Wohin des Weges? Wenn das Auto mitdenkt.

Wie die automobile Zukunft aussehen kann, wird derjenige spüren, der schon einmal mit einem topaktuellen Mercedes gefahren ist.

Solche Modelle sind derzeit schon in der Lage, im stockenden Verkehr von ganz allein einem Fahrzeug zu folgen, auch auf der Autobahn wäre gleichmässiges Rollen auf einer Spur technisch bereits umzusetzen. Schöne, neue Welt? Nun, es gibt noch viele Hürden zu überwinden.

Es ist aktuell eines der ganz grossen Themen in der Autobranche: das autonome Fahren. Autonomes Fahren, das bedeutet, dass sich das Auto selbstständig durch den Verkehr bewegt und der Fahrer sich anderen Dingen zuwenden kann: Lesen, im Web surfen, Mails bearbeiten, ein Nickerchen halten, etc. So versprechen es zumindest die grossen Autokonzerne. Daimler-Chef Zetsche argumentiert beispielsweise, dass in Zukunft die Zeit das wertvollste Gut sein wird. Und die Fahrtzeit sollen wir künftig effizienter nutzen können. Wird Autofahren eines Tages also wie Bahnfahren aussehen?

Nein, so weit sind wir noch lange nicht. Erstens wird immer der Fahrer die oberste Kontrolle über das Auto haben, denn er bestimmt, ob der Autopilot aktiv sein soll oder nicht. Experten gehen davon aus, dass etwa ab 2020 die ersten serienreifen Autopiloten erhältlich sein werden, die vorerst auf der Autobahn ihren Dienst verrichten können. Dies deshalb, weil der Verkehr dort am wenigsten komplex ist: Keine Fussgänger, keine Kreuzungen, keine Ampeln. Die für den Autopiloten benötigte Technik ist schon heute weitgehend in Serienmodellen zu finden: Abstandsradare, Lasersysteme, eine Stereokamera und ein präzises GPS sind die wichtigsten Voraussetzungen, damit ein Auto genau weiss, wo es sich befindet und die Umwelt um sich herum wahrnehmen kann. Autonomes Fahren ausserhalb von Autobahnen wird wahrscheinlich nicht vor 2030 Realität sein.


Die für den Autopiloten benötigte Technik ist schon heute weitgehend in Serienmodellen zu finden. (Bild: © ambrozinio – shutterstock.com)

Dass es noch ein paar Jahre dauert, hat seine Gründe, nämlich technische und rechtliche. Mit den heutigen Assistenzsystemen könnte auf der Autobahn schon fast autonom gefahren werden – zumindest, solange einwandfreie Sicht gewährleistet ist. Bei stärkerem Regen kommen Abstandsradar und Tot-Winkel-Warner häufig an ihre Grenzen und legen ihren Dienst nieder. Im Winter verschärft sich die Situation zusätzlich. Schnee setzt sich während der Fahrt am Auto fest und bedeckt Kameras und Sensoren. Wenn die Hersteller autonome Autos auf die Strasse bringen wollen, dann haben sie dafür zu sorgen, dass die Technik absolut zuverlässig funktioniert. Es kann jedoch immer vorkommen, dass die Technik aussteigt oder mit einer kommenden Verkehrssituation überfordert ist. In so einem Fall würde der Fahrer vom Auto gewarnt werden, dass er die Kontrolle wieder übernehmen müsse. Übernimmt er die Kontrolle nicht, würde das Auto alleine rechts ranfahren und die Fahrt stoppen. Und genau das ist der grosse Unterschied zum Bahnfahren. Während man sich im Zug einfach hinsetzt und die Fahrt geniesst, muss man in den ersten autonomen Autos stets damit rechnen müssen, dass man aufgefordert wird, die Kontrolle wieder zu übernehmen.

Stufen der Fahrzeugautomatisierung

Driver only: Steuerung nur durch den Fahrer.

Assistiert (Stand von heute): Assistenzsysteme übernehmen entweder die Längs- und/oder die Querführung (Abstandtempomat und aktive Spurhaltung), die Hände müssen jedoch am Lenkrad bleiben.

Teilautomatisiert (ca. ab 2020): das Fahrzeug übernimmt Längs- und Querführung, die Hände müssen nicht am Lenkrad sein. Der Fahrer muss jedoch dauerhaft aufmerksam die Fahrbahn und den Verkehr beobachten und ggf. kurzfristig eingreifen.

Hochautomatisiert (ca. ab 2030): das Fahrzeug übernimmt Längs- und Querführung, der Fahrer muss erst nach angemessener Vorwarnzeit die Steuerung übernehmen. Währenddessen kann er sich anderen Tätigkeiten zuwenden.

Vollautomatisiert (ca. ab 2035): wie hochautomatisiert; das Fahrzeug kommt jedoch selbstständig zum sicheren Stillstand, falls der Fahrer nach einer Aufforderung die Steuerung nicht übernimmt.

Die rechtlichen Fragen müssen beantwortet sein

Nebst den technischen Fragen und Problemen sind auch rechtliche Hürden und Fragestellungen aus der Welt zu schaffen. Vor einem Jahr wurde das Wiener Abkommen, nach welchem die Strassenverkehrsregeln weltweit vereinheitlicht werden, angepasst. Das Abkommen stammt nämlich aus dem Jahr 1968 und schrieb bis im Mai 2014 vor, dass der Fahrer sein Fahrzeug jederzeit beherrschen müsse. Nun heisst es dort: «Systeme, mit denen ein PKW autonom fährt, sind zulässig, wenn sie jederzeit vom Fahrer gestoppt werden können.» Das bedeutet zwar, dass selbstfahrende Prototypen zulassungsfähig sind und legt den Grundstein für künftige autonome Fahrzeuge. Aber die Gesetzesänderung erlaubt lediglich die Nutzung der technischen Hilfsmittel. Der Fahrer muss nach wie vor das Verkehrsgeschehen überwachen und darf sich während der Fahrt nicht anderen Tätigkeiten zuwenden. Die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen für ein Nickerchen während der Fahrt sind demnach noch lange nicht gegeben.



Ein weiterer Knackpunkt ist die Frage: Wer haftet im Falle eines Unfalls? Angenommen, das autonome Fahrzeug baut einen Unfall (was ja nicht passieren sollte), wer muss dafür gerade stehen? Ich als Fahrer? Der Händler? Der Importeur? Der Hersteller? Ausserdem: Muss ich erst noch beweisen, dass der Computer den Unfall gebaut hat? Schliesslich kann man den Autopiloten auch deaktivieren und dann könnte jeder Unfallverursacher behaupten, dass das autonome Auto Schuld sei. Damit ab dem Jahr 2020 wirklich teilautonome Fahrzeuge am Strassenverkehr teilnehmen können, sind noch eine Menge rechtlicher Fragen zu klären.

 

Oberstes Bild: © Poliki – shutterstock.com

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