Zoo Zürich: Ein interessierter Blick zu den Besuchern ist erloschen

Mit dem knapp 50-jährigen Sumatra-Orang-Utan-Weibchen Lea ist das älteste Säugetier des Zoo Zürich gestorben.

Ein Bild, das vielen Besuchern in Erinnerung bleiben wird: Dicht bei der Scheibe sitzend – die letzten Jahre hatte sie hier auch ihr Lager aufgeschlagen – „empfing“ die Orang-Utan-Dame Lea über Jahrzehnte die Besucher im „Menschenaffenhaus“.

Interessiert erwiderte sie den Blick der Leute, die aus ungewohnter Nähe in das ruhige Antlitz eines ihrer nächsten Verwandten schauen konnten. Auf unzähligen Selfies wurde diese „Nähe“ auch bildlich festgehalten. Dabei muss sich Lea wohl das eine oder andere Mal stillschweigend ihre Gedanken gemacht haben, wenn Leute vor der Scheibe Faxen zogen, um sich vermeintlich äffisch zu benehmen …

In ein paar Monaten wäre Lea als aktuell ältestes Säugetier des Zoo Zürich fünfzig Jahre alt geworden. Doch ihr regelmässig überprüfter Gesundheitszustand hatte sich in den letzten Tagen derart verschlechtert, das gestern entschieden wurde, sie einzuschläfern.

Lea kam im August 1967 in der Wilhelma Stuttgart zur Welt. Sie war dort die allererste „Menschenaffennachzucht“. Aufgezogen wurde sie von Hand als ergänzendes Familienmitglied vom Ehepaar Scharpf, das während vieler Jahre in Stuttgart die „Menschenaffen“ betreute.

1974 übersiedelte Lea nach Zürich. Hier gebar sie vier Junge, die sie selber aufzog. Ein fünftes Jungtier starb kurz nach der Geburt. Drei Enkelkinder und ein Urenkel leben in Deutschland, Belgien und Grossbritannien.

In den 1980-er und 1990-er Jahren hatte Lea ihren eigenen Freundeskreis, der sie regelmässig besuchte und keinen ihrer Geburtstage verpasste. Mitglieder dieses Kreises brachten ihr Zeitschriften mit und zeigten sie ihr durch die Scheibe hindurch.

Erhielt sie später zur Beschäftigung selber Zeitschriften, so wusste sie diese geschickt auszubreiten und die Seiten umzublättern. Dabei betrachtete sie die Seiten aufmerksam. Auch wenn sie die Zeitschrift dabei verkehrt herum in Händen hielt oder sich der Inhalt zum Beispiel um Motoradzubehör drehte, tat dies ihrem Interesse keinen Abbruch.

Wegen zunehmender sozialer Spannungen in der Orang-Utan-Gruppe bezogen die beiden Weibchen Lea und Oceh vor gut drei Jahren einen Teil der ehemaligen Schimpansen-Anlage im alten Gebäudeteil des „Menschenaffenhauses“.

Hier hat Lea ohne jegliche Hektik ihren Lebensabend verbracht. Mit einem Schlafplatz direkt an der Scheibe, der einen guten Überblick über das Geschehen im angrenzenden Besucherraum bot. Nun ist ihr Blick, der manchen Menschen direkt im Herzen traf, erloschen.








 

Quelle: Zoo Zürich
Artikelbilder: Zoo Zürich

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