Kanton Bern: Festakt zu 60 Jahren Strafvollzugskonkordat
Seit 60 Jahren stellen die elf Nordwest- und Innerschweizer Kantone gemeinsam den Strafvollzug innerhalb ihres Konkordatgebiets sicher. Die erfolgreiche Zusammenarbeit in dieser föderalistischen Struktur wurde am 25. Oktober 2019 in der konkordatlichen Justizvollzugsanstalt Witzwil im Berner Seeland unter dem Motto „2 ½ Stunden hinter Gittern“ mit einem Festakt gefeiert.
Dank der engen Zusammenarbeit innerhalb des Konkordats ist es gelungen, die Zahl der schweren Rückfalltaten zu vermindern
Die Konkordatsvereinbarung des Strafvollzugskonkordats der Nordwest- und Innerschweizer Kantone (NWI-CH) basiert auf dem Gründungstext vom 4. März 1959. Das NWI-Konkordat umfasst die Kantone Bern, Luzern, Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Zug, Solothurn, Basel-Stadt, Basel-Landschaft und Aargau. In neun Konkordatsanstalten und zwei konkordatlichen Vollzugsabteilungen stehen rund 1150 Haftplätze für den Straf- und Massnahmenvollzug an Erwachsenen zur Verfügung.
Die enge Zusammenarbeit über sechs Jahrzehnte innerhalb dieser föderalistischen Struktur wurde am 25. Oktober 2019 mit über 100 geladenen Gästen aus Politik, Justiz, Wissenschaft und Praxis in der konkordatlichen Justizvollzugsanstalt Witzwil im Berner Seeland in einem Festakt gefeiert. Dabei wurden unter anderem auch Szenen aus dem Theaterstück „Freigänger“ der Zürcher Regisseurin Anna Papst gespielt; das Werk thematisiert die Resozialisierung ehemaliger Straftäter.
Zweck und Aufgabe der Konkordate
In der Schweiz stellt der Freiheitsentzug eine hoheitliche, staatliche Tätigkeit im Aufgabengebiet der inneren Sicherheit dar. Die Kompetenz hierzu liegt prinzipiell bei den 26 Kantonen. Da kein Kanton in der Lage ist, alle im Strafgesetzbuch vorgesehenen Anstaltstypen zur Verfügung zu stellen, haben sich die Kantone zu den drei regionalen, überkantonalen Strafvollzugskonkordaten zusammengeschlossen: Neben dem NWI-CH sind dies das Ostschweizer Strafvollzugskonkordat sowie jenes der lateinischen Schweiz.
Die Konkordate stellen den verfassungs- und gesetzeskonformen Vollzug von Strafen und Massnahmen an Erwachsenen sicher. Darüber hinaus sind sie verpflichtet, die dazu erforderliche Behördenorganisation und die rechtlichen Grundlagen zu schaffen. Ein weiteres zentrales Anliegen ist die Harmonisierung der Gesetzgebung und der Vollzugspraxis in den Kantonen.
Rückfälle vermindern
Aufgrund der engen Zusammenarbeit innerhalb des Konkordats und zwischen den Konkordaten sollen die Vollzugsverantwortlichen durch die Anwendung neuster wissenschaftlicher Erkenntnisse künftig noch besser beurteilen können, von welchen Straftätern ein Rückfallrisiko ausgeht. So könne zum Beispiel durch die Einführung des risikoorientierten Sanktionenvollzugs in den beiden deutschsprachigen Konkordaten die Arbeit mit Straffälligen in einem integrierten Prozess systematisiert und strukturiert werden. Solche standardisierten Abläufe schafften Sicherheit und würden entscheidend zur Rückfallvermeidung beitragen. Darüber hinaus seien sie auch aus ökonomischer Sicht sinnvoll.
Die beteiligten Kantone stützen sich für ihre Arbeit insbesondere auch auf die konkordatliche Fachkommission (KoFako), die von den kantonalen Vollzugsbehörden hinzugezogen werden kann, um die Gefährlichkeit der Straftäter zu beurteilen, Empfehlungen zum Vollzug abzugeben und das Rückfallrisiko abzuklären. Seit zehn Jahren trage die Arbeit der KoFako wesentlich dazu bei, schwere Rückfalltaten zu vermeiden, sind sich die in Witzwil anwesenden Fachpersonen einig. Es bleibe jedoch ein Restrisiko. Deshalb braucht es die Bereitschaft der Politik, der Gesellschaft und auch der Medien, dieses heute sehr kleine Restrisiko zu tragen, wie dies beispielsweise im Strassenverkehr oder in der Luftfahrt ebenfalls akzeptiert werde.
Quelle: Kanton Bern
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