Die Marke Schweiz - beliebt wie nie zuvor
von Alin Cucu
Swissness ist in. „Made in Switzerland“ steht für Qualität wie Innovation, Präzision wie Luxus.
Trotz einiger Negativ-Schlagzeilen in den letzten Monaten ist das Image der Schweiz international top. Doch was macht unser Land so erfolgreich? Der Versuch einer Analyse – und der Blick auf einige Bürden, die solche Lorbeeren mit sich bringen.
Eigentlich könnte man meinen, das Image der Schweiz hätte in der letzten Zeit gelitten, bei all den umrühmlichen Meldungen von Rassismus (Luxus-Täschli-Posse in Zürich und Asylbewerber-Affäre in Bremgarten) bis hin zu Finanzskandalen („UBS büsst für Libor-Skandal“). Doch weit gefehlt: Die Schweiz steht in den Augen der internationalen Gemeinschaft so gut da wie nie. Das jedenfalls meinen die Autoren der Studie „Swissness Worldwide 2013“, die von der Universität St. Gallen und der htp St. Gallen Marketingberatung in Zusammenarbeit mit Jung von Matt / Limat und der GfK Switzerland durchgeführt wurde.
Swissness ist pures Gold wert
Laut der Studie sind Käufer im In- und Ausland bereit, für Schweizer Produkte deutlich mehr hinzublättern als für vergleichbare Artikel aus anderen Ländern. Insbesondere in China, Japan und Indien ist die Zahlungsbereitschaft sehr hoch. Generell sei die Marke Schweiz in den Wachstumsmärkten exzellent positioniert. So sind Inder beispielsweise bereit, für eine Tafel Schweizer Schokolade 65 Prozent mehr zu bezahlen als für Schoggi ohne Herkunftsbezeichnung. Japaner zahlen für Uhren sogar mehr als das Doppelte, wenn diese aus der Schweiz kommen. „Allerdings differiert die Zahlungsbereitschaft für und somit auch der Mehrwert von Swissness stark nach Produkt und Markt“ schreiben die Studienautoren.
Wie kommt es dazu? Der Schweiz gelinge das Kunststück, sowohl rational als auch emotional zu punkten. Will heissen: Die Schweizer Produkte bieten für den Verstand exzellente Qualität und für das Herz ein gutes Stück Sympathie. Normalerweise ist es schwierig, diese beiden Aspekte unter einen Hut zu bringen. Wer auf Hightech und Qualität Wert legt, wirkt meistens distanziert und unerreichbar; Marken mit hoher Emotionalität schaffen es dagegen oft nicht, die Qualität auf das gleiche Niveau wie die Beliebtheit zu bringen. Im Schweizer Fall sind die beiden Faktoren – Emotionalität und Qualität – sicher nicht gleich wichtig. Mit eidgenössischen Produkten assoziiert man in erster Linie Hochwertigkeit (Uhren, Schokolade). Dass dann noch ein positives emotionales Image dazukommt, ist ein Glücksfall. Sicherlich profitiert die Schweiz hier auch von ihrer Natur- und Traditionsverbundenheit, die sehr öffentlichkeitswirksam in der Tourismuswerbung oder der Serie „Heidi“ zum Ausdruck kommt. Das bayerische Motto „Laptop und Lederhosen“ gilt in gewisser Weise auch für die Schweiz – nur, dass hier noch der Alm-Öhi und Emmentaler Käse dazukommen.
Qualität und Emotionalität
Die Analyse zeigt einmal mehr: Der entscheidende Faktor für wirtschaftlichen Erfolg liegt in der Qualität der Produkte. Nur durch Werbefeldzüge kann man nicht auf Dauer gewinnen. Das wäre so, als würde man sein Schaufenster aufwändigst gestalten und damit für offene Münder sorgen, im Laden selbst aber nur durchschnittlichen Kram bereithalten. Oder wie es Steve Jobs in Bezug auf Apple einmal ausgedrückt hat: „Wir wollen Produkte herstellen, die wir auch unseren Familien und Freunden empfehlen würden. Wir können einfach keinen Müll verkaufen.“ Qualität ist das überzeugendste Argument. „Qualität und Zuverlässigkeit sind international die wichtigsten Treiber einer guten Wahrnehmung“ schreiben die Studienautoren. Und wenn dann noch emotionale Akzeptanz hinzukommt, hat man ein Erfolgsmodell – siehe Schweiz.
Die Kehrseite der Medaille
Das hohe Ansehen, das die Marke Schweiz im Ausland geniesst, bringt jedoch auch Nachteile mit sich. „Weil wir unsere eigene Messlatte enorm hoch legen. Wir müssen laufend höchste Standards erfüllen und die Kosten trotzdem im Griff behalten“ sagt etwa Carl Elsener, CEO von Victorinox. Besonders die asiatische Klientel hat in letzter Zeit sehr hohe Ansprüche an Schweizer Produkte. Mit dieser verschärften Beobachtung umzugehen, ist nicht leicht. Jedenfalls darf man nicht schlechter werden. Das gilt besonders für die Schweiz, da sie mit ihrem Hochqualitäts-Image nicht allein dasteht: Der grosse Nachbar Deutschland ist hier schärfster Konkurrent, obwohl dessen Produktpalette („Bier, Autos, Fussball“) sich deutlich von der Schweizer („Uhren, Schokolade, Käse“) unterscheidet. Die beiden Länder bilden in Sachen Markenimage ein weit über den Verfolgern Japan und USA thronendes Führungsduo. Warum hinken jene so weit hinterher? Japan mag es vielleicht etwas an (zumindest in Europa) mangelnden Sympathiepunkten mangeln, und die USA – nichts gegen dieses tolle Land, aber wenn man einmal in einem amerikanischen Auto gesessen ist und danach in einem BMW, Audi oder Mercedes, weiss man Bescheid…
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