Staatsverträge vors Volk: Ja, bitte!

Eine zunehmende Internationalisierung der Schweiz hat zu einem wachsenden Demokratiedefizit im Bereich der Aussenpolitik geführt. Folge: Das Schweizer Stimmvolk hat bei wichtigen Fragen immer weniger mitzureden. Diese Entwicklung gilt es mit einem Ja zur Initiative „Staatsverträge vors Volk!“ am 17. Juni 2012 zu stoppen.

Immer mehr EU-Recht wird in Schweizer Gesetze gegossen. Bilaterale Verträge bereiten einem schleichenden EU-Beitritt den Weg. Und im Euro-Krisenschlamassel hängt die Schweiz auch schon drin – über Milliarden-Zusicherungen an den IWF. Beschlossen wird das alles über die Köpfe der Wähler hinweg. Soll das Volk also weiter das Denken den Regierenden überlassen – und im Zweifelsfall die Zeche zahlen?

Die AUNS (= Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz) hält mit ihrer Initiative „Staatsverträge vors Volk!“ dagegen. Sie fordert, dass Staatsverträge künftig zwingend dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden. Die Instrumente der direkten Demokratie sollen damit künftig nicht nur in der Innenpolitik, sondern verstärkt auch in der Aussenpolitik Anwendung finden. Auf diese Weise soll die Souveränität des Schweizer Volkes gegenüber supranationalen Institutionen (vor allem der EU) gestärkt werden.

Die Gegner der Initiative (sie befinden sich mit 55 Prozent gegenüber 33 Prozent Befürwortern derzeit im Aufwind) haben leider keine überzeugenden Argumente vorzuweisen. So sagen sie, dass die Schweizer Wähler angeblich bereits genügend Mitsprachemöglichkeiten im Bereich der Aussenpolitik hätten (etwa mittels fakultativer Referenden). Doch wenn dies stimmt, wie konnte es dann in den letzten Jahren zu dem bedenklichen Demokratiedefizit kommen?

Sind Schweizer Wähler wirklich zu blöd für aussenpolitische Themen?

Ausserdem würde laut Gegnern eine Annahme der Initiative zu einem erhöhten Abstimmungs- und Kostenaufwand führen. Dabei ist gerade mal mit drei bis vier zusätzlichen Vorlagen im Jahr zu rechnen. Andere wiederum befürchten eine Stärkung der SVP, welche die Initiative lancierte. Die wichtige Frage „Mehr Demokratie in der Aussenpolitik?“ sollte man jedoch unabhängig von parteipolitischen Überlegungen und Präferenzen entscheiden.

Letztlich steht hinter der Position der Gegner ein Hauptargument, das sich als Totschlag-Argument erweist: Das Volk sei schlicht zu blöd, um über Staatsverträge zu entscheiden. Daher sollte man lieber auf die Entscheidungskompetenz der Politik-Experten in der Landesregierung vertrauen. Ein 20-Minuten-Leser formuliert das so:

Da ich die Mehrheit des Schweizer Volkes nicht für fähig halte, Staatsverträge in ihrer Komplexität wirklich verstehen und beurteilen zu können, werde ich ‚Nein‘ stimmen. Egal, wer welche Plakatkampagnen macht. Mir graut bei der Vorstellung, dass Stammtisch-Halbintelligenzler und Blick-Leser über Staatsverträge abstimmen.. 

Dem Volk mehr vertrauen als den Regierenden

Dieses Pseudo-Argument macht mich persönlich wütend – denn es beleidigt die Stimmbürger. Wer sich selbst nicht genügend Entscheidungskompetenz zutraut, sollte diese wenigstens nicht anderen rundweg absprechen und ein ganzes Volk zu geistig begrenzten Stammtischlern erklären. Der Einwand „zu komplex“ lässt sich schliesslich auf jedes Politikfeld übertragen – mit diesem Totschlag-Argument könnte man dem Volk jede Mitbestimmung entziehen. Ist nicht zum Beispiel auch die Gesundheitspolitik hochkomplex und kompliziert? Warum sollte das Volk also über „Managed Care“ abstimmen dürfen?

Das naive Vertrauen in die Weisheit der Regierenden bei gleichzeitigem Misstrauen gegenüber dem Volk teile ich nicht. Im Gegenteil meine ich, dass ein gesunder Argwohn gegenüber den Regierenden angebracht ist und das Volk so viel wie möglich selbst und direkt entscheiden sollte: Je mehr (direkte) Demokratie, desto besser!

Wer in die Expertise und Kompetenz der regierenden Politiker vertraut, muss sich nur einmal die herrschende EU-Elite vor Augen halten. Die idiotische Entscheidung, Griechenland in den Euro aufzunehmen, haben Politiker getroffen – am Volk vorbei. Merke: So dumm wie einzelne Politiker kann die Masse der Wähler gar nicht sein. Wer will, dass Schweizer Bürger künftig besser vor hirnrissigen Entscheidungen aus Brüssel geschützt werden, sollte am 17. Juni mit Ja stimmen!

Siehe auch einen klasse Beitrag zum Thema im Blog Sackstark!: Das Schweizer Volk soll über Staatsverträge mitbestimmen

 

Oberstes Bild: © bikeriderlondon – shutterstock.com

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