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Die Ressource Sand

03.12.2014 |  Von  |  Beitrag

[vc_row][vc_column][vc_column_text]Unlängst berichteten die Medien mit Besorgnis von der Verknappung von Sand. Während die Ölknappheit bereits seit Jahrzehnten immer wieder Thema ist und wir seit einigen Jahren wissen, dass sich auch die sogenannten seltenen Erden hierzu gesellt haben, bedeutet die Nachricht von der Verknappung von Sand – der einfachen, lockeren Substanz, die einen Teil des Erdbodens bildet – etwas grundlegend neues.

Wie aber ist es möglich, dass ein Stoff, den wir als überall vorhanden wahrnehmen, plötzlich knapp wird?

Der Hauptgrund ist darin zu suchen, dass Sand in erster Linie als Baustoff Verwendung findet – und dies nicht nur im Sandkasten der Kinder, wie wir alle nur zu gut aus eigener Erfahrung wissen. Indien, China und Dubai erleben derzeit eine Hochkonjunktur im Bauwesen, wie sie weder in der Schweiz noch in Europa überhaupt vorstellbar ist.

Zum Bauen werden primär Sand und Kies benötigt, ferner Wasser, das als Anmachwasser notwendig ist, und Zement als Klebstoff, mit dem Beton und Mörtel hergestellt werden. Der Kies verleiht dem Beton die erforderliche Druckfestigkeit. Schliesslich wird in grossen Mengen Stahl eingesetzt, für die Fertigung der Stützkonstruktionen und der Betonarmierungen.

Sand ist auch als Unterschicht für Strassenarbeiten sowie als Zuschlag und wesentlicher Bestandteil von Beton und Mörtel essenziell. Vergegenwärtigt man sich nur einmal die Zusammensetzung von Mörtel, wird das Problem sofort ersichtlich. Der durchschnittliche Maurermörtel besteht aus einem Teil Zement, zwei Teilen Kalkbinder und acht Teilen Sand.

Bis zu 70 Liter, mindestens aber 25 Liter Mörtel pro Quadratmeter benötigt man, um eine tragende Wand von rund 24 cm Dicke zu mauern. Da man zur Herstellung von Bims-, Beton-, und Kalksand-Vollsteinen an sich aber schon riesige Mengen an Sand benötigt, ist die tatsächlich erforderliche Menge an Sand für eine gemauerte Wand noch einmal deutlich höher.

Der internationale Bauboom in China, Dubai und anderswo, der dazu führt, dass Gebäude nahezu wie Fliessbandprodukte aus dem Boden gestampft werden, hat zur Konsequenz, dass die Ressource Sand spürbar abnimmt. Dieses globale Phänomen wird vielerorts wahrgenommen. Da man lange Zeit der Meinung war, das Sand im Überfluss vorhanden ist, hat niemand dieser Entwicklung entgegengewirkt. Mittlerweile hat man aber gemerkt, dass Sand als Baustoff nicht einfach so „da ist“.

Entgegen der landläufigen Meinung ist Sand, anders als die Allerweltsstoffe Kalk, Eisenerz und Kohle, nicht unbegrenzt verfügbar. Und wer jetzt an Wüstensand denkt, wird leider ebenfalls enttäuscht, denn Wüstensand taugt nicht als Baumaterial. Wieso eigentlich?

Der Grund hierfür liegt in den grundlegend anderen technischen Anforderungen, die Bausand erfüllen muss. Der ideale Bausand hat eine definierte Grösse und ist durch eine ganz bestimmte Struktur gekennzeichnet. Eine Grundregel ist, dass je eckiger und scharfkantiger ein Sandkorn ist, desto besser eignet er sich als Zuschlagsstoff für Beton und Mörtel. Diese Art von Sandkörnern leiten die auftretenden Druckkräfte besser weiter, sie verrutschen nämlich nicht.
[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_video link=“https://www.youtube.com/watch?v=xnnexW1sl_o „][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]Wüstensand ist dagegen weder eckig noch scharfkantig; er besteht als Resultat der Wirkung von Wind und Erosion aus runden Perlen. Die Druck- und Querkräfte können daher weit weniger aufgenommen werden, was nach sich zieht, dass der Wüstensand als Zuschlagsstoff weit weniger geeignet ist.

Der bei Weitem beste Bausand ist der von Meeresböden und Stränden. Die Abschleifeffekte, die beim Wüstensand das Problem darstellen, treten hier weit weniger auf. Ist diese Art von Sand erst einmal durch Wasser gebunden, hält sie sich über Jahrtausende an Ort und Stelle. So lässt sich erklären, warum das an Sand eigentlich so reiche Saudi-Arabien Bausand importieren muss.

Das Wissen um diese Tatsache hat unterdessen die Entstehung mafioser Strukturen befördert – mit dramatischen Folgen. Mit illegalen Mitteln wird an allen möglichen Orten der Sand von den Stränden gebaggert und gestohlen. Hierdurch sind ganze Inseln inzwischen in ihrer Existenz bedroht.

Ob Brutstätten für Meerestiere oder Korallenriffe: Die Sandmafia geht rücksichtslos vor und nimmt die katastrophalen Folgen für die Umwelt ohne zu zucken in Kauf.

Statt jedoch diesem Raubbau an der Natur etwas entgegenzusetzen und neue Ideen zur Rettung des Sandes zu entwickeln, stagniert der Erfindergeist. Bislang wurde lediglich darüber nachgedacht, zermahlene Baustoffe aus Abbruchhäusern als Ersatz für Sand zu verwenden.

Die Umsetzung dieser Idee birgt jedoch einige Probleme. Zum einen ist das Zerkleinern sehr kostspielig, da die teuren Spezialmaschinen sehr hohe Betriebskosten auslösen. Wartung und Energiekosten bei dieser Art von Maschinen sind nicht zu unterschätzen. Hinzu kommt, dass sich zermahlene, recycelte Baustoffe nur bedingt als Surrogat für Sand anbieten. Selbst wenn man Recyclingmaterial einsetzt, wird daher zusätzlich auch ein bestimmter Prozentsatz an frischem Sand benötigt.

Wer alle diese genannten Faktoren bedenkt und noch dazu den gesunden Menschenverstand einschaltet, wird nicht nachvollziehen können, wieso man nicht schon längst Technologien entwickelt hat, die es erlauben, den in unendlicher Fülle vorhandenen Wüstensand nutzbar zu machen. Sollte es wirklich keine Verfahren geben, die es gestatten, den arabischen Wüstensand effizient zu nutzen statt ihn für teures Geld zu importieren?

Mit einer schon für wenig Geld aus Kunststoff herzustellenden Fresnelschen Stufenlinse, die der ein oder andere noch von den sogenannten Rückprojektionsfernsehern kennen mag, ist es möglich, Temperaturen von über 2100°C zu erzeugen. Der Schmelzpunkt von Quarz, dem Hauptbestandteil von Sand, liegt bei ca. 1700° C.

Neben dieser Linse werden eine Maschine zur Zerkleinerung, ein Förderband und ein Bagger benötigt. Der aus runden Perlen bestehende Wüstensand wird aufgeschmolzen, anschliessend sofort wieder zerkleinert und schon ist die notwendige scharfkantige Struktur wiederhergestellt. Da in den Boomgebieten Sonne im Überfluss vorhanden ist, liesse sich eine solche Anlage problemlos vor Ort einsetzen. Konzepte dieser Art sind bislang aber noch nicht diskutiert worden.

 

Oberstes Bild: © StudioSmart – Shutterstock.com[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

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