Ein Wetter- und Klimamodell wird für alle nutzbar

Gemeinsam mit der Wissenschafts- und Forschungsgemeinschaft in Deutschland und der Schweiz stellt MeteoSchweiz das Wetter- und Klimamodell ICON der Öffentlichkeit unter einer Open-Source-Lizenz zur Verfügung.

Mit diesem Schritt wird die wissenschaftliche Grundlage für Wettervorhersagen und Klimaprojektionen für alle nutzbar.

MeteoSchweiz vereint Forschung, Wissenschaft und praktische Anwendung: Die Entwicklung des Wetter- und Klimamodells ICON läuft auf Hochtouren. Dieses Modell bildet die Grundlage der modernen Wettervorhersage und der Klimaprojektionen bei MeteoSchweiz.

Das Akronym ICON steht für „ICOsahedral Nonhydrostatic Model“. Wie der Name bereits sagt, ist ICON im Gegensatz zum Vorgängermodell auf der Basis eines Dreiecksgitters (Icosaheder) konzipiert. ICON befindet sich aktuell in der Testphase bei der Erstellung von Wetterprognosen.


Abb. 1: Das Datenmodell ICON enthält als Basis der Gitterstruktur ein in die Erdkugel platziertes Ikosaeder (Dreiecksgitter). (Bild: ICON)

Oliver Fuhrer, Leiter der Abteilung „Numerische Vorhersagen“ bei MeteoSchweiz, arbeitet gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen bei MeteoSchweiz an der Weiterentwicklung der numerischen Wetter- und Klimamodelle. Er ordnet für uns die Geschehnisse ein:

Was ist ein numerisches Wetter- und Klimamodell?

Ein numerisches Wetter- und Klimamodell ist ein hochkomplexes Computerprogramm. Es simuliert das Verhalten der Atmosphäre und des Klimas. Dafür nutzt es mathematische Gleichungen, die physikalische Prozesse beschreiben, wie Luftbewegungen, Temperaturveränderungen, Feuchtigkeit und andere atmosphärische Phänomene. Diese Berechnungen sind sehr aufwendig und benötigen grosse Hochleistungsrechner. Diese Modelle helfen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, das aktuelle Wetter zu prognostizieren und langfristige Klimaentwicklungen zu verstehen.

Wie arbeitet MeteoSchweiz mit ICON?

Das spannende an unserer Arbeit bei MeteoSchweiz ist, dass wir einerseits in der Forschung und Wissenschaft tätig sind und andererseits auch gleich die praktische Anwendung begleiten können. In der Forschung und Wissenschaft nutzen wir bei MeteoSchweiz das ICON-Modell, um die Grundlagen der Meteorologie und Klimatologie zu erforschen. Durch die Analyse der Modellsimulationen können wir besser verstehen, wie sich Wetter- und Klimaphänomene entwickeln und wie sie miteinander interagieren.

Das präzisere ICON-Modell soll schon bald das aktuelle Wettermodell COSMO ersetzen und für die tägliche Wettervorhersage genutzt werden. Darum läuft es aktuell in der Testphase. Diese Vorhersagen sind für zahlreiche Anwendungen unerlässlich, von der Landwirtschaft über die Luftfahrt bis hin zum Katastrophenschutz.

Mit wem hat MeteoSchweiz zusammengearbeitet, um ICON zu entwickeln?

Die Entwicklung des ICON-Modells war ein internationales Unterfangen, bei dem MeteoSchweiz mit führenden Institutionen wie dem Deutschen Wetterdienst (DWD), dem Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M), dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und dem Deutschen Klimarechenzentrum (DKRZ) zusammengearbeitet hat. Diese Kooperation ermöglichte es, Expertise und Ressourcen zu bündeln.

Warum ist eine Open-Source-Lizenz wichtig?

Die Bereitstellung des ICON-Modells unter einer Open-Source-Lizenz fördert Transparenz und Vertrauen in die Wissenschaft. Sie ermöglicht es Forschern weltweit, auf dem Modell aufzubauen, es zu verbessern und anzupassen, was die Innovation und das Verständnis von Wetter- und Klimaphänomenen vorantreibt. Zudem ermöglicht Open Source eine breitere Überprüfung und Validierung der Modelle durch die wissenschaftliche Gemeinschaft.

Was können Forscher und die Privatwirtschaft mit dem Code anfangen?

Mit Zugang zum ICON-Code können Forscherinnen und Forscher neue Hypothesen testen, eigene Verbesserungen vornehmen und das Modell an spezifische Anforderungen anpassen. Für die Privatwirtschaft eröffnen sich Möglichkeiten, nur Teile oder den gesamten ICON-Code zu nutzen. Das kann z.B. sein, um massgeschneiderte Wetterdienstleistungen für die Energiebranche, Landwirtschaft oder Logistik zu entwickeln.

Was bedeutet Ihnen die Arbeit an ICON persönlich?

Die Arbeit an ICON ist für mich persönlich eine ständige Quelle der Inspiration und Herausforderung. Es ist faszinierend zu sehen, wie unsere Modelle das Verständnis des Klimas und des Wetters erweitern und wie diese Erkenntnisse in praktische Anwendungen fliessen. Die Zusammenarbeit national und mit internationalen Teams und der Austausch von Wissen sind besonders bereichernd und zeigen, wie globale Kooperation zu Lösungen für einige der drängendsten Probleme unserer Zeit beitragen kann.

Wie geht es mit ICON in diesem Jahr weiter?

Ein grosser Meilenstein wird die Einführung von ICON in den operationellen Betrieb bei MeteoSchweiz im Rahmen des ICON-22 Projekts im Verlaufe dieses Jahres sein. Das heisst, dass wir ICON nicht nur testweise benutzen, sondern dass wir es täglich bei der Erstellung der Wetterprognose einsetzen und die Vorhersagen von ICON unseren Kunden zur Verfügung stehen werden.

Mehr Informationen:


Das neue Datenmodell ICON basiert auf einem Dreiecks-Gitternetz.

 

Quelle: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz / Ein Wetter- und Klimamodell wird für alle nutzbar – MeteoSchweiz (admin.ch)
Titelbild: ICON