Zulassung von Pestiziden – laut Studie nicht sicher genug
Die Umweltverbände BirdLife Schweiz, Greenpeace Schweiz, Pro Natura und WWF Schweiz haben gemeinsam eine Studie in Auftrag gegeben, die sich mit dem Schweizer Zulassungssystem für Pestizide befasst. Die Untersuchung wurde vom Forschungsinstitut interface durchgeführt. Die Ergebnisse liegen jetzt vor. Danach weist das Zulassungssystem erhebliche Schwachstellen auf. Sie bedeuten nach Ansicht der Verbände Umweltrisiken und Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung.
Bevor Pestizide in der Schweiz eingesetzt werden dürfen, werden sie von den Schweizer Behörden auf ihre Gesundheits- und Umweltrisiken geprüft. Ziel der Zulassung ist es, den Einsatz so zu reglementieren, dass Umwelt und Gesundheit nicht gefährdet werden. In der Studie wird der Schweizer Zulassungsprozess mit ähnlichen Zulassungsverfahren (der Zulassung von Bioziden) und dem Vorgehen in Deutschland und Neuseeland verglichen.
Fünf Schwachstellen identifiziert
Auf Basis der Analyse identifizieren die Umweltverbände fünf relevante Schwachstellen:
- Fehlende Transparenz: Die Begründungen für eine Ablehnung respektive Zulassung eines Pestizids sind nicht öffentlich einsehbar.
- Doppelrolle des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW): Das BLW ist zugleich Anlaufstelle der Antragsteller (d.h. der Pestizidfirmen) und entscheidende Behörde. Das administrative Zulassungsverfahren und der finale Entscheid sollten (wie im Falle von Bioziden oder in der Pestizidzulassung in Deutschland) in der Verantwortung voneinander unabhängiger Instanzen liegen.
- Zu schwache Position des Bundesamts für Umwelt (BAFU): Das BAFU hat kaum Kompetenzen, Pestiziden die Zulassung zu verwehren oder die Zulassung einzuschränken.
- Eingeschränkter Zugang zu Daten aus dem EU-Raum: Viele Erkenntnisse aus der EU werden übernommen, jedoch haben Schweizer Behörden nur eingeschränkt Zugang zu Grundlagen-Daten, die den Europäischen Behörden zur Verfügung stehen.
- Keine kostendeckenden Gebühren: Die antragstellenden Pestizidfirmen zahlen nur einen verschwindend kleinen Anteil der für die Allgemeinheit anfallenden Kosten für die Zulassung.
Intransparenz bewirkt Unsicherheit
Im Juni hatte die Bundesverwaltung eine Anhörung zum Aktionsplan zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln gestartet. „Der Anhörungsvorlage fehlen Vorschläge zur Verbesserung des Schweizer Zulassungssystems. Um Pestizidrisiken für Mensch und Umwelt zu reduzieren, braucht es auch hier Massnahmen“, betont Daniela Hoffman, Landwirtschaftsexpertin des WWF Schweiz.
Ausser im Fall spektakulärer Einzelbeispiele wie bei bienengefährdenden Neonikotinoiden oder dem möglicherweise krebserregenden Glyphosat geschehe die Zulassung von Pestiziden im „stillen Kämmerchen“. Die Beispiele machten deutlich, dass die hohe Komplexität des Verfahrens und die restriktive Informationspolitik des Bundes Misstrauen verursachten und zur Verunsicherung der Bevölkerung beitragen könnten, so der WWF Schweiz.
Für ein sicheres Zulassungsverfahren
Mit der Studie wollen die Umweltverbände grössere Transparenz schaffen und auf Schwächen im System hinweisen. Die Umweltverbände fordern den Bund auf, die Schwachstellen in der Zulassung auszuräumen. Beispiele aus der Vergangenheit zeigten, dass die Prüfung von Chemikalien schon früher immer wieder gravierende Schlupflöcher aufwies.
Galt beispielsweise das offiziell zugelassene DDT vor Jahrzehnten noch als unbedenklich, wisse man heute, welch fatalen Folgen der flächendeckende Einsatz damals noch heute hat. Um solchen Fehltritten in Zukunft vorzubeugen, brauche es ein sicheres Zulassungsverfahren.
Artikel von: WWF Schweiz / BirdLife Schweiz / Greenpeace /Pro Natura
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