Im Hintergrund mittendrin – die Einsatzzentralen des BAZG
Stets den Überblick behalten, im Hintergrund die Fäden ziehen und den Frontkräften den Rücken freihalten: Alltag für die Mitarbeitenden in den Einsatzzentralen (EZ).
Forum Z. war zu Besuch bei der EZ Ost in Chur.
Konzentrierte Stille empfängt einen im grosszügig mit Monitoren ausgestatteten Raum der EZ Ost, der durch eine Fensterfront den Blick auf die imposante Bündner Bergwelt freigibt – und das obwohl alle aktuell Dienst leistenden Mitarbeitenden am Telefonieren sind, wie die roten Lämpchen an ihren Arbeitsplätzen verraten. ‘Dienst-leistend’ im wahrsten Sinn des Wortes: „Wir verstehen uns in erster Linie als Unterstützung für die Front, damit sich die Mitarbeitenden auf die Situation vor Ort konzentrieren können“, erklärt Michael Patt, Fachspezialist Einsatzzentrale, als sein Besetztzeichen wieder erloschen ist – „beispielsweise mit Abklärungen im Hintergrund oder natürlich dem Aufbieten der geeigneten Unterstützung“.
Dabei habe die Sicherheit der Mitarbeitenden vor Ort immer Vorrang. Auch sorgten sie dafür, dass bei Ereignissen Wissensgleichstand bei allen Beteiligten herrsche und die benötigten Informationen vorliegen. Michael ist einer von drei Mitarbeitenden der Einsatzzentrale Ost, die an diesem Donnerstagnachmittag die Übersicht über das Grenzgebiet von Goldach im Kanton St. Gallen bis und mit ganz Graubünden haben.
Dafür seien sie aber darauf angewiesen, dass sie auch alle Informationen bekommen, um ein möglichst genaues Bild der Situation vor Ort zu haben. „Sonst sind wir blind, nur so können wir die richtigen Entscheidungen treffen“. Auch vier Monitore auf dem Pult helfen Michael und seinen Kollegen dabei, die Übersicht zu halten: „Hier sehen wir, welche Einsätze gerade laufen, wo disponierbare Einheiten sind, haben Zugriff auf Check- und Verbindungslisten und vieles mehr“.
Selbstverständlich protokollieren sie auch jeden Schritt, damit Entscheidungen im Nachhinein nachvollzogen werden können – je nach Fall auch vor Gericht.
Nationale und internationale Drehscheibe
Fabian Christoffel, Chef der Einsatzzentrale Ost, verdeutlicht denn auch, dass die Arbeit in den letzten Jahrzehnten deutlich komplexer geworden sei: „Reichten früher ein Block und ein Bleistift, ist heute Multitasking gefragt“. Entsprechend zentral sei es, dass die Mitarbeitenden über ein breites Fachwissen verfügten und sich selber zu helfen wüssten. Denn die Beratung der Einsatzleitung gehöre ebenso zu ihren Aufgaben wie das Führen von Einsätzen im Rahmen der Sofortmassnahmen bis der Einsatzleiter Front übernimmt.
Abklärungen, beispielsweise zu Personen oder Fahrzeugen, können dabei auch über die Landesgrenzen hinaus gehen: Mittels Verbindungsbüro zu Österreich hat die EZ Ost einen direkten Draht zum östlichen Nachbarn. „Dank der engen Zusammenarbeit klappt der grenzüberschreitende Infofluss relativ schnell“, sagt Fabian. Auch könnten die EZ Anfragen aus dem Ausland erreichen, beispielsweise von in fernen Ländern stationierten Ground Marshals oder Schweizer Frontex-Mitarbeitenden. Die EZ ist aber nicht „nur“ SPOC (Single Point of Contact) für Mitarbeitende sowie nationale und internationale Partnerorganisationen, sondern zurzeit im Grunde für jedermann: „An unbesetzten Grenzübergängen publizierte Nummern und umgeleitete Anrufe von Grenzübergängen ausserhalb der Abfertigungszeiten führen zum Beispiel zu uns“, so Fabian.
Die eingehenden Anliegen seien sehr vielfältig: Eltern, die keine ID für den Säugling haben; Reisecar-Chauffeure, die nicht wissen, wie sie die PSVA lösen müssen; Reisende, die wissen wollen, ob der Maloja-Pass geöffnet ist, und natürlich war auch Covid ein grosses Thema. Fabian fügt an: „Wir helfen hier jeweils best- und schnellstmöglich weiter respektive vermitteln bei Bedarf an die zuständigen Stellen, sodass wir den Reisenden mit verhältnismässig wenig Aufwand einen guten Service bieten können“.
Derweil durchbricht ein gut hörbares Signal die konzentrierte Stille in der Einsatzzentrale: ein gesuchtes Fahrzeug ist im Begriff, einen Grenzübergang zu passieren. In diesem Fall ein Fehlalarm. Aber auch das machen die vier Einsatzzentralen des BAZG: Nationale Fahndungen koordinieren, beispielsweise im Fall von Kindsentführungen, gesuchten Verbrechern oder Verdächtigen in Bezug auf Betäubungsmittelschmuggel. Der Raum der EZ in Chur scheint auf den ersten Blick ruhig, und tatsächlich sind hier die kühlen Köpfe, die über das Geschehen draussen wachen, Informationen sammeln respektive gezielt verteilen und bei Bedarf eingreifen – manchmal schnell, oft parallel und immer bestrebt, bestmöglich zu unterstützen.
Die Einsatzzentralen des BAZG
Schweizweit hat das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) vier operative Einsatzzentralen: in Basel, Chur, Bellinzona und Genf. In der Region Ost ist der EZ zudem das Verbindungsbüro nach Österreich betrieblich angegliedert. In den anderen Regionen sind das Verbindungsbüro (zu Deutschland) und die beiden CCPD (Zentren für Polizei- und Zollzusammenarbeit mit Italien respektive Frankreich) organisatorisch und betrieblich unabhängig von der jeweiligen EZ. Die Einsatzzentralen sind ganzjährig rund um die Uhr besetzt und rapportieren täglich rund 100-150 Ereignisse.
Bindeglied zwischen den vier Einsatzzentralen ist die Fachstelle EZ in Bern. Sie ist fachlich für die Einsatzzentralen verantwortlich und kümmert sich um die technische Systemarchitektur sowie die bedarfsgerechte Weiterentwicklung des Einsatzleitsystems.
Quelle: Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)
Bildquelle: Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)