Schweizer Armee: „Leadership ist Mannschaftssport“ (Videos)
Rund 300 Personen haben am 17. Januar 2023 an den Leadership Talks in Thun teilgenommen.
Vier geladene Referentinnen und Referenten sowie der Chef der Armee, Korpskommandant Thomas Süssli, teilten ihre Überlegungen zu den verschiedenen Facetten von Leadership mit dem Publikum. Eine Frage war dabei zentral: Was genau ist ein echter Leader?
Durch welche Eigenschaften zeichnet sich ein Leader aus? Wie gelingt es einer solchen Führungskraft, erfolgreich zu sein? Wie begeistert und motiviert sie andere? So lauteten die wichtigsten Fragen, die anlässlich der vom Chef der Armee, Korpskommandant Thomas Süssli, organisierten Leadership Talks diskutiert wurden. Als Referenten geladen waren: Prof. Dr. med. Aristomenis Exadaktylos (CH), Direktor der Universitätsklinik für Notfallmedizin am Inselspital in Bern; Lauren Schulz (USA), Leiterin der Unternehmenskommunikation bei Verizon US und ehemaliger Oberstleutnant bei den US-Marines; Rolf Dobelli (CH), Bestsellerautor und Unternehmer; Simon Sinek (USA), international renommierter US-amerikanischer Autor und Referent.
Der Chef der Armee und die vier Referentinnen und Referenten waren sich rasch einig, was eine echte Führungskraft auszeichnet. Ein solcher Leader ist sich gewöhnt, Krisensituationen zu bewältigen, die Verantwortung für eine Gruppe von Menschen zu übernehmen, Ziele zu erläutern und aufeinander abzustimmen und vor allem das Zielbild zu definieren und zu vermitteln. Der Leader ist bescheiden und hält die Fehler- und Feedbackkultur hoch. Er befähigt seine Mitarbeitenden. Vor diesem Hintergrund werden Kader der Armee im Privatsektor sehr geschätzt.
Empathie zeigen
Als erstes legte Prof. Dr. med. Aristomenis Exadaktylos dar, was für ihn Leadership im Umfeld der Notfallmedizin bedeutet. Dabei zog er Parallelen zum militärischen Umfeld. Laut dem Referenten besteht die zentrale Herausforderung in der Förderung eines gemeinsamen Verständnisses und der Teamarbeit sowie in der Verbesserung der eigenen Kommunikationsfähigkeiten. Am Ende steht in der Medizin, gleich wie in der Armee, der Mensch im Mittelpunkt. Wie bei einem Zugführer ist es auch bei einer Ärztin von grundlegender Bedeutung, dass sie empathisch ist und die Gefühle ihrer Mitmenschen versteht.
Ein klares Zielbild
Lauren Schulz, die aktuell im US-amerikanischen Telekomkonzern Verizon die Unternehmenskommunikation leitet, bestätigte als ehemaliger Oberstleutnant bei den US-Marines, dass die militärische Erfahrung für ihre Karriere sehr hilfreich gewesen ist. Die Kompetenzen von Kaderangehörigen der Armee sind ihren Angaben zufolge in einem Unternehmen von wesentlicher Bedeutung. Lauren Schulz unterstrich, wie wichtig eine klare Vision ist: „Die Führungskraft muss ein genaues Bild von Erfolg im Kopf haben. Anschliessend muss sie dafür sorgen, dass sie dieses Erfolgsbild ihren Mitarbeitenden auf verständliche Weise vermitteln kann.“ Lauren Schulz erzählte von einer eigenen Erfolgserfahrung: „Nach dem unerwarteten Ausbruch der Pandemie waren wir in meinem Unternehmen zwar räumlich getrennt. Doch unseren gut aufgestellten und vernetzten Mitarbeitenden gelang es, in selbstständiger Weise und unter Nutzung der eigenen Fähigkeiten erfolgreich zur Erreichung der gemeinsamen Ziele beizutragen.“
Statt auf gut Glück zu agieren, setzt die Armee auf Talent
In seinem Referat trug Unternehmer und Autor Rolf Dobelli, der an der Universität St. Gallen Betriebswirtschaft studiert und an der gleichen Universität in Philosophie promoviert hat, seinen Teil dazu bei, das Profil des Leaders zu vervollständigen. Dabei warnte er die Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer vor Stereotypen und Vorurteilen. Er machte eine klare Unterscheidung zwischen Glück beziehungsweise Zufall und Talent sowie zwischen Denkfehlern und einer Konditionierung hin zu autonomen Entscheidungen und klarem Denken. In der Armee wie auch in der Medizin ist es wichtiger, das Talent einzusetzen, als aufs Geratewohl zu agieren. Eine echte Führungskraft zeichnet sich durch Klarheit im Handeln aus und stützt sich dabei auf Zahlen, Daten oder Fakten ab. Wie auch aus seinem Handbuch Die Kunst des klaren Denkens hervorgeht, sieht Rolf Dobelli den Leader als jemanden, der klar denken kann, die eigenen Fehler nicht wiederholt und sogar von den Fehlern der anderen zu profitieren vermag.
„Leadership ist Mannschaftssport“
Ein guter Coach sagt Ihnen nicht, wie Sie handeln müssen, sondern vermittelt Ihnen die richtige Einstellung. Der bekannte US-amerikanische Autor und Referent Simon Sinek, der per Video zugeschaltet war, rief in Erinnerung, dass Vertrauen und Leadership eng miteinander verbunden sind. Herausragende Führungspersönlichkeiten verstehen es gemäss Simon Sinek, ein erfolgreiches Team aufzubauen. Gleichzeitig können sie auch um Hilfe bitten. Ein militärischer Führer oder eine militärische Führerin weiss um die Wichtigkeit der Teamarbeit und ist sich im Klaren darüber, dass er oder sie nicht über alle notwendigen Kompetenzen verfügt. Simon Sinek fragte die Anwesenden: „Kennen Sie einen Elitesportler oder eine Elitesportlerin, der nicht von jemandem in der Leistungssteigerung unterstützt wird?“ Eine Chefin oder ein Chef setzt in schwierigen Momenten auf das Kollektiv und gegenseitige Hilfe und bittet alle um Anregungen und konstruktive Kritik, damit das Team sich konstant verbessern kann.
Nach einem zweistündigen wertvollen Austausch fand eine abschliessende Diskussion statt, die von Oberst i Gst Mathias Müller moderiert wurde. Die Referentin und die Referenten sowie der Chef der Armee verdeutlichten noch einmal den Stellenwert von Leadership. Korpskommandant Thomas Süssli erinnerte daran, dass Leadership in der Armee eine grundlegende Rolle spielt. So ist das Thema auch in der Vision 2030 verankert. Zum Schluss verkündete Korpskommandant Thomas Süssli seine Absicht, die Leadership Talks 2024 mit anderen hochkarätigen Referentinnen und Referenten zu wiederholen.
Quelle: Schweizer Armee
Bildquelle: ©VBS/DDPS, Bettina Berger