Der Albulapass (rätoromanisch Pass d’Alvra) erreicht auf beeindruckenden 2 312 Metern über dem Meeresspiegel eine der schönsten und technisch anspruchsvollsten Strassen der Schweizer Alpen. Die Passstrasse verbindet Bergün/Bravuogn im Albulatal mit La Punt‑Chamues‑ch im Oberengadin. Gleichzeitig kreuzt auf dieser Achse die legendäre Albulalinie der Rhätischen Bahn – eine 61,7 km lange Gebirgsbahn mit 42 Tunneln sowie 144 Brücken und Viadukten, darunter der berühmte Landwasser-Viadukt mit 65 m Höhe. Seit 2008 gehört diese Bahnstrecke zum UNESCO-Weltkulturerbe – und bildet gemeinsam mit der Passstrasse ein herausragendes Ensemble aus Technik, Tourismus und alpiner Infrastruktur.
In diesem Beitrag erfahren Sie mehr über die verschiedenen Facetten des Passes wie den infrastrukturellen Aufbau, die Sicherheit und die regionale Bedeutung.
Natur & Landschaft
Das Gebiet um den Albulapass ist geprägt von biologischer Vielfalt und verschiedenen Naturphänomenen. Auf der Westseite steigt die Strecke von Dichten Fichtenwäldern, Mooren und alpinen Wiesen über steile Klammen zu schroffen Felsformationen an. Als Teil des Parc Ela, des grössten Naturparks Graubündens, umfasst das Gebiet mehr als zehn Dörfer mit strengen Orts- und Landschaftsschutzaspekten. Zahlreiche seltene Pflanzen wie Arnika, Alpen-Leinkraut und Schneeglöckchen, gedeihen in den alpinen Matten. Hinzu kommen schroffe Hänge, die winterliche Lawinenschübe besonders fördern.
Die Geografie wirkt sich erheblich auf Verkehr und Einsätze aus: Kurvenreiche, schmale Bergstrassen ohne Leitschienen oder Notfallbuchten erschweren oftmals die Rettung. Streckenabschnitte wie beim Bergünerstein laufen zwischen hohen Felswänden, was im Sommer zu Hitzestaus, in der Übergangszeit zu plötzlich glatten Untergründen führen kann. Im Winter hingegen beherrschen meterhohe Schneeansammlungen die Fahrbahn, lawinengefährdete Zonen drohen jederzeit, und starker Wind wirbelt die Schneemassen in gefährliche Verwehungen.
Das Gebiet ist zudem Wasserscheide: Regen vom Pass teilt sich in Wassersysteme Richtung Rhein und Inn, was für Starkregen- und Schneeschmelzeffekte sorgt. Die Polizei und Zivilschutzorganisationen müssen sehr kurzfristig auf situationsbezogene Wetterdaten reagieren – gerade in Frühling und Herbst. Unter anderem beteiligt sich die Kantonspolizei Graubünden durch regelmässige Luftbeobachtung und Strassensperren zur Wahrung der Unversehrtheit von Durchreisenden und Einsatzkräften.
Die Albulalinie – Bahn & technische Geschichte
Errichtet zwischen 1898 und 1904, war die Albulalinie ein Meilenstein im schweizerischen Bahnbau. Sie verläuft teils in engen Klammen und schwindelerregenden Höhen entlang, häufig untertunnelt von der Passstrasse. Der 5 865 Meter lange Albulatunnel unterquert den Gipfel auf etwa 1 800 m unterhalb der Passhöhe. Der heutige Betrieb umfasst Panorama-Züge wie den Glacier Express und Bernina Express – touristische Attraktionen, die unter anderem spektakuläre Ausblicke auf die steile Passpartie und den Albula-Viadukt bieten.
Für Polizei und Bahnverwaltung ist die multifunktionale Nutzung der Strecke eine Herausforderung. Bei Unfall- und Rettungseinsätzen am Pass müssen Einsatzkräfte teilweise über Schienentrassen zur Unfallstelle gelangen – umfangreiche Koordination mit der Rhätischen Bahn und Fahrleitungssicherheit sind deshalb unerlässlich. 2016 zerstörte ein Orkan Teile des Hospiz bei der Passhöhe sowie Überlandleitungen – ein Infrastrukturvorfall, der zeigte, wie anfällig alpine Netze für klimatische Extremereignisse sind. Die Bahn und Polizei reagierten mit verstärkten Schneesicherungsmassnahmen und regelmässigen Trainings lahmgelegter Sektionen, um bei Wiederöffnung sicher agieren zu können.
