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CERN und Luzern – Urknall und bunte Fasnacht

05.03.2014 |  Von  |  News

Wer die Schweiz mit allen Sinnen erlebt, entdeckt die Kraft der Tradition und die Faszination der Moderne.

Luzern in der bunten Karnevalszeit ist genauso ein Markenzeichen für die Schweiz wie das Genfer Kernforschungszentrum CERN. Was beide miteinander verbindet ist der Urknall.

Während die einen denselben als Start für das närrische Treiben betrachten, ist für andere der Urknall der Auslöser für die kosmische Geschichte. Folgen wir beiden auf ihrem Weg und erleben wir auch so die Schweiz in der interessanten Mischung aus gestern und heute.

Kernforschung in weltweiter Einmaligkeit – das Kernforschungszentrum CERN bei Genf

Das Kernforschungszentrum CERN (Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire) bei Meyrin im Kanton Genf hat nicht nur im streng wissenschaftlichen Bereich längst seine Bedeutung unterstrichen. Auch Dan Browns Fiktions-Roman „Illuminati“ spielt zu grossen Teilen in dem weltbekannten Kernforschungszentrum. Wesentlicher Bestandteil der überwiegend unterirdisch installierten Anlage ist ein Teilchenbeschleuniger, der sich als knapp 27 Kilometer langer, tunnelförmiger Beschleunigerring mit 9’200 Magneten als die umfassendste Anlage dieser Art weltweit präsentiert. Hier können Versuche durchgeführt werden, die das Mass des bislang Bekannten weit übersteigen. Die beschleunigten Teilchen erreichen hier fast Lichtgeschwindigkeit und werden dann zur Kollision gebracht. Hier lässt sich unwissenschaftlich ausgedrückt das nachbilden, was wir schlichtweg als den Urknall bezeichnen.

Das CERN ist aber nicht als Urknall-Szenario, sondern vielmehr als ein internationales Projekt der Atomforschung zu verstehen. Das Projekt wird von 20 Mitgliedsstaaten getragen und ist somit als internationales Forschungsprojekt einzuordnen. Der Startschuss für die heutige Anlage fiel bereits im Jahr 1954. Obwohl ein grosser Teil des Teilchenbeschleunigertunnels unterirdisch auf französischem Gebiet liegt, hat die Schweiz allein die administrativen Rechte. Schwieriger stellt sich hier die rechtliche Stellung des CERN dar. Auf dem Gelände des CERN kann kein nationales Recht angewandt werden. Dadurch gestaltet sich auch die Zuständigkeit nationaler Gerichte etwa bei Klagen von Bürgern als eher schwierig bis unmöglich. Trotz dieser schwierigen rechtlichen Situation ist das CERN ein Aufsehen erregendes internationales Projekt, das Forschung auf Schweizer Boden zur weltweit interessierenden Angelegenheit macht. Spätestens dann, wenn spektakuläre Versuche im Teilchenbeschleuniger die Nachrichten erreichen, rückt das CERN aus dem Bewusstsein der Schweiz in den Mittelpunkt des weltweiten Interesses – und das nicht nur bei Wissenschaftlern und Experten.

Der Urknall ganz anders

Einen Urknall ganz anderer Art bietet Jahr für Jahr die Stadt Luzern. Pünktlich zum Beginn des närrischen Treibens erhellt ein gigantisches Feuerwerk begleitet von einem unüberhörbaren Knall den nächtlichen Himmel über Luzern. Am so genannten schmutzigen Donnerstag wird die Fasnacht in Luzern eröffnet. Nicht nur die Luzerner selbst, sondern auch hunderttausende Schaulustige sowie Närrinnen und Narren aus der ganzen Schweiz und dem benachbarten Ausland freuen sich auf die fünfte Jahreszeit. Dann heisst es feiern, feiern und nochmals feiern. Der Urknall um 5 Uhr in der Früh ist das Signal für alle Fasnachtsfans. Ab sofort verwandelt sich die ganze Stadt in einen wahren Hexenkessel. Jetzt wird bis zum Aschermittwoch gefeiert, was das Zeug hält. Traditionell sind hier die Festwagen zu den grossen Umzügen unterwegs.

Hier ist wohl der Fritschiwagen das wichtigste Gefährt, das heute den Abschluss des grossen Fasnachtsumzuges bildet. Dazwischen tanzen, wogen und toben unzählige Menschen in traditionellen und fantasievollen Kostümen und Verkleidungen. Etwas weniger auf Tanz getrimmt als der Karneval in Rio, aber in keiner Weise weniger laut ist die Fasnacht in Luzern allemal. Eine Mischung aus Alkohol, Feierstimmung und wehmütiger Vorbereitung auf die Fastenzeit macht die Fasnacht in Luzern zu einem ekstatischen Vergnügen, dem man sich kaum zu entziehen vermag. Spätestens am Aschermittwoch ist dann alles so schnell vorbei, wie es begonnen hat. Plötzlich zieht wieder Ruhe in die Stadt ein und nach tagelangem Feiern, Tanzen und Rumoren darf jetzt der Alltag wieder die Oberhand gewinnen. Gleichzeitig steigt aber auch schon die Vorfreude auf die nächste Fasnacht in Luzern, die selbstredend traditionell wieder mit dem Urknall der Fritschi-Brüder begonnen werden wird.

Zwei Facetten eines Lebens

Sowohl das Kernforschungszentrum CERN in Meyrin als auch die bezaubernde Fasnacht in Luzern sind zwei Facetten eines Lebens in der Schweiz. Der Spagat zwischen Tradition und Moderne, hier gekennzeichnet durch den Urknall, gelingt den Schweizern hervorragend. Nicht nur, wenn CERN und Fasnacht in Luzern in einem Beitrag erwähnt werden. Auch sonst überzeugt die Schweiz mit der gekonnten Verbindung von Neuem und Bewährtem. Selbst die vielen zugewanderten Ausländer und die Touristen sowieso geniessen es, wie die Schweizer ihre ganz eigenen Feste und Feiern zu begehen wissen. Das lässt Raum für Träume und Fantasien aus einer ganz anderen Welt. Und selbst so moderne Einrichtungen wie das Kernforschungszentrum CERN sind trotz aller wissenschaftlichen Ausrichtung nicht ganz von einem gewissen Mass an Fantasie freizusprechen. Auch das ist ein Grund, warum beispielsweise Dan Brown in einem seiner Bestseller die Geschichte von wissenschaftlicher Macht und Verantwortung in die Forschungseinrichtung in der Schweiz verlegt.

Schön zu erleben, dass auch die Amerikaner den Standort Schweiz nicht nur künstlerisch zu schätzen wissen. Selbst bei der grossen Strassenfasnacht in Luzern begegnet man dem einen oder anderen Touristen aus Übersee, der hier den Urknall auf eine ganz besondere Weise selbst miterleben will. Gern eben auch völlig unwissenschaftlich.

 

Oberstes Bild: © Anette Linnea Rasmussen – Shutterstock