Ein Tunnelbrand mit weitreichenden Folgen

An einem Freitagmorgen Anfang März, kurz vor halb neun Uhr, fährt ein Lastkraftwagen (Lkw) in den Aeschertunnel auf der Westumfahrung in Fahrtrichtung Chur. Der Lkw ist mit neun Papierrollen beladen, die je zwei Tonnen schwer sind. Plötzlich platzt einer der rechten Reifen des Aufliegers und löst dadurch einen Brand aus.

Zwei Polizistinnen fahren per Zufall hinter dem Lkw und erblicken die Rauchwolke, die dieser hinter sich herzieht. Nach dem Platzen des Reifens lenkt der Chauffeur seinen Lkw auf den Pannenstreifen, die beiden Polizistinnen folgen ihm.

Beim Aussteigen bemerken sie, dass der geplatzte Reifen brennt, und versuchen sofort, den Brand mit einem Pulverlöscher (2 kg) zu löschen. Eine Privatperson hält ebenfalls an und unterstützt mit einem weiteren Feuerlöscher – doch es gelingt nicht, den Brand unter Kontrolle zu bringen. Deshalb beschliessen die beiden Polizistinnen, den Lastwagenchauffeur mitzunehmen und den Aeschertunnel mit ihrem Fahrzeug auf der Seite von Wettswil am Albis zu verlassen.



Knackpunkt Rettungsgasse

Die Verkehrsleitzentrale (VLZ) der Kantonspolizei Zürich informiert die Einsatzleitzentrale (ELZ) von SRZ telefonisch und sperrt den Aeschertunnel in beide Fahrtrichtungen. Innert Kürze entsteht vor beiden Portalen ein grosser Stau. Die Fahrzeuge bilden eine ungenügende Rettungsgasse, sodass es auch mit einem Personenwagen eine Herausforderung ist, zum Ereignisort zu gelangen. Die ELZ alarmiert um 8.28 Uhr die Stützpunktfeuerwehr Dietikon. Die Einsatzkräfte rücken sofort zum Unfallort aus, allerdings ohne Universallöschfahrzeug (ULF), da dieses seit längerer Zeit defekt ist. Das für Tunneleinsätze relevante Material führen sie mit dem Materialtransporter mit.

Der ebenfalls aufgebotene Feuerwehrinspektor erreicht das Nordportal des Aeschertunnels als Erster und vernimmt beim Aussteigen mehrere Detonationen von platzenden Pneus des brennenden Lkw. Das Tanklöschfahrzeug (TLF) der Stützpunktfeuerwehr Dietikon dringt als erstes Einsatzmittel in die betroffene Röhre bis zur Rauchgrenze vor. „Der Tunnel ist voll mit dichtem, schwarzem Rauch, wir können den brennenden Lkw nicht sehen“, funkt ein Angehöriger der Feuerwehr (AdF) des TLF. Um den Brand mit einem Zangenangriff zu bekämpfen, bietet der Feuerwehrinspektor um 8.56 Uhr den zweiten Stützpunkt mit der Berufsfeuerwehr (BF) SRZ auf.

Von der Wache Süd rücken ein TLF, ein ULF und der Einsatzleiter BF aus, das andere TLF kommt aus Zürich Nord. Das Aufgebot der Wache Süd fährt auf der Fahrbahn Basel/Bern in die unbetroffene Röhre und startet den Angriff mit sechs Angehörigen der Berufsfeuerwehr (AdBF) − ausgerüstet mit normalen Pressluftatmern – über den Querschlag 5 bei Kilometer 99 in der betroffenen Röhre. Das zweite TLF von der BF Flughafen trifft kurz darauf am Ereignisort ein und wird ebenfalls durch den Erkundungstrupp der Stützpunktfeuerwehr Dietikon eingewiesen. Sofort verstärken vier weitere AdBF, ausgerüstet mit Langzeit-Atemschutzgeräten (Doppelflaschen-Geräten), den Löschangriff. Der brennende Lkw wird so von zwei Seiten her gelöscht und die Tunnelinfrastruktur gekühlt. Das kantonale Tiefbauamt (TBA) und der Nationale Strassenunterhalt (NSU) unterstützen die Arbeiten der Feuerwehr, indem sie die leistungsstarke Lüftungsanlage des Tunnels rasch in Betrieb nehmen. Nachdem der Brand gelöscht ist, ziehen sich die Einsatzkräfte von SRZ zurück. Die Autobahn wird anschliessend in der unbetroffenen Röhre mittels Überleitersystem und Gegenverkehr wieder freigegeben.



