Hochsaison für rumänische Diebesbanden – darum haben sie so leichtes Spiel
Für kriminelle Roma-Clans herrscht Hochsaison. Sie ziehen durchs Land, klauen und versetzen Bürger in Angst und Schrecken. Das Problem: Die kriminellen Banden werden nur in Ausnahmefällen geschnappt. Und wenn Bandenmitglieder gefasst werden, sind sie oft nur kurz in Haft und können sich gleich wieder auf Diebestour begeben.
Doch warum haben diese Diebesbanden offenbar leichtes Spiel? BLICK hat dazu Recherchen angestellt.
Ein paar Schlaglichter auf jüngste Fälle, in denen rumänische Diebe am Werk waren, sollen das Problem verdeutlichen. So wurden am Montag in Baden AG zwei rumänische Kriminaltouristen (24 und 36 Jahre alt) gefasst (s. Meldung vom 21.02.2017).
Sie waren in einem Renault mit deutschem Kennzeichen unterwegs, der in Zusammenhang mit einem Einbruch in Lenzburg AG aufgefallen war. Da die Insassen nicht sagen konnten, was sie dort wollten, wurden sie festgenommen.
Zu solchen Fahndungserfolgen kommt es leider nur selten. Und meist sind die Diebe schnell wieder auf freiem Fuss. So wie die zwei Rumäninnen, die kürzlich in einem Altersheim in Oftringen AG Seniorinnen ausrauben wollten (s. Meldung vom 17.02.2017). Wegen Hausfriedensbruch und versuchtem Betrug wurden sie zu bedingten Geldstrafen sowie Bussen verurteilt.
Immerhin drei Monate U-Haft gab es für die drei Rumänen, die zuvor in Walterswil SO in ein Haus eingestiegen waren (s. Meldung vom 14.02.2017).
Familien-Clans organisieren die Diebestouren
Um zu verstehen, wie die Banden organisiert sind und warum sie es der Justiz so schwer machen, muss man ins Elsass – nahe Strassburg (F) – gehen, wo vieles beginnt. Dort leben Tausende Rumänen in Wohnwagen.
„Es sind Familien-Clans, die schon mal aus Riesen-Camps mit bis zu 5000 Menschen bestehen“, erklärt der ehemalige Basler Kriminalkommissar Markus Melzl (65). Oft gebe es einen Camp-Chef, der aber schwer ausfindig zu machen sei. „Wenn die Polizei dort Razzien durchführt, verrät niemand ein Familienmitglied.“
Und wenn die Razzien erfolgen, ist das Diebesgut meist schon verkauft worden – in Spanien oder Portugal. Dass Roma auf Klau-Tour in die Schweiz kommen, ist nicht neu. Laut Melzl kommen „diese Leute seit der EU und den offenen Grenzen natürlich einfacher in die Länder des Schengenraums“.
Derzeit haben die Diebesbanden Hochsaison, wie Roland Pfister von der Kantonspolizei Aargau bestätigt: „Seit Anfang 2017 stellen wir wieder vermehrt fest, dass Personen, vor allem osteuropäischer Herkunft, als Kriminaltouristen in Erscheinung treten.“
Kinder, Frauen und Männer auf Klau-Tour
Die potenziellen Täter kommen in Autos mit französischen, italienischen oder deutschen Kennzeichen in die Schweiz. Täglich würden mehrere Dutzend solcher Tätergruppen einreisen, so Melzl. „Es sind Profis. Die Kinder werden zum Klauen in Geschäfte geschickt, die Frauen in Altersheime und die Männer begehen Einschleichdiebstähle.“
Problem: Wird bei den Tätern Diebesgut gefunden, behaupten sie meist, dass es nicht ihnen gehöre oder werfen es kurzerhand weg. Melz: „Wenn es keine DNA-Spuren oder Videobilder gibt, wird es für die Ermittler sehr schwierig.“.
Das Tempo und die Mobilität stellen ein weiteres Problem dar. „So schnell, wie sie in unserem Zuständigkeitsgebiet in Erscheinung treten, so schnell sind sie auch wieder weg“, so Pfister. „Nach verübtem Einbruchsdelikt kommt es zu Grenzübertritten ins nahe Ausland.“ Das Diebesgut wird geschickt in Fahrzeugen versteckt oder weitergegeben.
Wird ein Täter geschnappt, kann ihn die Polizei nur 24 Stunden festhalten. Danach sind die Täter wieder frei, sofern die Staatsanwaltschaft nicht innert weiteren 24 Stunden einen Antrag auf U-Haft beim Zwangsmassnahmengericht stellt oder wenn dieser nicht bewilligt wird.
Ob ein U-Haft Antrag gestellt wird, liege an der Art des Delikts, der Beweislage und den Vorstrafen, erläutert Fiona Strebel von der Aargauer Staatsanwaltschaft. „Bei Einbrechern stellen wir in der Regel einen Haftantrag.“ Die Mehrheit wird bewilligt.
Oft keine Verurteilung aus Mangel an Beweisen
Und welche Urteile werden gefällt? „Das hängt von der Delikthöhe, der Anzahl Delikte und vom Vorleben der Täterschaft ab“, so Strebel. „Falls keine Vorstrafen vorhanden sind, gibt es einen Strafbefehl mit bedingter Geldstrafe und Busse.“ Oft gibt es keine Verurteilung, weil es an Beweisen mangelt.
„Man kann diese Leute dann nicht einfach an die Grenze begleiten, wenn sie keinen Landesverweis erhalten haben“, erklärt Melzl. Für einen Landesverweis ist ein schwereres Delikt nötig. „In erster Linie müssten an den Grenzen verschärftere Kontrollen stattfinden. Vor allem auch bei der Ausreise solcher Leute.“ Allerdings fehle das Personal. „Das ist das Dilemma“, so Ex-Kommissar Melzl.
Quelle: Übernommen von BLICK und bearbeitet von belmedia-Redaktion
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