Dreiste Werbeanrufe: So können sich Verbraucher wehren

Ein Stern im Telefonbuch schützt Konsumenten nicht ausreichend vor unerwünschten Werbeanrufen. Viele Telefonverkäufer ignorieren den Eintrag einfach. Die rechtliche Verfolgung ist schwierig, weil die Unternehmen oft im Ausland sitzen oder von wechselnden Nummern aus anrufen.

Eigentlich ist die Rechtslage seit 2012 eindeutig, als das geänderte Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft trat: Wer keine Werbeanrufe wünscht, lässt seinen Telefonbucheintrag mit einem Stern versehen. Ein klares Signal an alle Anbieter von Gewinnspielen, Zeitschriften, Versicherungen oder Telefonverträgen. Theoretisch droht den Firmen eine Strafe im sechsstelligen Bereich, wenn sie das Anrufverbot nicht beachten.

Die Praxis sieht anders aus: So haben Verbraucher allein bei der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) seit Erlass des Gesetzes gut 10’000 Beschwerden eingereicht, hauptsächlich wegen unerwünschter Werbeanrufe. In rund 50 besonders schwerwiegenden Fällten stellte die SKS Strafanzeige. Mit mässigem Erfolg: Einem Bericht der SKS zufolge geht die Bearbeitung schleppend voran. Nur wenige Verfahren seien abgeschlossen, Bussen bewegen sich im niedrigen Bereich.

Beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) gingen im selben Zeitraum ebenfalls rund 8000 Beschwerden ein, 25 Verfahren wurden eingeleitet. Das Seco verweist darauf, dass ihm eine rechtliche Grundlage fehle, einzelne Telefonnummern zu blockieren. Dieses Recht stehe bislang ausschliesslich den Strafbehörden der Kantone zu. Wegen des Datenschutzes erhalte das Seco auch keine Informationen über Inhaber bestimmter Rufnummern. Derzeit läuft eine Revision des Gesetzes zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf), die unter anderem die Rechte des Seco erweitern soll.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass viele Anbieter vom Ausland aus agieren, aber auf dem Display eine Schweizer Nummer erscheint. Ausländische Firmen können diese Rufnummern legal mieten, wie das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) nach einem Bericht des SRF mitteilt. Bedingung ist lediglich, dass die Mietfirmen sich bei der BAKOM registrieren und die Nummern überwiegend in der Schweiz verwenden. Eine unklare Vorgabe: Wie sollte das Amt eine solche Verwendung prüfen? Für die Registrierung genügt eine Adresse, es kann sich also auch um eine Briefkastenfirma handeln. Eine Rückverfolgung ist schwierig bis unmöglich, zudem werden die Telefonnummern ständig geändert.

Hinter manchen Anrufen stecken dreiste Betrüger

Unerwünschte Werbeanrufe sind eine Sache, bewusste Täuschung eine ganz andere: So geben Verkäufer vor, für seriöse Unternehmen wie Swisscom oder Stadtwerke zu arbeiten, bei denen der Angerufene Kunde ist. Die heutige Technik macht es möglich, Telefonnummern vorzutäuschen. Bei diesem sogenannten Spoofing erscheint auf dem Display des ahnungslosen Kunden die tatsächliche Nummer seines Vertragspartners.

Mit dreisten Tricks verschaffen sich manche Anrufer sogar Zugang in Wohnungen: Sie teilen beispielsweise am Telefon mit, Leitungen überprüfen zu müssen und deshalb kurz vorbeizukommen. Ist der Zutritt in eine Wohnung gelungen, bearbeiten die geschickten Verkäufer ihre Opfer und versuchen ihnen „besonders günstige“ Verträge über Spartarife oder ähnliches aufzudrängen. Oft genug mit Erfolg – schliesslich denkt man, es sei ein Mitarbeiter des Unternehmens, mit dem eine reale Kundenbeziehung besteht.

