Gefälschte Bio-Lebensmittel – auf der Suche nach dem Universaltest

Schweizer Konsumenten bevorzugen Bio-Lebensmittel. Aber nicht überall, wo „Bio“ draufsteht, ist auch Bio drin. Da die Verbraucher bereit sind, für Bio-Lebensmittel tief in die Tasche zu greifen, werden die Produkte immer wieder gefälscht. Mit neuen wissenschaftlichen Methoden soll daher in Zukunft die Herkunft der einzelnen Produkte genau bestimmt werden können.

Für Lebensmittel in Bio-Qualität müssen Verbraucher, im Vergleich zu konventioneller Ware, häufig mehr als das Doppelte bezahlen. Seit die Betrugsfälle zunehmen, häufen sich allerdings auch Zweifel an der angeblichen Bio-Ware. Der bisher grösste Skandal ereignete sich im Jahr 2011, als 700’000 Tonnen konventionelle Äpfel, Tomaten und Getreide von italienischen Fälschern als Bio-Ware deklariert wurden. Ein Entwurf der Europäischen Kommission für eine neue Öko-Verordnung fordert daher jetzt einen wissenschaftlichen Nachweis für alle Bio-Produkte. Aber: Lässt sich die biologische Herkunft der Lebensmittel überhaupt beweisen?

Der Dünger macht den Unterschied

Konventioneller und ökologischer Anbau unterscheiden sich in den Produktionsmethoden: Während konventionelle Bauern mineralische Dünger, gentechnisch veränderte Pflanzen und chemisch-synthetische Pestizide verwenden, setzen die Biobauern auf natürliche Hilfsmittel. Doch auch im konventionellen Anbau wird heute vielfach auf Spritzmittel und Gentechnik verzichtet. Das einzige Unterscheidungsmerkmal liegt damit nur noch in der Art der Düngung. Konventionelle Landwirte setzen hier in der Regel auf mineralischen Dünger aus Bergwerken. Biobauern greifen dagegen zu Gülle, Mist oder Knochenmehl.

Der Unterschied zwischen mineralischem und organischem Dünger liegt in ihrem ungleichen Gehalt an Stickstoffisotopen. Während Tiere hauptsächlich das leichte Stickstoffisotop 14N aufnehmen und die schwerere 15N-Variante ausscheiden, enthält mineralischer Dünger praktisch kein 15N. Aus diesem Grund enthalten Bio-Produkte eine grössere Menge dieses schweren Stickstoffs. Allerdings beträgt der Unterschied nur etwa 10 ‰.

Trotz dieses geringen Unterschieds gelang es dem Unternehmen Agroisolab, Tomaten aus ökologischer und konventioneller Erzeugung erfolgreich zu unterscheiden. Auch bei Zucchini und Brokkoli funktioniert die Isotopenmethode äusserst verlässlich. Sogar Eier konnte das Unternehmen mit einer Trefferquote von 90 % richtig zuordnen, da die Isotopenunterschiede sich über das Futter auch in den tierischen Produkten niederschlagen.

Von einigen Einzelhandelsketten wird die Untersuchung der Isotopenzusammensetzung einzelner Produkte sogar schon eingesetzt. Wenn sich der Verdacht bestätigt, dann finden sich im Verlauf der weiteren Nachforschungen meistens auch andere Unstimmigkeiten in der Dokumentation der Handelskette, berichtet Markus Bonder, Chef der Agroisolab.

Farbstofftest für Bio-Eier

Neben dem Isotopentest existiert noch ein weiterer Test, der seit Kurzem von einem holländischen Zertifizierer von Biobetrieben eingesetzt wird. Mit ihm wird routinemässig überprüft, ob Öko-Eier tatsächlich aus Biobetrieben stammen. Der Test basiert auf einer Analyse der gelben Farbstoffe im Dotter. Diese Carotinoide bilden die Hühner nämlich nicht selbst, sondern nehmen sie über das Futter auf. Während konventionellem Geflügel Farbstoffe wie Capsanthin und Lutein zugefüttert werden dürfen, verwenden die Bauern von Bio-Geflügel stattdessen Gras und Mais.

Hoffnung auf den Universaltest

Ein Test, der sich für alle Bio-Produkte gleichermassen einsetzen lässt, wäre der Branche allerdings sehr willkommen. Die Fluoreszenz-Anregungs-Spektroskopie (FAS), auch als „Eigenfluoreszenztest“ bezeichnet, könnte in Zukunft zu diesem Universaltest werden. Derzeit befindet sich das Verfahren, das auf einem schwachen Leuchten beruht, welches alle organischen Substanzen nach der Bestrahlung mit sichtbarem Licht aussenden, noch in der Entwicklung. Die bisherigen Ergebnisse sind aber äusserst vielversprechend.

Die FAS beruht auf der Tatsache, dass biologische Produkte intensiver strahlen als konventionelle. Warum dieses Phänomen allerdings auftritt, kann bisher niemand beantworten. Am Forschungsinstitut für biologischen Landbau (Fibl) in Frankfurt ist man dieser Frage aber bereits auf der Spur.


Bio-Lebensmittel werden immer häufiger gefälscht. (Bild: Piotr Rzeszutek / Shutterstock.com)
Bio-Lebensmittel werden immer häufiger gefälscht. (Bild: Piotr Rzeszutek / Shutterstock.com)


Die Lebensmittel werden für die FAS-Untersuchung in eine dunkle Box gegeben und eine gewisse Zeit mit sichtbarem Licht bestrahlt. Nachdem es abgeschaltet wurde, wird die Strahlung aufgezeichnet, welche die Lebensmittel abgeben. Um diese äusserst schwache Strahlung nachweisen zu können, werden sogenannte Fotomultiplier zur Quantifizierung eingesetzt. Auf diese Weise lassen sich beispielsweise Bio-Eier und Bio-Getreide zu 90 % von konventionellen Produkten unterscheiden, so die Ergebnisse einer Studie des Fibl.

Die Skepsis bleibt

Auch wenn in Europa und den USA mit grossem Eifer an einem Universaltest für Bio-Lebensmittel gearbeitet wird, so bleiben manche Wissenschaftler trotzdem skeptisch. Nach Meinung von Regula Bickel vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau in Frick im Schweizer Kanton Aargau könnten wissenschaftliche Nachweismethoden zwar die Nachforschungen unterstützen, aber in keinem Fall die vorhandenen Kontrollmechanismen ersetzen. Die Trefferquote der Tests sei nicht hoch genug, um in einem Gerichtsverfahren die nötige Beweislast zu liefern.

Wie kaum anders zu erwarten, sind die involvierten Forscher aber von ihren Verfahren überzeugt. Sie sind sicher, dass diese entscheidende Indizien bei Betrugsfällen liefern können. Sie räumen aber auch ein, dass es bisher keinen 100%ig sicheren Test gebe. Beispielsweise würde die Milch von Kühen eines Alpbauern, die niemals auf mineralisch gedüngten Weiden gegrast haben, beim Isotopentest die gleichen Ergebnisse zeigen wie diejenige aus ökologischer Viehwirtschaft.

Bonner betont zudem, dass man mit den meisten Methoden lediglich die Waren ausfindig machen könne, die nicht aus ökologischer Erzeugung stammen. Wenn dadurch allerdings schon einige Betrüger abgeschreckt werden könnten, dann wäre man bereits einen grossen Schritt vorangekommen.

 

Oberstes Bild: © Aleksandra Zaitseva – Shutterstock.com

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