Jüdischer Student vor Synagoge angegriffen – Verhandlungsbeginn im Sicherungsverfahren
Hamburg. Am 12. Februar 2021 beginnt vor dem Landgericht Hamburg die Hauptverhandlung im Sicherungsverfahren wegen des Angriffs auf einen jüdischen Studenten vor der Hamburgischen Synagoge in der Hohen Weide vom 4. Oktober 2020.
Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg – Zentralstelle Staatsschutz – wirft dem Beschuldigten in ihrer Antragsschrift vom 21. Dezember 2020 versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor.
Der Beschuldigte soll im Zustand der Schuldunfähigkeit dazu angesetzt haben, einen Angehörigen des jüdischen Glaubens heimtückisch zu töten, und ihn dabei potentiell lebensgefährlich verletzt haben, indem er dem Opfer, das er gezielt wegen seines jüdischen Aussehens ausgewählt hatte, mit einem Kurzspaten seitlich von hinten an den Kopf schlug.
Der Beschuldigte leidet unter einer akuten paranoiden Schizophrenie, begleitet von wahnhaften Verfolgungsängsten, die nach dem Ergebnis sachverständiger Begutachtung als Auslöser für die verfahrensgegenständliche Tat anzusehen sind. Die Ermittlungen haben auf Grundlage dieses Gutachtens keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschuldigte in freier Willensbestimmung religiöse, weltanschauliche, rechtsextremistische oder antisemitische Ziele verfolgte. Seine individuell krankheitsbedingten Wahnvorstellungen richteten sich zwar vornehmlich gegen jüdische Institutionen, Rituale und Personen. Das Bedrohungsszenarium betraf unter anderem aber auch die christliche Glaubensrichtung.
Entgegen dem ersten Anschein ändert an dieser (vorläufigen) Bewertung auch ein in der Hosentasche des Beschuldigten aufgefundener Zettel mit einem aufgemalten Hakenkreuz nichts. Denn dem Beschuldigten war aus seinem privaten Umfeld wohlmeinend geraten worden, sich gegen die von ihm wahrgenommene Dämonen und Reptiloiden unter anderem mittels einer solchen Zeichnung zu schützen. Dabei sollte das Kreuz in seiner ursprünglichen Bedeutung (Swastika) als Symbol des Lichts und der Sonne Schutz bieten und Glück bringen. Die Ermittlungen haben ebensowenig ergeben, dass der Beschuldigte bereits vor seiner psychiatrischen Erkrankung antisemitisches oder rechtsextremistisches Gedankengut vertreten hat. Vollständig ausgeschlossen werden kann dies zurzeit jedoch nicht.
Der Antrag der Generalstaatsanwaltschaft im Sicherungsverfahren bezweckt, den seit der Tat bereits einstweilig untergebrachten Beschuldigten dauerhaft in einem psychiatrischen Krankenhaus unterbringen zu lassen. Die Hauptverhandlung beginnt am 12. Februar 2021 um 09.00 Uhr im Saal 139 des Strafjustizgebäudes, Sievekingplatz 3. Die Öffentlichkeit kann für die Hauptverhandlung oder für einen Teil davon ausgeschlossen werden, § 171a GVG.
Quelle: Staatsanwaltschaft Hamburg
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