Schwierige Bergung

Das Unfallfahrzeug steht komplett auf den Felgen und kann deshalb nicht mit vollem Beladungsgewicht aus dem Tunnel gezogen werden. Damit sich das Gewicht des Lkw reduziert, werden die teilweise immer noch mottenden Papierrollen einzeln abgeladen. Die Stützpunktfeuerwehr Dietikon unterstützt die Abschleppfirma hierbei mittels Brandschutz und Beleuchtungsarbeiten. Die Zusammenarbeit aller am Einsatz beteiligten Partner (SRZ, Stützpunktfeuerwehr Dietikon, GVZ, Kantonspolizei Zürich, Rettungsdienst Limmattal, TBA/NSU und Abschleppfirma) verlief gut und reibungslos

Eingesetzte Mittel, Erkenntnisse und Ausbildung

Mittel im Einsatz

Seitens Sanität standen neun Rettungskräfte im Einsatz: Die Pikettoffizierin Sanität von SRZ, der Notarzt Limmattal sowie je ein Rettungswagen von SRZ vor jedem Portal. Sechs Personen mussten durch den Rettungsdienst aufgrund möglicher Rauchgasintoxikationen medizinisch erstversorgt werden, niemand wurde hospitalisiert. Seitens Feuerwehrstützpunkt Dietikon standen 46 AdF im Einsatz, ab dem TLF Dietikon gemäss Tunnelkonzept ein Chef Löschen mit zwei Löschtrupps à zwei AdF, ausgerüstet mit Doppelflaschen-Geräten. Aufgrund der grossen Distanz zwischen TLF und Ereignisort wurden sie durch eine zweite, gleich aufgebaute und mit Pressluftatmern ausgerüstete Gruppe im Leitungsbau unterstützt. Seitens Berufsfeuerwehr SRZ standen 16 AdBF im Einsatz. Sie fuhren auf der Fahrbahn Basel/Bern bis zum Querschlag, wo sie durch die Stützpunktfeuerwehr Dietikon eingewiesen wurden. Die AdBF starteten einen Löschangriff gemäss Tunneltaktik mit zwei Löschleitungen.

Erkenntnisse und Handlungsfelder Alarmierung

Die Regelungen für Bagatell-, Rettungs- und Brandeinsätze in Tunnels müssen geschärft werden. Es muss sichergestellt werden, dass die vorhandenen Konzepte allen bekannt und breit abgestützt sind. Die Einsatzanlage muss rascher ablaufen und das Aufgebot nach dem Konzept Fahrzeugbrand im Tunnel für den Teil Feuerwehr erfolgen. Ein situatives Aufgebot führt zu Diskussionen und Zeitverlust. Abmeldungen von ULF sind zukünftig nicht mehr durch die abmeldende Feuerwehr kompensieren zu lassen, sondern im Brandfall mit einem gleichwertigen aufgebotenen Ersatz direkt zu kompensieren. Die Sanität wurde rasch und vollständig gemäss geltendem Konzept aufgeboten.

Erkenntnisse und Handlungsfelder Intervention

Der Informationsfluss VLZ–ELZ–EL kann optimiert werden, insbesondere hinsichtlich Angaben zu Kilometrierung, Rauchentwicklung und Vollbrand. Diese zusätzlichen Angaben hätten die Intervention beschleunigt. Ein gleichzeitiges Aufgebot von zwei Stützpunkten ist zwingend. Trotz leistungsstarker Lüftungssysteme in einem sehr neuen und modernen Tunnel wurde eine dicht verrauchte Zone von ca. 500 Metern angetroffen. Verbindungsprobleme erschweren die Ereignisbewältigung.

Ausbildung für den Einsatz

Die BF SRZ führt 2021 neun Fortbildungstage im Ausbildungszentrum International Fire Academy (ifa) in Balsthal zum Thema „Brand im Strassentunnel“ durch. Dabei werden Szenarien in Tunnels trainiert, für welche die BF SRZ zuständig ist. Die ersten drei Fortbildungstage hatten eine Woche vor dem Brand im Aeschertunnel stattgefunden: Ein grosser Teil der AdBF, die an diesem Tag im Einsatz standen, hatte dieses Szenario in der ifa trainiert und konnte das Erlernte eins zu eins umsetzen.

 

Quelle: Schutz & Rettung Zürich / Stadt Zürich
Bildquelle: Schutz & Rettung Zürich / Stadt Zürich

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