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Auch in der Schweiz verstummen die Bienen

22.11.2014 |  Von  |  Beitrag

[vc_row][vc_column][vc_column_text]Die Bienenbestände nehmen weltweit seit Jahren ab, in einzelnen Regionen kommt es zu einem regelrechten Massensterben. Drastische Verluste in der Schweiz gab es 2012, als die Hälfte aller Bienen starb: 100’000 Völker gingen zugrunde.

Der Honig spielt im Zusammenhang mit dem Bienensterben nur eine untergeordnete Rolle. Zwar ist er ein wertvolles Produkt mit zahlreichen positiven Eigenschaften für die Schönheitspflege und Medizin. Viel wichtiger für die Menschen ist aber die Pflanzenbefruchtung durch die Bienen, die zu den fleissigsten bestäubenden Insekten gehören.

Da unser Essen zu rund einem Drittel aus Pflanzen besteht, kann ein massiver Rückgang der Bienen dazu führen, dass unsere Nahrung knapp wird. Das befürchten jedenfalls viele Imker, Ökologen und Wissenschaftler. Etlichen Berichten zufolge würde mit den  Bienen ein Grossteil der kultivierten Obst- und Gemüsesorten verschwinden, darunter Nüsse, Beeren und Kaffeebohnen.

Das Dilemma verschärft sich durch die Tatsache, dass die Weltbevölkerung unaufhaltsam wächst: Schon heute leben gut 7 Milliarden Menschen auf der Erde. Jedes Jahr kommen nach derzeitigem Stand 80 Millionen Menschen dazu.

Aber woran liegt es, dass die Bienen verschwinden? Zum einen ist die Sterblichkeit von Bienen generell verhältnismässig hoch. Die Tiere verbringen den Winter im Stock. In dieser Zeit ernähren sie sich vom gesammelten Honig; Imkerbienen zum Teil auch von einer Zuckerlösung. In sehr kalten Jahren kann das Volk schlicht erfrieren. Weitere Gefahren drohen durch Pilze und Keime, die sich unter dem dichtgedrängten Volk im Stock rasant ausbreiten können. Die Bienen sind zudem im Winter gezwungen, ihren Kot im Stock abzusetzen, was für viele Krankheitserreger einen günstigen Nährboden bildet.

Varroa-Milben und andere Schädlinge gegen meist wehrlose Bienen

Viele Forscher geben der Varroa-Milbe die Hauptschuld am Bienensterben. Der aus Asien stammende Parasit richtet unter den europäischen Bienen viel Unheil an: Die Bienenlarven werden verstümmelt und können sich nicht richtig entwickeln, bleiben schwach und krankheitsanfällig. Bereits bei einem Befall von zehn Prozent geht das Volk zugrunde. Die Imker können nur insofern eingreifen, als sie die Symptome behandeln. In der Schweiz sind nach einer Aussage des Bienenforschers Professor Neumann sämtliche Völker von der Varroa-Milbe befallen. Der Parasit gilt auch als Überträger von Picorna-Viren, die zu einer weiteren Schwächung der Völker führen.

Vor allem in den USA treibt die Buckelfliegenart Apocephalus borealis ihr Unwesen: Sie benutzt die Bienen als Brutstätte für den Nachwuchs und legt ihre Eier einfach direkt in den Hinterleib der Tiere. Sobald die Larven schlüpfen, verändern die Bienen ihr Verhalten, werden orientierungslos, fliegen verwirrt umher. Nach wenigen Tagen sterben sie qualvoll, aus dem Kadaver krabbeln die Fliegenlarven des Schmarotzers.

Neuer Schädling breitet sich in Italien aus

Die europäischen Bienen haben seit kurzem mit einem weiteren Parasiten zu kämpfen: Der Kleine Beutenkäfer (Aethina tumida) stammt aus Afrika. Vermutlich gelangte er per Schiff auf andere Kontinente. Nach Nordamerika und Australien hat es zuletzt Europa getroffen. Derzeit breitet sich der schwarze Käfer in Italien aus, die ohnehin gebeutelten Schweizer Bienenvölker sind unmittelbar bedroht. Der Parasit vermehrt sich rasant, indem er unzählige Eier in Bienenstöcke legt. Schon nach zwei bis drei Tagen schlüpfen die Larven. Sie fressen wahllos Pollen, Waben, vor allem aber die Bienenbrut. Zudem verschmutzen sie mit ihrem Kot den Honig; dieser beginnt zu gären und verdirbt komplett.

