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Tankstellen-Arbeitszeiten, Wehrpflicht-Abschaffung und Epidemiengesetz: Was die Abstimmungsergebnisse für die Schweiz bedeuten

23.09.2013 |  Von  |  News

Die Schweiz ist berühmt für ihre direkte Demokratie, die wohl am stärksten in den Volksabstimmungen zum Ausdruck kommt.

Am 22. September fand wieder eine statt. Jetzt liegen die Resultate des Referendums vor: Die Vorlagen zu verlängerten Tankstellen-Arbeitszeiten sowie dem Epidemiengesetz wurden vom Volk angenommen, der Vorstoss zur Abschaffung der Wehrpflicht hingegen scheiterte. Was bedeuten diese Ergebnisse nun für die Schweiz und wie geht es politisch weiter?

Wehrpflicht: Der Gewinner heisst Zivil

Mit über 70 Prozent Nein-Stimmen verlief die Abstimmung für diese Vorlage am eindeutigsten. Die Nationalmiliz ist offenbar schon so sehr Teil der Schweizer Seele, dass man sich nicht von ihr trennen mag. „Eine Berufsarmee passt nicht zur Schweiz“ hört man unisono durch alle politischen Lager hindurch. Politologe Georg Lutz bringt es auf den Punkt: „Der Milizgedanke ist weit verbreitet, fast schon ein Glaubensbekenntnis.“ Allerdings hat die neu angestossene Diskussion über die Wehrpflicht anderweitig Früchte getragen. „Der Gewinner der Abstimmung heisst Zivildienst“ sagt Niklai Prawdzic, Sprecher der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (Gsoa). Viele bürgerliche Politiker haben während des Abstimmungskampfes die Bedeutung des Zivildienstes hervorgehoben. Die Zeit scheint gekommen, ihn mit dem Wehrdienst gleichzustellen (bislang dauert er 50 Prozent länger). Bewegung kommt auch in die Diskussion um Armee-Reformen. Ideen zur Ausweitung der Militäraufgaben auf polizeiliche Tätigkeiten und Cyberkriminalität werden allerdings klare Absagen erteilt. Prawdzic etwa erklärt, das Militär habe im Bereich der inneren Sicherheit nichts zu suchen. Und Juso-Präsident David Roth stellt klar: „Das ist eine Milizarmee und keine professionelle IT-Truppe.“

Verlängerte Tankstellen-Arbeitszeiten: lange überfällig, Dammbruch möglich

Wesentlich knapper (55,8 % waren dafür) konnte sich der Gesetzentwurf zur Ausweitung der Tankstellen-Arbeitszeiten (wir berichteten) durchsetzen. Der Vorstoss schürte Ängste vor einer flächendeckenden Einführung von 24/7-Arbeitszeiten. Tatsächlich regelt er eine verzwickte Gesetzessituation, die zum Teil bizarre Blüten trieb. Oder ist es sinnvoll, dass man nach 1 Uhr nachts in der Tankstelle Cervelat-, aber keine Bratwürste kaufen darf, obwohl so oder so Personal anwesend ist?

Ob die Befürchtungen der Liberalisierungs-Gegner berechtigt sind, wird daran gemessen wie sehr die bürgerlichen Kräfte, welche das Gesetz massgeblich vorangetrieben haben, zu ihrem Wort stehen: nämlich dass es bei der Beschränkung der Arbeitszeit-Ausweitung auf Tankstellen bleibt. Darüber hinaus gehende Vorstösse gibt es genug im Parlament, so von den Nationalräten Filippo Lombardi (CVP) und Fabio Abate (FDP). Die Grünliberalen wollen es Läden mit weniger als 120 Quadratmetern Verkaufsfläche sogar ermöglichen, rund um die Uhr geöffnet zu haben, und zwar unter Berufung auf das gefürchtete Dammbruch-Argument. Der Detailhandel dürfe gegenüber den Tankstellen nicht benachteiligt werden – womit der flächendeckenden Nacht- und Sonntagsarbeit Tür und Tor geöffnet wäre. Entscheidend wird sein, dass neue Gesetze im Sinne eines tatsächlichen Mehrwerts für die Gesellschaft und nicht nur zur Befriedigung von Finanzinteressen und/oder Kauflaune gemacht werden. Der FDP-Nationalrat Ruedi Noser bringt es, um eine Bewertung rund um die Uhr geöffneter Shopping-Malls gebeten, auf den Punkt: „Man muss das nicht machen, nur weil den Leuten langweilig ist.“

Epidemiengesetz: Ahnungslose Bürger stimmen für Sexualkunde-Zwang in Kindergärten

Im Gegensatz zu den zwei anderen Gesetzentwürfen sind die Schweizer Bürger über die EPG-Änderung kaum im Bilde. Das belegen vom Nachrichtenportal 20min.ch durchgeführte Befragungen von Passanten. Am ehesten fallen den Leuten noch die Stichworte „Impfzwang“ und „Epidemienbekämpfung“ ein. Tatsächlich ging es in der öffentlichen Debatte fast ausschliesslich um die Frage, ob das Gesetz einen schweizweiten Impfzwang ermögliche und welche Rolle die WHO (Weltgesundheitsorganisation) dabei spielt – zumindest haben es die Medien so dargestellt. Vielleicht liegt hierin der Grund, warum rund 60 Prozent der Bürger für das Gesetz stimmten. Besonders in städtischen Gebieten – hier lag der Zustimmungsanteil bei bis zu 77 Prozent – werden Impfungen generell positiv wahrgenommen, da sie helfen, Epidemien einzugrenzen oder zu verhindern. Allerdings ist bekannt, dass Impfungen auch massive Nebenwirkungen haben können, besonders bei Kleinkindern. Ob ein Kausalzusammenhang besteht zwischen dem medialen Impf-Hype und finanziellen Interessen von Pharmakonzernen, die mit den Impfstoffen Unsummen verdienen (man denke nur an die ach so gefährliche Schweinegrippe vor vier Jahren), lässt sich derzeit nur mutmassen.

Doch Impfkampagnen sind nicht alles, worum es in dem Gesetz geht. Die Schweizer haben mit ihren Ja-Stimmen für die Verpflichtung der Bildungseinrichtungen (ab Kindergarten) zu „altersgerechtem“ Sexualkunde-Unterricht (wir berichteten) votiert. Die dazugehörigen Konzepte liefern Wissenschaftler, die nachweislich sehr fragwürdiges Gedankengut transportieren – die Pädophilie-Lobby lässt grüssen. War es Schweizer Eltern einfach egal, dass ihre Kindergarten-Knirpse vielleicht bald zu Doktorspielen mit Anfassen genötigt werden? Oder dass sie sich mit Literatur befassen, die eher an SM-Magazine als an Kinderbücher erinnert? Sicher nicht – viele wussten über die wahren Hintergründe schlichtweg nicht Bescheid. Ein weiteres Beispiel für die Machenschaften der Medien.

Zwar haben die Behörden und Politiker hoch und heilig versprochen, dass es keine „Sexual-Umerziehung“ geben wird. Doch liegt es nun wieder einmal an den Schweizerinnen und Schweizern, ein wachsames Auge darauf zu haben und gegebenenfalls die nötigen Schritte zu unternehmen. Für ihre Volkabstimmungen ist die Schweiz ja bekannt.

 

Oberstes Bild: © Niyazz – shutterstock