Im aktuellen Fall einer Telefongesellschaft hat das Seco im Oktober Strafklage erhoben. Das Unternehmen hatte sich für die Swisscom ausgegeben und gezielt ältere Menschen angerufen, um ihnen später „spezielle Seniorentarife“ schmackhaft zu machen. Sterneinträge hatte die Firma natürlich ebenfalls missachtet. Die Sendung „Kassensturz“ berichtete darüber am 14. Oktober im SRF.

Fassungslos macht auch das Vorgehen unbekannter Telefonverkäufer, die ältere Kunden einer Zürcher Apotheke dazu drängten, ihre Medizin abzusetzen – und stattdessen für 200 Franken einen Tee (!) zu kaufen. Auch in diesem Fall erscheint im Display eine Schweizer Nummer, die beim Rückruf ins Leere führt. Die Apotheke hat die Polizei informiert.


Viele Telefonverkäufer ignorieren den Stern im Telefonbuch und werben weiter telefonisch. Die strafrechtliche Verfolgung ist schwierig. (Bild: Bacho / Shutterstock.com)
Viele Telefonverkäufer ignorieren den Stern im Telefonbuch und werben weiter telefonisch. Die strafrechtliche Verfolgung ist schwierig. (Bild: Bacho / Shutterstock.com)


Wie verhalte ich mich bei nervigen Werbeanrufen trotz Sterneintrag?

Konsumenten haben verschiedene Möglichkeiten, sich vor nervigen oder sogar betrügerischen Werbeanrufen zu schützen. Die sicherste Variante: Sobald der Anrufer sich als Verkäufer herausstellt – einfach auflegen, nicht auf ein Gespräch einlassen! Arbeitet er angeblich für den eigenen Telekommunikationsanbieter oder anderen Vertragspartner? Ein kurzer Rückruf bei der Firma, am besten bei einem persönlich bekannten Sachbearbeiter, schafft Gewissheit über die Richtigkeit der Angaben.

Um Werbeanrufe schon im Vorfeld einzudämmen, haben sich folgende Mittel bewährt:

  1. Beim Ausfüllen von Online-Formularen, etwa für Gewinnspiele oder kostenlose Warenproben: Vorsicht bei Angabe der Telefonnummer. Meist steht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass persönliche Daten an Werbefirmen weitergegeben werden dürfen.
  2. Sofern noch kein Sterneintrag im Telefonbuch besteht, genügt eine kurze Mitteilung an den Telefonanbieter.
  3. Wer nicht im Telefonbuch eingetragen ist, kann sich in eine Telefonsperrliste des Schweizer Dialogmarketing-Verbands (SDV) aufnehmen lassen. Informationen und einen Link auf das entsprechende Formular gibt es auf der Internetseite des Seco.
  4. Sollte es trotz Sterns zu Telefonterror kommen: Den Vorgang der SKS oder einer anderen Konsumentenorganisation melden. Diese nehmen alle Meldungen auf und stellen gegebenenfalls Strafantrag. Ferner ist eine Beschwerde beim Seco möglich. Wichtig sind präzise Angaben über die Anrufe: angezeigte Nummer, Datum und Anrufzeit, genannter Firmenname und Gesprächsinhalt. Am besten immer Zettel und Stift bereithalten und die Informationen schon während des Gesprächs notieren.
  5. Einige Telefonanbieter sperren für ihre Kunden auf Wunsch bestimmte Rufnummern. Es gibt darüber hinaus Telefonapparate, bei denen der Kunde selbst Nummern einspeichern und blockieren oder anonyme Anrufe unterdrücken kann.

Umgekehrt lässt sich über die meisten Smartphones/Mobiltelefone eine Liste mit erwünschten Nummern erstellen (geschlossene Gruppe). Nur Personen und Unternehmen aus dieser Liste können das Smartphone anwählen.

Auskunft über die technischen Möglichkeiten geben Telefonanbieter sowie Verbraucherorganisationen.

 

Oberstes Bild: © Bacho – Shutterstock.com

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