Kulturelle Bedeutung
Die Geschichte des Albulapasses reicht weit zurück. Bereits im 17. Jahrhundert war dieser Übergang für Handel und Wirtschaft von Bedeutung – 1695 sprengten Einwohner von Bergün erstmals Felswände, um eine befahrbare Route zu schaffen. Damit entstand weltweit die erste Felsdurchfahrt durch gezielte Sprengtechnik. Etwa 160 Jahre später, zwischen 1855 und 1865, entstand erstmals eine regelmässige Fahrstrasse mit 4,20 m Nutzbreite – genügend für Fuhrwerke und später Automobilverkehr. Bis zur Eröffnung der Albulabahn 1904 war der Pass eine wichtige Transitroute für landwirtschaftliche Güter, Viehtransporte und den postalischen Austausch.
Im Jahr 1904 begann eine neue Ära – der motorisierte und ebene Übergang wurde irrelevant. Die lokale Bevölkerung stellte auf Tourismus um: Strassenbeizen, Hospizgasthäuser und inzwischen beliebte Motorrad- und Radsportziele etablierten sich. Ein Beispiel: 2010 fand der „slowUp Mountain Albula“ statt, während der die Strasse zeitweise für den motorisierten Verkehr gesperrt wurde – ein Event, das zeigen sollte, wie Verkehrsmanagement im Einklang mit Erholung und Sicherheit gestaltet werden kann.
Aktivitäten & Erlebnisse
Der Albulapass ist nicht nur eine wichtige Verkehrsverbindung, sondern auch ein attraktives Ziel für Natur- und Kulturliebhaber:innen sowie für sportlich Aktive. Im Sommer lädt die Region zu ausgedehnten Wanderungen entlang der alten Säumerpfade ein, die eindrücklich in die alpine Landschaft eingebettet sind. Besonders lohnenswert ist der Weitwanderweg Via Albula/Bernina, der parallel zur UNESCO-geschützten Rhätischen Bahn verläuft und atemberaubende Ausblicke auf Viadukte, Schluchten und Gletscher bietet. Für Velofahrer:innen zählt der Pass zu den landschaftlich schönsten, aber auch anspruchsvolleren Alpenrouten der Schweiz – mit 1’800 Höhenmetern, steilen Kehren und spektakulären Panoramablicken.
Wer es gemütlicher mag, steigt in den Zug: Die Albulalinie der Rhätischen Bahn gilt als technische Meisterleistung, deren kurvenreiche Trasse mit Kehrtunneln und hohen Brücken Eisenbahnfreunde aus aller Welt anzieht. Auch Familien und Ausflügler finden rund um den Pass zahlreiche Angebote, etwa den Erlebnisspielplatz in Preda, das Bahnmuseum Albula in Bergün oder Naturlehrpfade zur alpinen Flora und Geologie.
Im Winter verwandelt sich die Region in ein ruhiges Schneesportgebiet für Skitourengänger, Schneeschuhwandernde und Langläufer, wobei der Pass selbst dann für motorisierten Verkehr gesperrt ist – was die Umgebung besonders naturnah und still macht. Ein besonderes Highlight ist der jährlich stattfindende slowUp Mountain Albula, bei dem die Passstrasse einen Tag lang autofrei bleibt und ganz dem Langsamverkehr gehört – ein Festtag für Velos, Trottinetts, Skater und Wandernde.
Verkehrssicherheit & Prävention
Die Wintersperre dauert von November bis Juni, abhängig von Schneelage und Lawinenrisiko. Meterhohe Schneezungen, Verwehungen und rutschgefährdete Passstrecken würden sonst erhebliche Risiken für Reisende und Einsatzkräfte bedeuten. Hinzu kommt eine spezielle Nutzung: Der Abschnitt Preda–Bergün wird zur längsten Natur-Schlittelbahn Europas, etwa 6 km lang bei 400 m Höhenunterschied.
Die Rhätische Bahn übernimmt den Transport der Schlitten und Passagiere. Der Wartungs- und Sicherheitseinsatz während dieser Zeit ist aufwändig:
Lawinengalerien werden gesichert und laufen durch Schutznetze.
Die Polizei plant Zugangskontrollen an Bahnhöfen und Bushaltestellen, um regelmässige Rückhaltungen zu vermeiden.
Regelmässige Sirenenübungen dienen zur Evakuierung kleiner Lawinenauslösungen.
Für Einsatzkräfte ist diese Wintersaison eine besondere Herausforderung: Es handelt sich nicht mehr um motorisierten Verkehr, sondern um Massenbewegungen von Schlittlern, die ungeschützt unterwegs sind – mit Risiken wie Kollisionen, Überschlägen und Unterkühlung. Ein robustes Rettungskonzept, schnelles Verständnis für Touristen und klare Durchsagen sind unverzichtbar.
