Wetter: Nachlassender Nordwind

In der Nacht auf heute blies über dem Alpen ein stürmischer Nordwind. Er brachte vor allem dem Alpennordhang ziemlich beträchtliche Neuschneesummen.

Tagsüber liess der Nordwind dann nach, blieb aber ein wetterbestimmendes Element, indem er beispielsweise dem Mittel- und Südtessin einen strahlenden Tag brachte. Deutlich weniger sonnig war es besonders nördlich der Alpen.

In der Höhe ausgeprägtes Starkwindband

In der Nacht auf heute herrschte in grösserer Höhe eine stürmische Nordströmung. Auf 300 hPa (ca. 9000 Meter) wurde um Mitternacht eine Windgeschwindigkeit von etwa 270 km/h festgestellt. Dies ist über der Schweiz selten der Fall. Deutlich stärker sind diese Höhenwinde oft über dem Atlantik ausgeprägt, wo die Windrichtung bei den stärksten Winden meist bei Südwest, West oder Nordwest liegt. Im Winterhalbjahr werden dort hie und da 350 bis 400 km/h erreicht. Diese Höhenwinde werden bekanntlich Jet, genauer gesagt Polarfrontjet genannt. Im Weiteren existiert der sogenannte Subtropenjet, welcher sich beispielsweise oft über Nordafrika zeigt. Er ist in der Regel schwächer als der Polarfrontjet.

Die stärksten Höhenwinde, übrigens ebenfalls meist aus westlicher Richtung, werden über dem Pazifik östlich von Japan auf etwa 40 Grad nördlicher Breite aufgezeichnet. Dort werden im Winterhalbjahr regelmässig 400 km/h überschritten, im Jahr 1970 sind sogar 650 km/h gemessen worden. Dass dort derart extreme Winde verzeichnet werden, ist wohl zu einem Teil auch damit zu erklären, dass der Subtropenjet und der Polarfrontjet sich in dieser Region sehr häufig zu einem einzigen Starkwindband vereinigen.


Geopotential und Windstärke [km/h] auf 300 hPa (ca. 9000 Meter) heute um 0 UTC. Mit 270 km/h tobte auf dieser Höhe ein eisiger Nordwind.

Geopotential und Windstärke [km/h] auf 300 hPa (ca. 9300 Meter) heute Abend um 18 UTC über dem Pazifik östlich von Japan. Mit Geschwindigkeiten von über 400 km/h stellt der dort herrschende westliche Höhenwind den Nordwind über der Schweiz deutlich in den Schatten. Die erwähnte Region ist diejenige Gegend der Erde, wo die stärksten Jetstreams auftreten, wobei die Windgeschwindigkeiten in Extremfällen 600 km/h überschreiten können.

Auch über den Alpengipfeln stürmischer Nord- bis Nordwestwind

Über den Alpen wehten in der Nacht auf heute Dienstag ebenfalls stürmische nördliche Winde. Die Böenspitzen erreichten auf den Alpengipfeln knapp 150 km/h. Dies ist für nördliche Winde ein sehr hoher Wert und wird selten überschritten. Lokal können allerdings gegen 180 km/h erreicht werden, so beispielsweise auf der Krete Cho d’Valletta (Messstation des SLF) oberhalb Samedan.

Anders ist es bei West- bis Nordweststürmen, bei welchen 200 km/h hie und da überschritten werden. In Extremfällen wurden auch schon 250 km/h übertroffen, so beispielsweise bei den Stürmen Vivian vom 27. Februar 1990, beim Sturm Lothar vom 26. Dezember 1999 und bei Sturm Andrea vom 5. Januar 2012. Beim Sturm Andrea wurden bei der Konkordiahütte (Partnermessstation Meteogroup) 270 km/h gemessen, beim Sturm Vivian blieb auf dem Gr. St. Bernhard der Windmesser bei maximal 269 km/h stehen.

Aber auch Süd- bzw. Föhnstürme erreichen gelegentlich Werte von gegen 250 km/h, so besonders am Lauberhorn bei Guggiföhn, wo schon mehrmals 250 km/h überschritten wurden. Beim Föhnsturm vom 29. April 2012 wurden beim Windpark Gütsch ob Andermatt – damit ist nicht unsere Meteostation Gütsch in unmittelbarer Nähe gemeint – 238 km/h aufgezeichnet.

