Und es regnet doch
Aufmerksamen Beobachterinnen und Beobachtern ist sehr wahrscheinlich aufgefallen, dass es zum Teil deutlich mehr regnete als die Radarbilder suggerierten.
- Das war insbesondere im Berner Oberland der Fall. Woran lag das?
Modernes Radarnetzwerk
MeteoSchweiz verfügt über fünf moderne Wetterradare, die so aufgestellt sind, dass sie möglichst viel Luftvolumen möglichst detailliert abtasten können. Dies ist über der komplexen Topografie der Schweiz zum Teil eine Herausforderung. Die Daten aller fünf Radarstandorte werden zu einem einzigen Radarbild zusammengesetzt, das in der App oder auf der Homepage von MeteoSchweiz zu sehen ist.
In der Regel detektieren die Radare den Niederschlag sehr präzise. Es gibt jedoch Wetterlagen, wo das nicht der Fall ist. Eine solche Situation gab es beispielsweise von gestern auf heute Freitag.
Warum sieht der Radar nicht alles?
Die Radare sind nicht immer in der Lage, jeglichen Niederschlag zu sehen. Zum Beispiel dann nicht, wenn die Niederschläge in tiefen Luftschichten entstehen. Der Grund liegt nicht in einer technischen Limitierung des Radars, sondern daran, dass die Radare in exponierten Gipfellagen stehen und mit ihren Radarstrahlen über tiefer gelegene Luftschichten hinwegblicken, die folglich nicht erfasst werden. Folgende Grafik soll dies schematisch darstellen:
Niederschlagsbildung in tiefen Schichten
Genau diese Situation bestand während der Niederschläge seit gestern Donnerstagabend. Die Niederschläge entstanden im Zusammenhang mit einem Höhentief mit Zentrum über der östlichen Lombardei, sowie aufgrund des Nordostwindes vor allem am Alpennordhang. Ein Grossteil der Niederschlagsprozesse lief in tieferen Schichten ab, sodass der Radar wie beschrieben nur wenig detektierte, insbesondere im Berner Oberland.
Dort war die Luft nur noch bis etwa 4000 m sehr feucht, während in östlicheren Regionen – näher am Höhentief gelegen – die niederschlagsbildende Bewölkung noch weiter hinauf reichte. Der Radar konnte dort deshalb die Niederschläge besser detektieren als im Berner Oberland.
Lokal markante Differenz
Nebst einer Abschätzung der Niederschlagssumme aus reinen Radardaten gibt es nicht zuletzt aufgrund dieser Probleme ein weiteres Produkt, in welchem die Radarsumme mit Hilfe von Bodenmessstationen korrigiert wird. Dieses sogenannte CombiPrecip liefert eine bessere Schätzung der Niederschlagssumme. Die Unterschiede können wie im aktuellen Ereignis teils markant sein:
Recht eindrücklich, wenn auch nur lokal, zeigt sich die Differenz zwischen der Abschätzung der Niederschlagssumme durch reine Radardaten und dem, was am Boden tatsächlich gemessen wurde. So wurde an der Niederschlagsstation in Kiental in 12 Stunden über 30 mm gemessen, während die Summe gemäss Radar nur wenige Millimeter betrug.
Mit der nordöstlichen Anströmung (Bise) war der Alpennordhang typischerweise am stärksten von den Niederschlägen betroffen. Wie in der Grafik oben zu sehen ist, variierten die gemessenen Niederschlagssummen auf kleinem Raum teils sehr stark. Mit der Topografie und der Anströmung (Stau) mögen lokale Windkonvergenzen –verursacht durch die Topografie – ein weiterer Grund für gebietsweise recht hohe Niederschlagssummen sein. Sie verstärkten die Niederschläge zwar eng begrenzt, dafür anhaltend an immer derselben Stelle.
Weiterführende Informationen:
Quelle: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz / Und es regnet doch – MeteoSchweiz (admin.ch)
Titelbild: U. Graf