Psychologen: Singlebörsen halten nicht, was sie versprechen
von Agentur belmedia
Auch wenn sich die meisten Liebespaare immer noch im „Real Life“ kennenlernen, so gewinnt doch das Internet bei der Partnersuche zunehmend an Bedeutung. Liebeshungrige Singles finden ein riesiges Angebot an Online-Partnerbörsen, die mit vollmundigen Versprechungen locken.
„Mit unserem wissenschaftlichen Matching finden Sie gezielt den Partner, der zu Ihnen passt“, wirbt zum Beispiel eine der grössten Partnerbörsen. Und ein anderer bekannter Anbieter versichert: „Unser besonderes Prinzip der Partnervermittlung kann entscheidende Facetten einer Persönlichkeit ermitteln. Ausserdem schlagen wir Partner vor, die sich optimal ergänzen.“
Doch halten Partnerbörsen auch, was sie versprechen? Nein, keineswegs, sagen amerikanische Psychologen in einem aktuellen wissenschaftlichen Bericht, der in einer kommenden Ausgabe der Fachzeitschrift „Psychological Science“ veröffentlicht wird. Das harsche Urteil der Psychologen lautet: Die Online-Dating-Industrie lockt Singles mit falschen Versprechungen, ignoriert wissenschaftliche Erkenntnisse der Beziehungsforschung und leistet oft genau das nicht, was den Nutzern verheissen wird – nämlich geeignete Partner zusammenzubringen.
„Matching-Algorithmus“ – Buzz-Wort ohne Substanz
Wesentliche Kritik üben die Forscher vor allem an dem so genannten „Matching-Algorithmus“, mit dem Partnerbörsen werben (siehe oben). Dabei behaupten die Anbieter, anhand von persönlichen Eckdaten eine Formel in der Hand zu haben, mit der passende Partner zueinander gebracht werden können. Doch nach systematischer Untersuchung kommen die Psychologen zum Schluss: Diese Behauptung ist substanzlos und höchst wahrscheinlich falsch. „Es gibt keinerlei Beweise dafür, dass irgendein solcher Algorithmus tatsächlich funktioniert. Eher ist genau dies unwahrscheinlich“, so der US-Psychologe Eli Finkel, Hauptautor des Berichts.
Die Crux ist nämlich: Genau die Parameter, die nach Erkenntnissen der Beziehungsforschung am ehesten Vorhersagen über das Gelingen einer Paarbeziehung erlauben – etwa der Kommunikationsstil oder der Umgang mit Konflikten -, fallen bei den bestehenden „Matching-Algorithmen“ unter den Tisch. Stattdessen konzentrieren sich die Anbieter lieber auf solche Daten, die leicht erfasst werden können. Nur erlauben diese eben leider keine Vorhersagen, ob Partner auch miteinander glücklich werden können.
Weiterhin werben Partnerbörsen häufig damit, Online-Dater mit einer hohen Zahl an potenziellen Partnern zusammenzubringen. Tatsächlich führt dies dazu, dass der User durch die Fülle an Profilen regelrecht entmutigt wird und sich wie beim Shopping statt auf der Suche nach dem Traumpartner fühlt. Und dabei verpasst sie/er womöglich ausgerechnet einen Partner, der tatsächlich sehr gut zu ihr/ihm passt.
Sich verlieben – das geht nur im Real Life
Was die Psychologen vor allem an Online-Datingbörsen kritisieren: das Fehlen des Kontaktes von Angesicht zu Angesicht. Online-Profile auf Singlebörsen bieten nur einen schwachen Ersatz für Face-to-face-Kontakte mit dem realen Menschen, der sich dahinter verbirgt, halten die Forscher fest. Denn nur bei einem realen Treffen mit dem potenziellen Partner kann letztlich der „romantische Funke“ überspringen.
Bei aller Kritik geht es den Psychologen nicht darum, Singles das Nutzen von Partnerbörsen madig zu machen. Ganz im Gegenteil. Denn die Forscher betonen, dass Partnerbörsen viele Vorteile bieten. „Online-Dating ist eine wunderbare Ergänzung zu anderen Wegen, einen Partner zu finden“, so Finkel. Nach Auffassung der Psychologen ist das Potenzial von Singlebörsen zwar gross, nur wird es noch viel zu wenig ausgeschöpft. Ihre Kritik verstehen die Beziehungsforscher somit konstruktiv: Ihr Anliegen ist es, Partnerbörsen auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen und so das Angebot zu verbessern.
Gleichzeitig möchten die Wissenschaftler User vor Fallgruben warnen und ihnen helfen, Singlebörsen richtig zu nutzen. Ein Rat der Psychologen: Singles, die Datingbörsen nutzen, sollten nach der ersten Onlinekommunikation mit einem potenziell interessanten Partner möglichst schnell ein Treffen im realen Leben folgen lassen, um zu schauen, ob es tatsächlich „funkt“ – oder nicht.
Quelle: Psychological Science in the Public Interest
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