Der Rothirsch ist Tier des Jahres 2017

Mit dem Rothirsch (Cervus elaphus) wählt Pro Natura einen „wilden Pendler“ zum Tier des Jahres 2017. Der „König der Wälder“ wandert viel – zwischen Tag- und Nachtquartier sowie zwischen Sommer- und Winterlebensraum. Die stark zerschnittene Landschaft der Schweiz stellt für ihn dabei ein immer grösseres Problem dar.

Pro Natura macht sich mit der Wahl des Rothirschs für die nötige Überbrückung von menschgemachten Hindernissen stark – zugunsten aller Wildtiere.

Die zwei bekanntesten Merkmale des Tiers des Jahres 2017 sind sein majestätisches Geweih sowie sein ohrenbetäubendes Röhren zur Brunftzeit. Weniger bekannt ist, dass Rothirsche ein ausgeprägtes Mobilitätsbedürfnis haben. Sie wandern oft weite Strecken zwischen Tages- und Nachtquartier sowie zwischen Sommer- und Winterlebensraum. Diese Wanderrouten werden in unserer durch Strassen, Schienen und Siedlungen stark zerschnittenen Landschaft immer mehr unterbrochen.

Freie Bahn!

Mit der Wahl des „wilden Pendlers“ zum Tier des Jahres will Pro Natura auf die Wanderbedürfnisse und -nöte vieler einheimischer Wildtiere aufmerksam machen. „Strassen, Schienen und Siedlungen sind die wichtigsten Wanderhindernisse für Wildtiere auf ihren täglichen oder jahreszeitlichen Streifzügen. Es braucht in unserer immer stärker zerschnittenen Landschaft dringend wieder mehr durchgängige Wildtierkorridore, entlang derer sich Tiere ungehindert bewegen können“, fordert Andreas Boldt, Wildtierspezialist bei Pro Natura. Dazu startet Pro Natura eine Kampagne unter dem Motto „Freie Bahn für Wildtiere!“

Majestätische Last

Der Rothirsch ist eines der grössten einheimischen Säugetiere. Beim Männchen werden Schulterhöhen von bis zu 130 cm gemessen. Weibchen sind etwas kleiner. Ihnen fehlt ausserdem das wohl bekannteste Erkennungsmerkmal von Hirschen: Das Geweih. Dieser Kopfschmuck wird jedes Jahr zwischen Frühling und Sommer neu und grösser gebildet. Ein Kraftakt: Bis zu 150 Gramm Knochenmasse produziert ein Tier täglich. Ein ausgewachsenes Geweih wiegt bis zu acht Kilogramm.

Eine „grosse Röhre“

Zur Paarungszeit im Herbst dient das Geweih Platzhirschen dazu, männliche Konkurrenz von den begehrten weiblichen Artgenossinnen fernzuhalten. In dieser Zeit des Jahres ist der „König der Wälder“ am auffälligsten – vor allem fürs Ohr. Mit ihrem erregten Brunft-Röhren umwerben die Männchen paarungsbereite Weibchen. Bis zu 500 Mal in der Stunde brüllt sich ein brunftiger Hirsch die Seele aus dem Leib.


Das Tier des Jahres 2017 weilt majestätisch auf einer Krete. (Bild: © Eric Dragesco)

Der Rothirsch (Cervus elaphus) – das Pro Natura Tier des Jahres 2017 (Bild: © Fotolia / Wolfgang Kruck)

Tier des Jahres 2017 braucht ungestörte Wanderachsen zwischen Tages- und Nacht- sowie Sommer- und Winterlebensraum. (Bild: © Pro Natura / Laudo Albrecht)

Der Rothirsch (Cervus elaphus) – das Pro Natura Tier des Jahres 2017 (Bild: © Prisma / Bernhardt Reiner)

Der Rothirsch (Cervus elaphus), das Pro Natura Tier des Jahres 2017, wird auch „König der Wälder“ genannt. (Bild: © Daniel Walther)

Der Rothirsch (Cervus elaphus) – das Pro Natura Tier des Jahres 2017 (Bild: © Prisma / Reinhardt Hoelzl)

Ein Rothisch auf der Flucht – im Winter besonders energieraubend (Bild: © Eric Dragesco)

Jagdgesetz hat geholfen

Mitte des 19. Jahrhunderts war der Rothirsch in der Schweiz ausgerottet. Die Rückkehr fand ab 1870 von Österreich her statt. Mit dem eidgenössischen Jagdgesetz von 1875 wurden für die Rothirsche entscheidende Verbesserungen eingeführt: Jagdbanngebiete, in denen die Tiere nach wie vor Schutz finden, beschränkte Jagdzeiten sowie der Schutz der weiblichen Tiere. Heute leben wieder etwa 35’000 Rothirsche in der Schweiz.

Von Ost nach West

Die Rückkehr des Rothirschs in seine ursprünglichen Lebensräume ist noch nicht abgeschlossen. Da die Wiederbesiedlung der Schweiz von Osten her geschieht, zeigt sich auch ein auffälliges Verbreitungsmuster: Am meisten Tiere leben im Südosten der Schweizer Alpen. Vorkommen gibt es aber auch im Mittelland. Etwas weniger im Jura. An seiner natürlichen Ausbreitung wird der Rothirsch durch die vielerorts unüberbrückbaren Hindernisse wie Autobahnen, Bahnlinien oder Siedlungen gehindert.

Winter: Stetes Überlebenstraining

Um im Winter Energie zu sparen, fallen Rothirsche für einige Stunden am Tag in eine temporäre Kältestarre. Sie drosseln die Durchblutung des äusseren Rumpfes und der Beine. Die Beinheizung ist abgestellt. Sie sind weitgehend bewegungsunfähig. Bei Störungen in diesen Phasen müssen Rothirsche jedoch innert Sekundenbruchteilen direkt vom Sparmodus in den Vollbetrieb wechseln. Entsprechend hoch ist der Energieverschleiss. Umso wichtiger sind für das Tier des Jahres 2017 absolut ungestörte Winterlebensräume, die als Wildruhezonen geschützt werden.

Besonders Wintersportlerinnen und -sportler sind gebeten, sich an die ausgeschilderten Wildruhezonen zu halten. Informationen zu Lage und Bedeutung dieser Rückzugsgebiete fürs Wild gibt es unter www.wildruhezonen.ch.

 

Quelle: Pro Natura
Artikelbild: Ein röhrender Rothirsch – ein herbstliches Naturhörspiel besonderer Güte @ Blickwinkel – Stefan Gerth

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