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Was für eine Armee braucht die Schweiz?

18.06.2014 |  Von  |  Beitrag

[vc_row][vc_column width=“1/1″][vc_column_text]Die Luftwaffe der Schweiz verzichtet auf die teure und umstrittene Gripen-Anschaffung. Nicht gerade freiwillig wird das Schlachtfeld rund um die Gripen-Aufrüstung geräumt, der Souverän hat entschieden.

Dabei war der Kampf um die neuen Flieger von beiden Seiten sehr hartnäckig geführt worden. Während die letztlichen Sieger die Sinnhaftigkeit der neuen Kampfjets infrage stellten und die Aufwendungen dafür lieber anders verwendet sahen, suggerierten die Befürworter, dass ohne das Gripen-Projekt die Sicherheit der Schweiz und die Einsatzfähigkeit der Luftwaffe speziell gefährdet seien.

Die eine Debatte scheint beendet, da tun sich die nächsten Gründe für neuerliche Diskussionen auf. Jetzt wird nicht mehr hinter vorgehaltener Hand, sondern sehr öffentlich über die Einsatzbereitschaft und Kampffähigkeit des Schweizer Militärs gestritten. Im Mittelpunkt steht hier die Frage, was für eine Armee die Schweiz eigentlich braucht. Im selben Atemzug kündigt sich neuer Ärger an. Wenige Tage nach der Gripen-Ablehnung durch den Souverän wird bereits eine neue Aufrüstung der Luftwaffe mit 44 neuen Kampfjets ins Auge gefasst. Hier dürfte sich die neuerliche Auseinandersetzung wohl eher auf die Anzahl und weniger auf die Notwendigkeit beziehen.

Welche Armee braucht die Schweiz?

Die landesweite Diskussion über die Ausstattung und Einsatzfähigkeit der Luftwaffe hat dazu geführt, die Armee der Schweiz als Ganzes zu hinterfragen. Dabei muss zunächst der Aufgabenbereich der Armee eines militärisch und politisch neutralen Staatswesens hinterfragt werden. Dementsprechend ist es nicht die originäre Aufgabe der Schweizer Armee, sich in Auslandseinsätzen zu engagieren. Geografisch eingebettet in die Europäische Union, spielt die Schweiz samt ihrer Armee eine europäische Sonderrolle.

Die Aufgaben beziehen sich hier klar auf den militärischen Schutz der Schweizer Grenzen inklusive des Luftraumes und auf Tätigkeiten innerhalb des Landes selbst. Weniger nicht, aber auch nicht mehr. Dabei kann sich die Schweiz zwar auf eine relative Sicherheit inmitten der EU und des westeuropäischen Militärbündnisses der NATO verlassen, gemütlich auf die Seite legen können sich die Schweizer deshalb aber noch lange nicht.

Je nach politischer und militärischer Grosslage muss auch die Schweizer Armee stets einsatz- und kampfbereit sein. Hier geht es um die Verteidigung der Schweiz nach aussen und nach innen. Für die Aussensicherung ist vor allem die Luftwaffe inklusive der Luftraumaufklärung verantwortlich. Eventuelle gegnerische Angriffe aus der Luft sind rechtzeitig zu erkennen und geeignete Gegenmassnahmen zu ergreifen. Die Einbettung in die geopolitische Lage lässt allerdings auch vermuten, dass feindliche Übergriffe zumindest in direkter Form eher nicht zu erwarten sind.

Vielmehr könnten Langstrecken- und Interkontinentalraketen für eine echte Bedrohung aus der Luft sorgen. Diese zu erkennen ist Aufgabe der Luftraumüberwachung und zugleich der Luftabwehr. Das Heer selbst könnte im Ernstfall oder bei entsprechenden Bedrohungslagen die Landesgrenzen sichern oder für Ruhe innerhalb der Landesgrenzen sorgen.[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]

Die Schweiz braucht also eine Armee, die in der weltweiten Öffentlichkeit als einsatzbereit erkannt wird. (Bild: Piotr Zajc / Shutterstock.com)

Die Schweiz braucht also eine Armee, die in der weltweiten Öffentlichkeit als einsatzbereit erkannt wird. (Bild: Piotr Zajc / Shutterstock.com)

[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]Die Schweiz braucht also eine Armee, die in der weltweiten Öffentlichkeit als einsatzbereit erkannt wird, in der eigenen Bevölkerung akzeptiert und geachtet ist und zugleich den Status quo in der geopolitischen Lage aufrechterhalten kann. Eine Armee, die echte Angriffe in kriegsähnlichen Ausmassen dauerhaft bekämpfen könnte, wird die Schweiz nie erreichen. Dafür ist zum einen das Land zu klein, zum anderen gibt das die Bevölkerungszahl nicht her. Hier wird im Ernstfall nur die General-Mobilmachung für Abhilfe sorgen können. Dazu allerdings bedarf es keiner überdimensionierten Luftwaffe mit Flugzeugen, die im Wenderadius fremdes Staatsgebiet überfliegen müssten.

Welche wirklichen Bedrohungsszenarien sind absehbar?

Wenn die Kampfstärke einer Armee realistisch beurteilt werden soll, geht es nicht wirklich nur um Zahlen. Dennoch sollen hier zwei Eckdaten nicht unerwähnt bleiben. Derzeit sprechen wir über Planungszahlen von 100’000 Armeeangehörigen und 5 Milliarden Franken Militärbudget.

Solche Zahlen sagen allerdings nichts über die tatsächlichen Bedrohungsszenarien aus. Solche bestehen sicherlich nicht in einem militärischen Grossangriff auf Schweizer Landesgrenzen. Dafür bietet die weltpolitische Rolle der Schweiz keinerlei Anlass. Viel wahrscheinlicher erscheinen terroristische Angriffe auf dem Staatsgebiet der Schweiz, um damit Haltungen, Gelder oder andere „Gefälligkeiten“ seitens der Schweiz zu erpressen.

Dazu kommen Grossereignisse, die von der Polizei allein nicht gesichert werden können, oder der Einsatz bei schwerwiegenden Naturkatastrophen. Änderungen der Verteidigungsbereitschaft zeichnen sich auch durch technologische Entwicklungen ab. Angriffe laufen heute nicht mehr nur über physische Aggressionen. Vielmehr sind es auch Cyberangriffe auf ganze Staatssysteme, die für die Zukunft zu erwarten sind. Dagegen nützt auch ein Gripen nichts. Hier müssen die Armeen aller modernen Staaten umdenken und gewissermassen auch auf- beziehungsweise umrüsten. Das ist weniger Zukunftsmusik als bislang vermutet.

Und dennoch bleibt ein umfassender militärischer Schutz auch für die Schweiz unerlässlich. Dafür sollten allerdings die bisherigen Rahmenbedingungen angesichts der geopolitischen Lage und der tatsächlichen Bedrohungsszenarien ausreichend sein. Wenn die Schweiz konsequent an ihrer politischen und militärischen Neutralität festhält, ist mit einer nachvollziehbar ernsthaften Bedrohung kaum zu rechnen. Das haben auch schon zwei Weltkriege und internationale politische und militärische Krisen gezeigt.

 

Oberstes Bild: © Capricorn Studio – Shutterstock.com[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

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