Das alpine Terrain rund um den Pass ist nicht nur ein Hochrisikogebiet für Verkehr – auch Lawinen ereignen sich spontan. Besonders auf Passstrassenabschnitten mit enge Kehren und hohen Felswänden. Ein spektakulärer Vorfall geschah 21. Mai 2016 nahe Bergün: innerhalb weniger Minuten wurden zwei Fahrzeuge von Lawinen verschüttet – zum Glück konnten alle Insassen ihre Fahrzeuge unverletzt verlassen. Die Kantonspolizei Graubünden reagierte sofort mit Strassensperrung und Lagebewertung für die Wiederöffnung.
In Zusammenarbeit mit Zivilschutz, Feuerwehr und der Bahn wurde das Gebiet evakuiert, gesichert und nach der Entschneiung der Strasse die Freigabe durchgeführt. Solche Szenarien erfordern umfangreiche Einsatzplanung, die Polizei trainiert regelmässig Lawinenlagen mit mobilen Geräten . Notfallpläne beziehen neben Fahrzeugsperrung und Umleitungen auch Kommunikation mit Medien, Warnapp-Systeme und social-media-Kanäle ein.
Diese Lawinenereignisse verdeutlichen die Bedeutung eines professionellen Lawinenrisikomanagements – inklusive Einsatz von Lawinensprenger, Galeriebau und Stabilitätsmessungen entlang der Hangstrassen. Im Winter fungiert die Polizei auch als Koordinator zwischen lokalen Veranstaltungen und dem Lawinenpersonal
Polizeiliche Prävention am Pass basiert auf mehreren Bausteinen:
Beschilderung – Mass für Breite, Höhe, Gewicht – sorgt für einschränkende Regelung.
Spezielle Kamera- und Kennzeichensysteme (CTT) an Passzügen ermöglichen Verkehrsanalysen.
Gezielte Geschwindigkeitskontrollen, besonders in Kurven und bei Kälte – um riskantes Fahrverhalten abzubauen.
Verkehrsinformation – über Webseiten, Social Media, Warn-Apps; vor allem bei kurzfristiger Sperrung.
Koordination mit Events – SlowUp, Alpinathlon etc., mit teils 30-minütiger Sperre während Peakzeiten. Polizei organisiert die Präsenz von Ordnungskräften, Sanitätern und Absperrposten.
Langfristig ist die Einführung leistungsfähiger Kameras und Frühwarnsysteme vorgesehen – um bei sich ändernder Gelände- und Wetterlage schnell reagieren zu können. Die Polizei nutzt Fallbeispiele aus den 2000er-Jahren zur Positionierung von Notfallbuchten, ersten Aid-Points und ruhenden Verkehrskontrollen auf den Passzufahrten. Das Ziel: Unfälle vermeiden, Engpässe frühzeitig erkennen und Leben retten.
Ergänzend werden temporäre Halteverbote zur Lenkung des Besucheraufkommens eingesetzt, insbesondere an Wochenenden mit erhöhtem Ausflugsverkehr. Auch Drohneneinsätze zur Lageeinschätzung und Unterstützung bei Suchaktionen sind inzwischen in Pilotphasen erprobt worden. Zusätzlich sind Schulungen für Einsatzkräfte vorgesehen, um in alpinen Notsituationen schnell und effizient Hilfe leisten zu können.
Fazit
Der Albulapass repräsentiert eine Schnittstelle aus alpiner Schönheit, technischer Innovation und polizeilicher Verantwortung. Hier treffen Verkehrsplanung, Lawinensicherung, Rettung und Naturschutz in einem anspruchsvollen, faszinierenden Terrain aufeinander.
Der Pass steht für gebündelte Expertise: Polizei, Rettung, Bahn und Zivilschutz agieren durch strukturierte Abläufe. Der Betrieb erfordert dynamische Strassensperren, klare Warnsysteme und dafür geschulte Einsatzkräfte. Verkehrsmanagement, Lawinenschutz und Einsatzfähigkeit sind dauerhaft miteinander verzahnt – zum Schutz von Mensch, Natur und Infrastruktur.
Gleichzeitig bietet der Albulapass unzählige Möglichkeiten zur aktiven Erholung: Ob Wandern auf historischen Säumerpfaden, Velotouren entlang der Panoramastrasse, Skitouren in der kalten Jahreszeit oder entspannte Ausflüge mit der Rhätischen Bahn – der Pass ist ein alpines Erlebnis für Sportbegeisterte, Naturliebhaber und Familien. Veranstaltungen wie der „slowUp Mountain Albula“ schaffen Raum für nachhaltige Mobilität und gemeinsames Erleben – ohne Motorenlärm, aber mit viel Bewegung und Aussicht.
polizei.news empfiehlt: Vor einer Tour unbedingt den aktuellen Passstatus prüfen, saisonale Sperrungen und lokale Beschränkungen beachten – und stets auf unerwartete Wetterumschwünge vorbereitet sein. Der Albulapass bleibt ein Highlight – für Entdecker, Technikfans, Outdoorfreunde und Einsatzkräfte gleichermassen.