Proteinbasierter Smartphone-Akku ist in 30 Sekunden aufgeladen
von Alin Cucu
Ein israelisches Start-up könnte unseren Umgang mit elektronischen Geräten grundlegend umkrempeln. Auf dem Mircrosoft-Symposium Think Next stellte am 7. April das junge Unternehmen StoreDot einen Akku vor, der in 30 Sekunden voll aufgeladen ist.
Dabei reichen die Pläne von StoreDot weit über den Smartphone-Markt hinaus. Über den Traum von einem schnell ladenden Elektroauto wird bereits offen diskutiert. Und: Die Akkus sollen darüber hinaus auch noch umweltfreundlich sein, weil biologische Materialien darin verarbeitet werden. Das ist doch definitiv einen näheren Blick wert.
Wie wir alle nur zu gut wissen, dauert das Aufladen unserer elektronischen Geräte manchmal unangenehm lange. Dies liegt daran, dass die Umkehrung der chemischen Prozesse, welche beim Entladen vor sich gingen, nicht beliebig beschleunigt werden dürfen. Der Grund: Zu schnelles Laden kostet überproportional viel Energie – und kann zur Explosion oder zum Entzünden des Akkus führen.
Aufladen in atemberaubender Geschwindigkeit
Mit seinen Nanodots könnte StoreDot nun den Durchbruch schaffen und die Ladezeit von Geräten zu einer Frage von Sekunden werden lassen. Nanodots sind chemisch synthetisierte Peptidmoleküle (im Prinzip sehr kleine Proteine), die dank ihrer geringen Grösse sowohl die Kapazität der Elektroden als auch die Leistung der Elektrolyte (Flüssigkeiten, welche die elektrische Leitfähigkeit innerhalb des Akkus sicherstellen) verbessern. Endresultat: Der Akku lässt sich in Sekunden statt Stunden aufladen.
„Das Herzstück unserer Entwicklung ist eine neue Generation von Elektroden mit neuen Materialien. Wir nennen es MFE – Multi Function Electrode“ sagte StoreDot-Chef Doron Myersdorf gegenüber Gizmag. „Auf der einen Seite wirkt die Elektrode wie ein Superkondensator (mit sehr schneller Ladezeit), auf der anderen Seite wie eine Lithium-Elektrode (mit sehr geringer Entladung). Das Elektrolyt ist mit unseren Nanodots modifiziert, sodass es die Multifunktions-Elektrode effektiver macht.“
Bio-Materialien sorgen für Belastbarkeit und positive Umweltbilanz
Anders als andere Nanodot- oder Quantendot-Technologien ist der Ansatz von StoreDot nicht Schwermetall-basiert, was stets ein Problem hinsichtlich der Toxizität darstellt. Die Nanodots des israelischen Unternehmens stammen aus einer riesigen Palette an bio-organischen Rohstoffen, die allesamt umweltfreundlich sind. Zudem existieren diese Materialien im Überfluss, und die Nanodots arrangieren sich durch einen biologischen Mechanismus der Selbstorganisation, wodurch ihre Herstellungskosten gering bleiben.
Die Selbstentladungs-Charakteristiken sind ähnlich derer von Lithium-Ionen-Akkus. Die Kapazität des ersten Prototyps wurde auf etwa 2’000 mAh taxiert, was einer Smartphone-Batterie entspricht.
Doch mit den Telefonakkus gibt sich StoreDot offensichtlich nicht zufrieden. Die Firma strebt nach Höherem: Laut Myersdorf kann die Technologie auch für Elektroautos adaptiert werden, indem die Elektrode so modifiziert wird, dass sie höhere Stromstärken aushält. Für den Automobilbetrieb müssten selbstverständlich auch viele Zellen parallel geschaltet werden. StoreDot ist im Moment dabei, entsprechende Patente einzureichen. Die Massenproduktion der Smartphone-Akkus ist für Ende 2016 geplant.
Der Ausblick: Superschnelle Akkus für E-Autos
Keine Frage: Die superschnelle Ladezeiten der neuen Akkus sind ein echter Durchbruch in der Elektronikindustrie. Zur Revolution werden sie allerdings erst dann werden, wenn sie nicht nur für Smartphones zur Serienreife gelangen. Denn Smartphones kämpfen nicht in erster Linie mit einem Ladezeiten-, sondern mit einem Kapazitätsproblem. Und wenn der Akku schon nach acht Stunden leer ist, braucht man auch mit Nanodot-Technologie eine Stromquelle; deren Nicht-Vorhandensein (etwa auf Reisen oder im Auto) bildet den limitierenden Faktor. Wichtiger wäre für Smartphones eine garantierte Laufzeit von einem Tag auch bei starker Belastung.
Elektroautos jedoch könnten von der StoreDot-Technologie noch mehr profitieren. Das Auto anstecken und in einer halben Minute geladen haben? Da könnte man selbst über die bislang eher bescheidenen Reichweiten hinwegsehen. Aber auch hier gibt es noch offene Fragen. Das sehr dünne Stromtankstellen-Netz ist eine. Die Frage nach der Zugänglichkeit der Akkus eine andere. Noch sind wir lange nicht so weit, den Akku des E-Mobils einfach auszuklinken und an der heimischen Steckdose aufzuladen – mit StoreDots Erfindung sogar in 30 Sekunden.
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