WhatsApp-AGB: Jeder Nutzer tritt sämtliche Bildrechte ab
von Alin Cucu
Wem gehören deine selbst geschossenen und über WhatsApp verschickten Fotos? Dir? Dachtest du. In Wahrheit hat WhatsApp das Copyright.
Tief in den AGB ist sie versteckt: die Klausel, die sämtliche Bildrechte an WhatsApp abtritt. Wer die AGB akzeptiert, tritt somit sämtliche Bildrechte an das Facebook-Unternehmen ab. Ist dein und mein Konterfei also bald an jeder Litfasssäule zu sehen, ohne dass ich dafür auch nur einen Rappen sehe?
Es ist wie so oft: Wenn man eine neue App installiert hat, kommt beim ersten Start die obligatorische Abfrage über die Zustimmung zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Meist ein ellenlanger Text, den sich kaum jemand wirklich durchliest. Wird schon alles seine Richtigkeit haben, denkt man sich, ausserdem ist die App ja ohnehin alternativlos (gilt seit dem Schweizer Produkt Threema für WhatsApp nicht mehr!) bzw. die Alternativen haben genauso lange AGB, und fürs Durchlesen ist eh keine Zeit. Also, pro forma ein paar Mal runtergescrollt, dann auf „Akzeptieren“ geklickt.
Selfies bald an der Litfasssäule?
So haben es die allermeisten der 450 Millionen WhatsApp-Nutzer wohl auch beim beliebtesten Messenger der Welt gemacht. Doch das Kleingedruckte der WhatsApp-AGB hat es in sich, wie Handelsblatt Online unter Berufung auf einen auf Internetrecht spezialisierten Anwalt schreibt. Die Untersuchung des Rechtsanwalts Rolf Becker ergab, dass man durch Akzeptieren der AGB die Rechte an allen Formen der Kommunikation an die Facebook-Tochter abtritt. „Die Kunden stimmen jedenfalls in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu, dass WhatsApp alle Inhalte, Bilder und ähnliches ohne Einschränkung und in allen Medienformaten und über alle Kanäle weiterverbreiten kann“ so der Kölner Anwalt weiter.
Kann nun WhatsApp die Urlaubsbilder und Porträts seiner Nutzer einfach ohne deren Zustimmung weiterverkaufen? Rein rechtlich ist die Antwort definitiv Ja. Unklar ist allerdings, ob WhatsApp von dem besagten Recht bereits Gebrauch macht. Bei Allfacebook.de ist man ohnedies der Meinung, dass WhatsApp kein Interesse habe, das Vertrauen seiner Nutzer zu missbrauchen. Die genannten AGB-Klauseln brauche das Unternehmen vielmehr rein rechtlich, um Inhalte auch über Ländergrenzen hinweg übertragen und darstellen zu können.
Intransparente und zynische AGB
Das mag zutreffen, dennoch stimmt die Sache nachdenklich. Das vielmehr noch, wenn man sich weitere Fundstellen der WhatsApp-AGB zu Gemüte führt. An anderer Stelle heisst es beispielsweise: „Wenn Sie unter 16 Jahre alt sind, dann benutzen Sie bitte nicht den WhatsApp-Service oder greifen auf die WhatsApp-Website zu, nicht zu irgendeiner Zeit oder in irgendeiner Art und Weise.“ Wie bitte? Auf wen hat das WhatsApp-Geschäftsmodell es denn abgesehen, wenn nicht auf Teenies?
Zudem scheint es juristisch höchst fragwürdig, deutschsprachigen Nutzern englischsprachige AGB zuzumuten – genau das aber tut WhatsApp. In Deutschland hat die Verbraucherzentrale Bundesverband deshalb schon Klage gegen WhatsApp eingereicht. Mit einer ähnlichen Klage war man gegen den Mutterkonzern Facebook bereits erfolgreich.
Fazit: Auch wenn es höchst unwahrscheinlich ist, dass WhatsApp sich auf Kosten seiner Nutzer zum Stockarchiv wandelt, zeigt die Debatte doch eines: um Transparenz ist es bei WhatsApp (und, wie man weiss, auch bei anderen Internetkonzernen) nicht weit her. Das wiegt umso schwerer, als dass viele Menschen diesen Diensten fast ihr ganzes Leben anvertrauen.
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