Kanton Zürich: Fachpersonen Justizvollzug - ein Beruf im Wandel
Sicherheit durch Betreuung: An der Jahresmedienkonferenz von Justizvollzug und Wiedereingliederung (JuWe) steht die Fachperson Justizvollzug im Zentrum. Justizdirektorin Jacqueline Fehr und Amtsleiterin Mirjam Schlup zeigen auf, wie sich der Beruf verändert hat und welches Profil heute gesucht wird. Pascal Ernst, angehender Fachmann Justizvollzug in der JVA Pöschwies, gibt einen Einblick in seinen Arbeitsalltag.
Seit 2020 bringt JuWe die besondere Bedeutung der Wiedereingliederung im Amtsnamen zum Ausdruck.
Das oberste Ziel ist, dass straffällig gewordene Personen nach dem Justizvollzug straffrei leben können und kein weiteres Leid verursachen. Dies gelingt mit einer konsequenten Ausrichtung der Arbeit im Justizvollzug an der erfolgreichen Wiedereingliederung. Inhaftierte Personen werden ab dem ersten Tag in Haft darauf vorbereitet, sich in die Gesellschaft integrieren zu können. Über 99 Prozent aller Inhaftierten kommen nach kurzer oder längerer Zeit wieder frei. Sie haben dann eine neue Chance auf ein Leben in Freiheit und werden wieder zu unseren Nachbarn. In diesem Bemühen spielen die Fachpersonen Justizvollzug eine zentrale Rolle. Amtsleiterin Mirjam Schlup: „Die Mitarbeitenden sind wichtige Bezugspersonen der inhaftierten Personen und sie spielen für die Wiedereingliederung eine wichtige Rolle. Ihre Aufgabe verschiebt sich daher seit einigen Jahren immer mehr von der Aufsicht zur Betreuung der Inhaftierten“.
Die Fachperson Justizvollzug betreut die inhaftierten Personen, unterstützt sie bei der Gestaltung des Tagesablaufs, geht auf ihre gesundheitlichen Bedürfnisse ein, sorgt aber auch für Sicherheit und Ordnung in der Institution. Sie muss deshalb unter anderem schwierige und potenziell gefährliche Situationen frühzeitig erkennen und angemessen intervenieren können. Die Fachperson Justizvollzug muss zudem individuell auf die besonderen Bedürfnisse der inhaftierten Personen, ihren psychischen Zustand und ihre Vorgeschichte eingehen und eine positive Beziehung aufbauen können. Dafür bietet der Gruppenvollzug einen gut geeigneten Rahmen.
Soft Skills sind zunehmend gefragt
Bei der Rekrutierung der Fachpersonen werden unter anderem allenfalls vorhandene Kompetenzen geprüft; darunter ihre Fähigkeit zur Empathie, ihre Resilienz sowie ihre Auftritts-, Kommunikations- und Konfliktlösungsfähigkeit. Nach der Rekrutierung erfolgt die eigentliche „On-the-Job-Ausbildung“. Diese beinhaltet nebst Basis- und Einführungskursen auch Weiterbildungen am Schweizerischen Kompetenzzentrum für den Justizvollzug (SKJV) sowie interne Trainings und Weiterbildungen. Dabei werden die benötigten Kompetenzen stetig weiter auf- und ausgebaut.
„Die meisten Menschen können sich verändern, wenn sie die richtige Unterstützung erhalten“
Fachpersonen Justizvollzug kommen aus verschiedenen Berufen: Pascal Ernst war beispielsweise Elektromonteur. Seit drei Jahren arbeitet er in der JVA Pöschwies. „In meinem Beruf sehe ich jeden Tag, dass sich die meisten Menschen verändern können, wenn sie die richtige Unterstützung erhalten. Ich bin stolz darauf, ein Teil davon zu sein“, sagt Pascal Ernst. „Die Betreuungsarbeit nimmt in meinem Alltag die meiste Zeit in Anspruch. Die Gefängnisrealität ist ganz anders als das Bild, das uns in Filmen und Serien vermittelt wird“.
Für Justizdirektorin Jacqueline Fehr stehen Pascal Ernst und seine Kolleginnen und Kollegen stellvertretend für den Wandel, der im gesamten Justizvollzug stattfindet: „Früher betrieben wir ‹Strafanstalten›, heute betreiben wir ‹Wiedereingliederungszentren›.“ Die Fokussierung auf die Resozialisierung sei nicht nur für die betroffenen Menschen wichtig, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzes. „Mit einer erfolgreichen Wiedereingliederung verbessern wir unser Zusammenleben und sorgen gleichzeitig für mehr Sicherheit“, so Regierungsrätin Fehr.
Wiedereingliederung ist Teamarbeit
Zusammengerechnet arbeiten 55 Prozent aller Beschäftigten im JuWe als Fachperson Justizvollzug in den Bereichen „Betreuung & Sicherheit“ und „Arbeit & Beschäftigung“. Daneben gibt es unter anderem noch juristisches, psychologisches oder auch sozialpädagogisches Personal sowie Verwaltungsangestellte. Insgesamt zählt das JuWe knapp 1’200 Mitarbeitende. Sie alle unterstützen straffällig gewordene Personen dabei, in ein deliktfreies Leben zurückzufinden und sich erfolgreich in die Gesellschaft wiedereingliedern zu können.
Lernprogramm „Partnerschaft ohne Gewalt“ erfährt die meisten Zuweisungen
Die Gesamtzahl der Haftplätze aller JuWe-Institution hat mit der Erweiterung des Aufgabengebiets um die vorläufige Festnahme im neu eröffneten Gefängnis Zürich West (GZW) um 117 Plätze zugenommen. Insgesamt hatte JuWe Ende 2022 1’363 Haftplätze; diese verteilen sich auf den geschlossenen Vollzug, den offenen Vollzug, die Untersuchungs- und Sicherheitshaft, die Halbgefangenschaft, die ausländerrechtliche Administrativhaft und die erwähnte vorläufige Festnahme. Die Auslastung der JuWe-Institutionen ist 2022 mit 75,4 Prozent verglichen mit dem Vorjahr stabil geblieben. Die Anzahl Aufenthaltstage von inhaftierten Personen hat sich letztes Jahr mit 369’591 im Vergleich zu 2021 nur leicht erhöht.
Bei den Lernprogrammen ist seit 2020 eine Steigerung zu verzeichnen. Dies liegt unter anderem daran, dass seither das Programm „Partnerschaft ohne Gewalt“ („PoG“) als obligatorisch verordnet wird. Davor konnte dieses nur auf freiwilliger Basis besucht werden. Dieses Lernprogramm verzeichnet die meisten Zuweisungen: Von den insgesamt 398 verordneten Lernprogramm-Besuchen im 2022 fallen 178 auf das „PoG“. Die Programme START für Personen, die risikobereit oder aggressiv fahren sowie das Training für alkoholauffällige Verkehrsteilnehmende („TaV“) gehören ebenfalls zu den am meisten verordneten Lernprogrammen.
Der Jahresbericht 2022 ist unter zh.ch/jahresbericht-juwe zu finden. Themen sind unter anderem die Angehörigenarbeit und ihre Relevanz für die erfolgreiche Wiedereingliederung als auch die neue Aufstellung des Zentrums für ausländerrechtliche Administrativhaft.
Quelle: Kanton Zürich
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