Apothekensterben prognostiziert

In der Schweiz gibt es derzeit etwa 1’700 Apotheken. 1’200 davon gehören zu den grossen Ketten, etwa 500 sind inhabergeführt. Das klingt für die kleine Schweiz erst einmal ganz gut, wird sich aber in den nächsten Jahren ändern.

Prognostiziert wird eine Apothekensterben, das in den nächsten Jahren mindestens 475 der Apotheken treffen wird, die meisten davon inhabergeführt. Das Problem liegt hier nicht in der absoluten Menge der Apothekenlädelis, sondern vielmehr in sinkenden Medikamentenpreisen, die der Sparte arg zusetzen.

Inhabergeführte Apotheken ohne Nachfolger

Besonders betroffen sind die inhabergeführten Apotheken. Während die Ketten ihren Nachwuchs aus den eigenen Reihen rekrutieren, haben die Inhaber kleinerer Apotheken ein Problem mit der Nachfolge. Die derzeitigen Inhaber sind im Durchschnitt 55 Jahre alt und sorgen sich um die Fortführung der Apotheke am Standort. Der Nachwuchs bleibt eher in der Ferne. Vor allem deshalb, weil Apotheken wegen der schrumpfenden Medikamentenpreise nicht mehr wirklich lukrativ sind. So werden die jetzt Mittfünfziger noch solange arbeiten, bis sie nicht mehr können und dann ihre nachfolgerlose Apotheke zwangsläufig schliessen.

Das ländliche Gebiet scheint besonders betroffen

Die grossen Apothekenketten tun sich schwer, wenn es um die Übernahme von Apotheken auf dem Lande geht. Hier sind die Umsatzmargen eher gering und so siedeln sich die Ketten lieber in den grösseren Ortschaften an. Lediglich in den touristischen Zentren lohnt sich auch für die Kettenapotheke ein Standort. Aus diesem Grund liegen viele der inhabergeführten Apotheken in ländlichen Gebieten und sind von der drohenden Schliessungswelle besonders betroffen. Diese Einsicht kommt zwar nicht unerwartet, tut aber vor allem den älteren Bewohnern und Familien mit Kindern in den kleinen Kommunen weh. Immerhin waren sie die bevorzugte Kundschaft der kleinen Apothekenlädelis.

Internetapotheken sind eine zusätzliche Konkurrenz

Die Apotheken an den grossen Standorten konkurrieren schon jetzt um die Kundschaft. Zusätzliche Konkurrenz kommt mit dem Internet. Ein immer grösseres Heer von zugelassenen, aber auch von illegalen Internetapotheken bedroht die Umsätze der Lädelis weiter. Hier sind die Preise meist noch günstiger, auch wenn der Kunde oftmals tagelang auf die gewünschten Arzneien warten muss. Für nicht akute Fälle und für die Bevorratung mit jahreszeitlich typisch gebrauchten Medikamenten ist die Online-Apotheke allemal ein attraktiver Handelsplatz. Damit brechen den Apotheken vor Ort weiter die Umsätze und Gewinne weg.

Wieso stirbt im Pharmaland Schweiz jede dritte Apotheke?

Die Aussichten sind düster. Demnach wird in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren jede dritte Apotheke für immer schliessen. Die Situation wird durch die Online-Apotheken nicht besser. Besonders dann nicht, wenn eilige Medikamente gebraucht werden, auf die man nicht warten kann. Dann ist oftmals auch der Weg in die nächste Stadt mit Bereitschaftsapotheke und Nachtdienst zu weit.


Erstaunlich ist, dass gerade das Pharmaland Schweiz einen Apothekennotstand prognostiziert. (Bild: Dan Race / Fotolia.com)

Erstaunlich ist, dass gerade das Pharmaland Schweiz einen Apothekennotstand prognostiziert. Das liegt aber nicht daran, dass Medikamente schlecht verfügbar sind, sondern vielmehr an der Preispolitik der grossen Konzerne und der Apothekenketten. Die Pharmaindustrie der Schweiz produziert vornehmlich für das Ausland, ist aber dennoch bemüht, den Schweizer Markt ebenfalls zu sättigen.

Besonders die Apothekenketten sind es aber, die kontinuierlich die Preise drücken, um den freien Apotheken das Leben schwerer zu machen. Das ist mittlerweile auch nachhaltig gelungen und ein Grossteil der inhabergeführten Lädelis wird in den nächsten Jahren verschwinden oder ebenfalls von den Ketten übernommen. Dann wird es interessant, wie der Preiskampf unter den Apothekenketten gestaltet werden soll. Letztlich ist ein Apothekensterben für ein Land wie die Schweiz kein gutes Signal.

Wer alles will, muss auf einiges verzichten

Das klingt erst einmal unlogisch, erschliesst sich aber bei genauerer Betrachtung recht schnell. Die Schweizer wollen niedrige Medikamentenpreise, eine möglichst rund um die Uhr geöffnete und individuelle Apotheken-Infrastruktur und zugleich einen nicht gerade niedrigen Mindestlohn. Packt man das alles zusammen, wird klar, warum die Rechnung nicht aufgeht. Wer mehr verdienen und zeitgleich weniger bezahlen will, muss damit rechnen, dass einige Anbieter aufgrund des Preisdruckes einfach aufgeben müssen.

Natürlich ist das einfache Drehen an der Preisschraube auch keine Alternative, zumal hier die grossen Apothekenketten ohnehin am längeren Hebel sitzen. Eine sinnvolle Regulierung bietet beispielsweise ein System an, das für bestimmte Medikamentengruppen Untergrenzen in der Preisgestaltung vorschreibt. Das stärkt die Apotheken und sichert ganz nebenher den Pharmaunternehmen auch berechenbare Umsätze.

Grösste Fans eines solchen Modells dürften vor allem die Landärzte sein. Denn die sind es, die ohnehin mit der Strukturschwäche auf dem Lande klar kommen müssen. Für sie war die Apotheke im Dorf oder in der nächsten kleineren Stadt fast schon so etwas wie ein Partnerunternehmen. Hier konnten Patienten sorglos hingeschickt werden, die nach dem prophezeiten Apothekensterben dann auf die anonymen Apotheken der grossen Ketten ausweichen müssten.

Ob und wie eine politische Lösung für die eher schlechte Prognose der inhabergeführten Apotheken gefunden werden kann bleibt offen. Zu vermuten ist, dass sich die Politik mit einem einfachen Versorgungsschlüssel begnügt, der schematisch festlegt, auf wie viele Bewohner einer Region eine Apotheke kommen muss. Zu wem diese Apotheke gehört und ob sie für den Bürger gut erreichbar ist, steht auf einem anderen Blatt.

Wünschenswert wäre darüber hinaus eine offensivere Nachwuchspolitik der inhabergeführten Apotheken, die auch bei schwächer werdenden Gewinnmargen für viele junge Apotheker immer noch ein lukrativer Start in die berufliche Laufbahn sein könnten.

 

Oberstes Bild: © fmarsicano / Fotolia

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