Im italienischen Kalabrien gab es im Frühsommer 2014 erste Berichte über Kleine Beutenkäfer, die mehrere Bienenstöcke befallen hatten. Obwohl die betroffenen Stämme sowie alle Stöcke innerhalb einer Sperrzone von zehn Kilometern sofort vernichtet wurden, breitete sich der Parasit aus. Noch gab es in der Schweiz keine Funde, das an Italien grenzende Wallis ist aber stark gefährdet. Zumal einheimische Imker auch nach den ersten Funden noch Völker aus Italien importierten.

Das Kräfteverhältnis von Nützlingen und Schädlingen ist aus dem Gleichgewicht geraten, was vor allem am unbemerkten Import aus anderen Ländern liegt. Gegen einheimische Parasiten können sich europäische Bienen sehr wohl zur Wehr setzen – gegen Einwanderer haben sie kaum eine Chance. Da sie mit der fremden Art bislang nie Kontakt hatten, mussten sie auch keine Abwehrmechanismen entwickeln.[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]

Die Bienenbestände nehmen weltweit ab. In der Schweiz ging der Bienenbestand 2012 um die Hälfte zurück. (Bild: Krit Leoniz / Shutterstock.com)

Die Bienenbestände nehmen weltweit ab. In der Schweiz ging der Bienenbestand 2012 um die Hälfte zurück. (Bild: Krit Leoniz / Shutterstock.com)

[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]Pestizide können ganze Völker vernichten

Selbst der schlimmste Parasit richtet kein derartiges Massaker unter den Bienen an wie bestimmte Pflanzenschutzmittel. Binnen weniger Stunden können ein falsches Pestizid und dessen unvorsichtiger – oder rücksichtsloser – Gebrauch tausende Völker dahinraffen. So geschah es 2008, als in Deutschland auf baden-württembergischen Maisfeldern ein Insektizid mit hochgiftigem Clothianidin aufgebracht wurde. Mehr als 11’500 Völker gingen dabei zugrunde.

In der Schweiz kam es im April 2014 zu einem Vorfall in Zäziwil (Bern): In mehr als 170 Völkern gab es erhebliche Verluste. Untersuchungen an den toten Bienen ergaben, dass die Tiere an Fibronil gestorben sind. Dieses ebenfalls hochtoxische Pestizid ist in der Schweiz gar nicht zugelassen. Die Imker machten zuerst die Obstbauern in der Umgebung verantwortlich, zumal sich auf deren Bäumen vereinzelt ebenfalls Fibronil befand. Die Obstbauern trifft aber keine Schuld: Der Hersteller hat irrtümlich ein hier zugelassenes Pflanzenschutzmittel mit dem Bienengift verunreinigt. Einige Chargen gelangten in den Schweizer Handel. Das Bundesamt für Landwirtschaft hat alle betroffenen Anbieter aufgefordert, noch im Umlauf befindliche Produkte einzuziehen bzw. zurückzurufen.

Eine Vielzahl an Faktoren

Was ist nun die Hauptursache für das Bienensterben? Sind es die Schädlinge, die Viren oder der massive Einsatz von Pestiziden, das schwindende Nahrungsangebot durch Monokulturen, die zunehmende Umweltverschmutzung? Vermutlich führen alle Aspekte gemeinsam zu dem besorgniserregenden Ergebnis.

Quellen (unter anderem)

  • Bericht SWR-Fernsehen (Deutschland) vom 24.09.2014
  • Bericht Walliser Bote 30.09.2014
  • Greenpeace, Webseite
  • Schweizerbauer.ch

 

Oberstes Bild: © Krzysztof Wiktor – Shutterstock.com[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

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