Rasante Bestandserholung des bedrohten Steinkauzes

Der Steinkauz wäre um die Jahrtausendwende in der Schweiz fast ausgestorben. Schuld daran waren die Überbauung seiner Lebensräume und die Intensivierung der Landwirtschaft.

Glücklicherweise konnte seitdem jedoch eine langsame Bestandserholung bewirkt werden. Die BirdLife Schweiz und seine Partner geben eine rasante Zunahme auf 152 Reviere bekannt. Diese Zunahme sei auf Schutzmassnahmen, die sie in fünf Regionen der Schweiz gemeinsam mit engagierten Landwirten umsetzten sowie auf den heissen Sommer 2015 zurückzuführen.

Während es in den 1950er-Jahren in der Schweiz wohl noch über tausend Paare gab, war der Steinkauz anfangs des Jahrtausends in der Schweiz vom Aussterben bedroht: noch 50-60 Reviere umfasste der Bestand. Die Art überlebte in der Schweiz nur in den Kantonen Genf, Jura und Tessin.

Der Steinkauz singt

 

Der Steinkauz ist vor allem dämmerungsaktiv. Er ernährt sich in erster Linie von Kleinsäugern, aber auch von Grossinsekten wie den Grillen, die auf dieser Aufnahme ebenfalls zu hören sind.

Tonaufnahme: © Jacques Prévost

Sorglose Raumplanung und intensive Landwirtschaft sind eine Gefahr

„Die Raumplanung hat in Bezug auf den Steinkauz versagt“, so Raffael Ayé von BirdLife Schweiz. „Denn wichtige Lebensräume wie etwa Hochstamm-Obstgärten rund um die Dörfer wurden besonders oft überbaut.“

Die Ausbreitung des Siedlungsraums lief in der Schweiz zudem deutlich schneller als das Bevölkerungswachstum. Dazu kam die Intensivierung der Landwirtschaft: viele Einzelbäume verschwanden, die Parzellen wurden immer grösser und die Wiesen und Weiden wurden stark gedüngt – zugunsten der Produktivität aber zuungunsten von Flora und Fauna. Wie verschiedene andere Arten der Landwirtschaftszone nahm der Steinkauz seit den 1960er-Jahren im Bestand stark ab.

Auch heute noch stellt die Raumplanung bzw. die Überbauung seiner Lebensräume eine ernsthafte Gefahr für den Steinkauz dar, obwohl gemäss Raumplanungsgesetz wertvolle Lebensräume erhalten werden müssen.

„Wir mussten deshalb auch schon mehrfach Einsprachen machen, damit Überbauungspläne die Bedürfnisse der Natur und des Steinkauzes berücksichtigen“, erinnert sich Nadine Apolloni von der Vereinigung Chevêche-Ajoie.


Obstgarten (Bild: © BirdLife Schweiz)

Schutzprojekte für Steinkauz

Seit mehreren Jahrzehnten engagieren sich regionale Gruppen und BirdLife Schweiz gemeinsam mit zahlreichen Partnern, um den Bestandsrückgang der Art zu stoppen. Sie lancierten und verstärkten Schutzprojekte für die Art. Die Pflanzung von Hochstammbäumen und Hecken, die Ansaat artenreicher Magerwiesen und die Montage von Steinkauz-Nistöhren gehören zu den wichtigsten Massnahmen.

Der Rückgang der kleinen Eule konnte dadurch gestoppt werden: Bis 2014 nahm der Bestand in der Schweiz wieder auf 121 Reviere zu – also auf das Doppelte des tiefsten Bestands um die Jahrtausendwende.

Heute brütet der Steinkauz in den Kantonen Genf, Jura und Tessin sowie im Seeland BE/FR. Eine baldige Wiederbesiedlung der Nordwestschweiz ist aufgrund der Steinkauzvorkommen im Elsass und in Südbaden gut möglich.

Schutzmassnahmen und günstige Witterung führen zur Zunahme

Im Jahr 2016 fanden die Projektmitarbeitenden 152 Reviere. Die deutliche Zunahme führt Christian Meisser von der „Groupe Ornithologique du Bassin Genevois“ (GOBG) auf den hervorragenden Bruterfolg 2015 zurück: „Im Jahr 2015 wurden im Kanton Genf 2.5 Junge pro Brutpaar flügge, so viele wie schon lange nicht mehr.“

Auch in anderen Regionen der Schweiz, im grenznahen Elsass und in Südbaden war der Bruterfolg hoch. Der hohe Bruterfolg war dank mardersicheren Niströhren und der trockenwarmen Witterung im Sommer 2015 möglich. „Zudem hat der milde Winter vermutlich dazu geführt, dass nur wenige Steinkäuze verhungerten. Im Frühling waren also mehr Käuze vorhanden, die nach einem Revier suchten“, so Françoise Schmit von BirdLife Schweiz.

„Längerfristig betrachtet, ist die Einrichtung von Biodiversitätsförderflächen durch Landwirte im Rahmen der Schutzprojekte ein sehr wichtiger Faktor für die Bestandserholung des Steinkauzes“, ergänzt Christian Meisser.

Gute Chancen für den Steinkauz in der Schweiz

Konstant nasse Witterung, wie in der Brutsaison 2016, ist für die Steinkäuze ungünstig. Dennoch fällt der Bruterfolg 2016 jedoch nicht allzu schlecht aus. In mindestens 84 der 152 Reviere schritten die Steinkäuze tatsächlich zur Brut. Etwa 2.25 Jungvögel pro Brutpaar flogen 2016 aus.

Mathematische Modelle identifizierten den Steinkauz als eine von denjenigen Arten, die langfristig von der Klimaerwärmung profitieren könnten. In den Schutzprojekten von BirdLife Schweiz und seinen Partnern werden verloren gegangene Lebensräume wieder hergestellt.

Trotz der Bedrohung durch eine verfehlte Raumplanung und eine immer intensivere Landwirtschaft bestehen somit gute Chancen, dass der Steinkauz in der Schweiz langfristig überleben kann, sofern die Schutzprojekte fortgeführt werden.

 

Artikel von: Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz
Artikelbild: © Mathias Schäf

MEHR LESEN