Land Grabbing – Das globale Land-Geschäft nimmt zu
von Agentur belmedia
Der Bedarf an produktiven landwirtschaftlichen Nutzflächen ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen und wird angesichts einer zunehmenden Weltbevölkerung und eines vermehrten Ressourcenverbrauchs durch die Übernahme westlicher Ernährungsgewohnheiten weiter steigen. Zugleich geht aufgrund von Umweltverschmutzungen, Überbauungen, Erosionen und Desertifikation jährlich wertvolles Agrarland verloren. Die Folge davon sind weltweit steigende Bodenpreise.
Wer investiert in Land Grabbing?
Auf der einen Seite erfolgen die Landkäufe durch Staaten, die entweder nach Unabhängigkeit vom Weltmarkt streben oder ihren Bedarf an Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln nicht aus eigenen Ressourcen bestreiten können. Hierzu zählen Länder wie China, Japan oder Südkorea wie auch die von Nahrungsmittelimporten abhängigen Staaten der Golfregion. Auf der anderen Seite agieren spätestens seit der Finanzmarktkrise verstärkt private Investoren im Land Grabbing. Seit dem Crash des Hypothekenmarktes haben Banken, Grosskonzerne, Pensions- und Hedgefonds Landgeschäfte als attraktive Anlagemöglichkeit entdeckt und investieren darin zunehmend grosse Geldsummen. Der Kauf von Land zählt heute aufgrund der möglichen hohen Renditen zu den bevorzugten Geldanlagen. Auf der Suche nach neuen, preiswerten Nutzflächen gerieten dabei zunehmend Länder in Afrika, Asien und Osteuropa, in denen Agrarflächen vergleichsweise günstig sind, ins Visier der Investoren.
Pro und Contra Land Grabbing
Insbesondere für einige afrikanische Staaten lag der Anreiz, grossflächig Ländereien zu verkaufen, darin, mit den Verkaufsgewinnen Schulden zurückzuzahlen bzw. diese Mittel für Investitionen im Land zu nutzen. Gleichzeitig versprachen die meisten Investoren die Schaffung von Arbeitsplätzen, Investitionen in die Landwirtschaft, den Ausbau der Infrastruktur und einen Transfer von agrarwissenschaftlichem Knowhow. Durch den Aufbau der Infrastruktur, eine verbesserte medizinische Versorgung und Investitionen in Bildungsprogramme soll die Entwicklung der Länder insgesamt gefördert werden. Nicht zuletzt versprechen Befürworter von Land Grabbing, dass mit umfangreichen Agrarinvestitionen die Realisierung des völkerrechtlich verankerten Menschenrechts auf Nahrung erreicht werden könne.
Kritiker des Land Grabbing weisen hingegen auf zahlreiche Nachteile hin: Insbesondere sehen sie die Ernährungssicherheit in Ländern gefährdet, die in grossem Umfang landwirtschaftliche Flächen an Investoren verkauft haben. Denn die in diesen Ländern produzierten Nahrungsmittel sind in erster Linie für den Export vorgesehen und stehen den heimischen Märkten nicht zur Verfügung. Daher sind Länder wie Äthiopien, Mosambik, Sambia, aber auch Tansania, der Süd-Sudan oder Kenia, in denen eigentlich genügend Nahrungsmittel für den eigenen Bedarf produziert werden, teilweise auf Lebensmittelimporte angewiesen. Durch die dadurch steigenden Preise sind vor allem ärmere Bevölkerungsschichten von Hunger bedroht. Eine Potenzierung des Armutsrisikos kommt dadurch hinzu, dass ehemalige Kleinbauern und Viehzüchter auf den neuen Grossfarmen kaum oder nur sehr schlecht bezahlte Arbeit finden. Viele, die von ihrem Land vertrieben werden, ziehen in die Städte, doch auch dort finden sie keine oder nur prekäre Arbeit.
Auch die ökologischen Folgen des Land Grabbing werden negativ beurteilt. Neben den grossflächigen Rodungen und dem hohen Wasserverbrauch werden vor allem die riesigen Monokulturen mit ihrem hohen Einsatz an Pestiziden und Mineraldüngern kritisiert, welche gesundheitliche Schäden für die dort Arbeitenden zur Folge haben und die Biodiversität beeinträchtigen. Zahlreiche Menschenrechts- und Entwicklungshilfeorganisationen befürchten daher, dass Land Grabbing sowohl zu sozialen Missständen als auch zu verheerenden ökologischen Folgen mit Hagelstürmen, Dürre oder Überflutungen führen kann.
Was muss sich ändern?
Forschungen, die sich mit den langfristigen Folgen ausländischer Agrarinvestitionen beschäftigen, bestätigen sowohl positive wie negative Auswirkungen von Land Grabbing.
Um die negativen Auswirkungen zu verhindern, ist es notwendig, die Rahmenbedingungen für Land Grabbing grundsätzlich zu verbessern. So muss gewährleistet werden, dass die Einnahmen aus dem Landverkauf tatsächlich für Investitionen im Land verwendet werden und nicht, wie bisher häufig der Fall, in den Taschen einer korrupten Elite landen. Ebenso müssen die Rechte der ländlichen Bevölkerung gestärkt und diese in Entwicklungsprozesse eingebunden werden.
Darüber hinaus ist die bisher betriebene Art und Weise der Landwirtschaft mit den riesigen Monokulturen generell infrage zu stellen. Um eine nachhaltige Entwicklung in den von Land Grabbing betroffenen Ländern voranzutreiben, sollten vielmehr die kleinbäuerlichen Strukturen erhalten werden. Auch sollten die Bauern in den Entwicklungsländern eine bessere Ausbildung erhalten, die vor allem Themen wie Anbau, Lagerhaltung, Vertrieb, aber auch ökologische Nachhaltigkeit betrifft.
Gleichzeitig muss der Import von sogenannten Dumpingprodukten in die betroffenen Länder unterbunden werden. Eine Förderung der kleinbäuerlichen Strukturen käme nicht nur der Selbstversorgung in den Entwicklungsländern zugute, sie könnte gleichzeitig zur Verbesserung der Infrastruktur und zur wirtschaftlichen Entwicklung beitragen.
Ausländische Agrarinvestitionen sollten daher immer unter den Aspekten der Nachhaltigkeit, der Gerechtigkeit und der Transparenz erfolgen.
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