Am schwächsten sind in den Alpen eindeutig die Winde aus dem Sektor Ost. In diesen Fällen werden 120 km/h selten erreicht oder überschritten.


Böenspitzen [km/h] in der Schweiz zwischen gestern 18 UTC und heute 06:50 UTC. Mit bis zu 150 km/h fräste der Nordwind über die Gipfel und Kreten der Alpen.

Der Nordwind strich auch tagsüber noch scharf über die Berge. Hier auf dem Pizzo Matro zwischen der Leventina und dem Bleniotal konnte man den starken Wind auch visuell am aufgewirbelten Schnee erkennen. Fast noch deutlicher ist dies auf den Bergen westlich der Leventina erkennbar, so besonders am Pizzo Forno rechts im Bild. Bildquelle: https://pizzomatro.roundshot.com/.

Kräftige Schneefälle am Alpennordhang

Wie nicht selten bei nordwestlicher Anströmungsrichtung war am Alpennordhang ein bedeutender Neuschneezuwachs zu verzeichnen. Heute am Morgen um 7 UTC konnten verbreitet 20 bis 40 cm Neuschnee aufgezeichnet werden. Lokal kamen sogar bis über 50 cm zusammen, so im Grimselgebiet. Durch die starken nördlichen Höhenwinde wurden die Schneefälle über den Alpenkamm weit nach Süden verfrachtet, so dass auch der Alpensüdhang einige cm Neuschnee melden konnte. Dennoch war die Wetterscheide recht markant, so – wie fast immer – besonders am Gotthard. So wurden beispielsweise im Urner Oberland 30 bis 40 cm Neuschnee registriert, währendem etwa in der oberen Leventina nur noch 5 bis 10 cm totalisiert wurden. Unterhalb von Faido kamen sogar nur noch rund 5 cm zusammen. Fast noch schärfer war die Wetterscheide zwischen der Jungfrauregion und der Gegend von Visp. In der Jungfrauregion konnten 20 bis 40 cm frisch gefallener Schnee gemessen werden, demgegenüber blieb es in den Vispertälern örtlich fast trocken.


24-stündige Neuschneesummen in der Schweiz von heute, den 22. Februar 2022 um 07 UTC. Mit rund 20 bis 40 cm, lokal auch über 50 cm hatte der Alpennordhang am meisten Schnee aufzuweisen, was bei der herrschenden Nordströmung auch den Erwartungen entspricht.

Sonnige Südschweiz

Heute löste der Nordwind die Wolken im Mittel- und Südtessin vollständig auf, so dass ein makellos blauer Himmel und sehr gute Sicht resultierten. Recht viel Sonne wurde auch auf der übrigen Alpensüdseite, im Wallis und im Genferseegebiet notiert. Wenig Sonne gab es bis 15 Uhr Lokalzeit  vom Glarnerland bis zum Säntisgebiet, in Nordbünden und im Jura, aber auch im zentralen und östlichen Mitteland war sie Mangelware. Die geringe Besonnung nördlich der Alpen war nicht nur bedingt durch den Nordstau, denn die im Tagesverlauf aufziehende hohe Bewölkung einer Okklusion trug auch das ihrige dazu bei.


Während am Alpennordhang der Winter sich kräftig bemerkbar machte, klopfte im Tessin vielerorts der Frühling an die Tür. Auf dem Monte San Salvatore bei Lugano liess jedenfalls der Winter aus weiter Ferne grüssen. Bildquelle: https://sansalvatore.roundshot.com/.

Sonnenscheindauer in der Schweiz heute, den 22. Februar 2002, bis 14 UTC (15 LT).

Titelbild: Nicht nur hör und fühlbar war heute der Nordwind, sondern man konnte durch den aufgewirbeltem Schnee auch klar sehen, dass der grimmige Geselle aus dem Norden im Spiel war.

 

Quelle: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz
Titelbild: https://pizzomatro.roundshot.com

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