranzubringen.
In Nigeria gibt es einen stillschweigenden Konsens zwischen den politischen Parteien, die Präsidentschaftskandidaten aufstellen, der eine geografische Machtrotation zwischen dem muslimischen Norden und dem christlichen Süden sowie ein Bekenntnis zur Vertretung beider Religionsgruppen fordert. Bei dieser Wahl wird sie nicht eingehalten.
Auf der Grundlage der Übereinkunft war zu erwarten, dass der nächste Präsident aus dem christlichen Süden kommen und sein Vizepräsident den muslimischen Norden vertreten würde. Die Oppositionspartei PDP stellte jedoch den Muslim Atiku Abubakar als Kandidaten auf, der den Christen Ifeanyi Okowa als seinen „Running Mate“ wählte. Einen Monat später stellte die Regierungspartei APC den Muslim Bola Tinubu aus dem Bundesstaat Lagos im Süden des Landes auf, der wiederum einen anderen Muslim aus dem Norden, den ehemaligen Gouverneur des Bundesstaates Borno, Kashim Shettima, als Vizepräsidenten wählte.
Insbesondere das muslimisch/muslimische Ticket schürt die Spannungen in einem Land, das bereits durch religiöse und ethnische Bruchlinien gespalten ist. In Nigeria ist die Bevölkerung etwa zu gleichen Teilen in Christen und Muslime geteilt und viele Christen fühlen sich von den vorgeschlagenen Kandidaten nicht vertreten. Die Christliche Vereinigung von Nigeria (CAN) hat offen ihre Besorgnis darüber geäussert. Ihr Generalsekretär, Barrister Joseph Bade Daramola, erklärte: „Die CAN drängt darauf, dass bei der Auswahl der Mitstreiter für die Präsidentschaftskandidaten ein Gleichgewicht zwischen den beiden Religionen hergestellt wird. Wir lehnen die Idee von christlich/christlichen oder muslimisch/muslimischen Kandidaten ab“. Erzbischof Henry Ndukuba sagte in einem Interview: „Wenn Sie Personen desselben Glaubens nominieren oder auswählen, sei es ein christlich-christliches oder ein muslimisch-muslimisches Ticket, sind Sie sehr unsensibel gegenüber den Gefühlen der Bevölkerung.“ Andere bringen ebenfalls ihre Bedenken und die potenzielle Gefahr des muslimisch/muslimischen Tickets zum Ausdruck und betonen, dass es um Inklusion und Repräsentation geht.
Interreligiöses Zusammenleben durch dschihadistische Gewalt höchst fragil
Das Land hat sowohl die sechstgrösste christliche Bevölkerung der Welt (rund 100 Millionen) als auch die fünftgrösste muslimische Bevölkerung (rund 115 Millionen). Angesichts der bestehenden sozialen, religiösen und politischen Spannungen befürchten viele, dass vor diesem Hintergrund das Risiko von Gewalt während und nach den Wahlen höher als je zuvor sein wird. Eine anhaltende Unsicherheit und wirtschaftliche Instabilität könnte deutlich weitreichendere und schädlichere Auswirkungen auf die Nahrungsmittelversorgung, die Flüchtlingsbewegungen und die Sicherheit des Kontinents haben.
Open Doors, ein internationales Hilfswerk für verfolgte Christen teilt die Sorge von Erzbischof Ndukuba angesichts dieser Realität. Im Weltverfolgungsindex steht Nigeria an sechster Stelle der Länder, in denen Christen am stärksten verfolgt werden. Mit 5’014 Christen, die allein im letzten Jahr aufgrund ihres Glaubens getötet wurden, steht Nigeria weiterhin mit grossem Abstand an der Spitze der Länder, in denen dschihadistische Gewalt die meisten Opfer fordert. „Die aktuelle Regierung hat keinen echten Willen gezeigt, die christliche Bevölkerung im Zentrum und im Norden des Landes vor dem Terrorismus zu schützen. Eine weitere politische Destabilisierung würde die Christen in diesen Regionen angesichts der ständigen Angriffe und Gewalttaten nur noch verwundbarer machen“, stellt Philippe Fonjallaz, Geschäftsführer von Open Doors, fest.
Quelle: Open Doors Schweiz
Titelbild: Fela Sanu – shutterstock.com