Gewitter ist nicht gleich Gewitter

In den vergangenen Tagen wurde der Himmel über der Schweiz wiederholt von Gewittern erhellt. Manchmal handelte es sich hierbei um ordinäre Gewitter, teilweise waren aber auch Starkgewitter dabei, sogenannte Superzellen.

Aber inwiefern unterscheiden sich die beiden Gewitterarten und welche Sorten gibt es noch?

Wiederholt gewittrig

Wie MeteoNews in einer Mitteilung schreibt, zogen seit vergangener Woche wiederholt Gewitter über die Schweiz. Bisher wurden seit Anfangs Juni bereits über 172’000 Blitzentladungen registriert, Spitzenreiter ist dabei ganz klar der vergangene Sonntag mit über 47’000 Entladungen. Aber auch der gestrige Mittwoch hatte es mit über 28’000 Entladungen in sich. Grund für die wiederholte, starke Gewitteraktivität ist ein Höhentrog, welcher sich über dem Atlantik befand und sich diese Woche langsam weiter nach Osten über Frankreich bewegt.

Mit der süd- bis südwestlichen Höhenströmung wurde feuchte und instabil geschichtete Luft zum Alpenraum transportiert, wodurch die Gewitterbildung stark begünstigt wurde. Informationen darüber, welche Faktoren für die Gewitterbildung ebenfalls eine Rolle spielen, gibt es hier.

Während gewisse Regionen von heftigen Unwettern heimgesucht wurden, waren die Gewitter in anderen Orten eher harmlos. Was sind die Gründe dafür, und wie kann man anhand dessen die Gewitter kategorisieren?

Ordinäre, einzellige Gewitter

Ordinäre, einzellige Gewitter können wir am häufigsten beobachten. Stimmen die Faktoren (genügend starke Temperaturdifferenz in der Höhe, Feuchte, konvektives Energiepotential, …), können sich Gewitter bilden: Die in Bodennähe erwärmten Luftmassen steigen auf, der Wasserdampf beginnt zu Kondensieren. Die dadurch freigesetzte Energie sorgt für weiteren Auftrieb, wodurch sich die allzubekannten Gewitterwolken – auch Cumulonimbus genannt – bilden. Durch das Auf- und Abwirbeln kollidieren Eispartikel miteinander, was zu einer Ladungstrennung führt. Dadurch kann in den unteren und oberen Wolkenschichten eine positive Ladung, in den mittleren Wolkenschichten eine negative Ladung vorgefunden werden. Durch Blitzentladungen kann dieser Ladungsunterschied ausgeglichen werden.

Wie kommt es denn nun, dass ordinäre Gewitter vergleichsweise rasch wieder zerfallen? Die Nahrung für ein Gewitter ist die warme, feuchte bodennahe Luft, welche eingesogen und hochgewirbelt wird. Natürlich gehört zu einem Gewitter auch der Niederschlag, die Niederschlagszonen werden wiederum von Verdunstungsprozessen begleitet, wodurch Abwinde entstehen. Nun haben wir sowohl Auf- und Abwinde. Da diese Zonen räumlich nicht genügend voneinander getrennt sind, behindern die Abwinde die Aufwinde und kappen die Zufuhr weiterer „Gewitternahrung“ ab. Das Gewitter schwächt sich ab und zerfällt. In der Regel  weisen solche Gewitter  eine Lebensdauer von 30 bis 60 Minuten auf und werden von teilweise stärkerem Regen und lokalem Hagel begleitet.

Multizellen

Multizellen sind insgesamt langlebiger als ordinäre Gewitter und weisen zudem mehrere Zellen in einem Gewitterkomplex auf. Dies kann man sich folgendermassen vorstellen: Wenn die Winde in der Höhe eine stärkere Windgeschwindigkeit aufweisen als die Winde in Bodennähe (also wenn wir vertikale Windscherung vorfinden), können bei einem Gewitter die Aufwindzone von der Abwindzone getrennt werden. Dadurch kann zum einen die warme, feuchte Luft besser weiter aufsteigen, während die Abwinde etwas separiert sind. Die Abwinde sind verantwortlich für die starken Böen, die sich in Gewitternähe finden. Bei Multizellen können dann die Böen die bodennahe Luft aufwirbeln, wodurch diese eine Höhe erreichen können, in welcher sie dann von selbst weiter aufsteigen können.

Dadurch finden wir bei solchen Gewitterkomplexen mehrere Gewitterzellen in unterschiedlichen Entwicklungsstadien: Vollständig ausgebildete Gewitter, auf deren Vorderseite sich neu bildende Zellen, auf deren Rückseite die bereits zerfallenden Zellen. Durch die vertikale Windscherung, sowie durch stärkere Aufwinde, können sich dann ausserdem grössere Hagelkörner bilden. Die Hagelkörner werden durch die Aufwinde hochgewirbelt, kollidieren mit weiteren Wassertröpfchen und Eiskristallen, welche anfrieren, und fallen vor dem Gewitter durch das Eigengewicht wieder in niedrige Höhenlagen. Je nach stärke der Aufwinde können die Hagelkörner von den Aufwinden erneut erfasst werden, und drehen nochmals eine Runde in der Gewitterwolke. Je länger sich solch ein Hagelkorn in einer Gewitterzelle befinden, desto grösser werden sie.

Superzellen

Superzellen sind deutlich seltener als ordinäre Gewitter und Multizellen und intensiver! Des Weiteren sind sie langlebiger, eine Superzelle kann über mehrere Stunden bestehen. Damit sich solch eine Zelle bilden kann, benötigen wir starke vertikale Windscherung. Man kann sich hierbei vorstellen, dass in bodennähe sich die Luft aufgrund der Windscherung um eine horizontale Achse wirbelt. Diese Achse wird durch die Aufwinde hochgesogen, sodass sich die Luft schlussendlich in der Gewitterwolke um eine vertikale Achse dreht. Dadurch entsteht die typische Mesozyklone – auf Zeitraffern lässt sich diese dadurch erkennen, dass die Gewitterwolke um eine vertikale Achse rotiert. Durch die starken Aufwinde sind ausserdem heftige Niederschläge und grosskörniger Hagel mit im Gepäck. Zudem können im Allgemeinen rund 30% aller Superzellen

Tornados bilden, in der Schweiz geschieht dies allerdings sehr selten. In den vergangenen Tagen durften wir die eine oder andere Superzelle auch in der Schweiz beobachten.

Gewitter lassen sich anhand diverser Charakteristiken auch in weitere Kategorien einteilen, für einen ersten Überblick liegt der Fokus jedoch auf den genannten drei Arten.

Titelbild: Aufnahme der Superzelle, welche am Montag, 21. Juni 2021 über den Zürichsee zog.

 

Quelle: MeteoNews
Bildquelle: Roundshot

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