Phänotypisierung: Bundesrat will neue Methoden für Ermittlungen nutzbar machen
Mit der sogenannten Phänotypisierung sollen die Strafverfolgungsbehörden künftig mehr Informationen aus einer DNA-Spur herauslesen und damit ihre Ermittlungsarbeiten besser und rascher fokussieren können.
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 4. Dezember 2020 die Botschaft zur Änderung des DNA-Profil-Gesetzes zuhanden des Parlaments verabschiedet.
So sollen aus einer DNA-Spur neben dem Geschlecht weitere äusserlich sichtbare Merkmale einer Person wie beispielweise Haar- und Augenfarbe untersucht werden können. Der Bundesrat will damit bei Verbrechen neue Methoden für die Ermittlungsarbeiten nutzbar machen und so die Sicherheit der Bevölkerung verbessern. Weiter vereinfacht das Gesetz die Löschfristen für DNA-Personenprofile und regelt explizit den Suchlauf nach Verwandtschaftsbezug.
Das Wichtigste in Kürze:
Die Strafverfolgungsbehörden sollen ihre Ermittlungsarbeit mit der Phänotypisierung künftig besser und rascher fokussieren können.
Der Bundesrat will die neuen, forensischen Methoden bei Verbrechen wie etwa Vergewaltigung und Mord nutzbar machen und damit eine ermittlungstechnische Lücke schliessen.
In anderen Ländern hat sich die Phänotypisierung bereits als wirksames Instrument für die Aufklärung von Verbrechen erwiesen.
Die Festlegung der Löschfristen von DNA-Profilen wird vereinfacht und die Suche nach Verwandtschaftsbezug explizit im Gesetz verankert.
Wird am Tatort biologisches Spurenmaterial (wie Blut, Sperma, Haare, usw.) sichergestellt, lässt sich daraus ein DNA-Spurenprofil erstellen. Mit der sogenannten Phänotypisierung ist es möglich, aus einer DNA-Spur äusserlich sichtbare Merkmale einer unbekannten Person herauszulesen. Diese forensische Methode sollen die Strafverfolgungsbehörden künftig als Ermittlungsinstrument bei der Aufklärung von Verbrechen nutzen können. Der Bundesrat setzt damit die Motion 15.4150 Vitali „Kein Täterschutz für Mörder und Vergewaltiger“ um. Mit diesem Instrument passt die Schweiz ihr Gesetz dem wissenschaftlichen Fortschritt an.
Heute darf aus einer DNA-Spur nur das Geschlecht bestimmt werden. Neu sollen auch die Wahrscheinlichkeiten von Augen-, Haar- und Hautfarbe, die mögliche biogeografische Herkunft sowie das Alter eruiert werden dürfen. Welche Merkmale untersucht werden dürfen, wird im Gesetz abschliessend festgelegt. Damit berücksichtigt der Bundesrat Rückmeldungen aus der Vernehmlassung. Er kann in Zukunft weitere äusserliche Merkmale festlegen, wenn sich ihre Bestimmung als zuverlässig erweist.
Raschere Fokussierung bei Ermittlungen
Aus der Phänotypisierung gewonnene Informationen können der Polizei wertvolle Hinweise für die Ermittlungsarbeit liefern. Neben Zeugenaussagen oder Auswertungen digitaler Daten ergibt sich durch die Phänotypisierung ein präziseres Bild des gesuchten, unbekannten Spurenlegers. Ermittlungen können so rascher fokussiert, der potentielle Täterkreis eingegrenzt und gleichzeitig Unbeteiligte entlastet werden. Dieses Instrument wird bereits in verschiedenen Ländern erfolgreich genutzt und hat die Aufklärung von zahlreichen Delikten unterstützt.
Das Analyseergebnis der Phänotypisierung darf nur für die Ermittlungen in einem konkreten, aktuellen Fall verwendet und nicht in der DNA-Datenbank gespeichert werden. Die Methode soll für die Aufklärung von Verbrechen angewendet werden dürfen, also bei Straftatbeständen, welche mit einer maximalen Freiheitsstrafe von mehr als 3 Jahren bestraft werden – wie beispielsweise Vergewaltigung oder Mord. Bei Vergehen wie etwa Sachbeschädigung steht die Methode nicht zur Verfügung. Die Phänotypisierung muss durch die Staatsanwaltschaft angeordnet werden. Somit schlägt der Bundesrat dem Parlament eine ausgewogene und praktikable Lösung vor.
Gesetzliche Regelung des Suchlaufs nach Verwandtschaftsbezug
Weiter wird der sogenannte Suchlauf nach Verwandtschaftsbezug explizit im Gesetz geregelt. Meldet die DNA-Datenbank beim Abgleich einer DNA-Spur keinen Treffer und sind bislang alle Ermittlungen ergebnislos geblieben, ist ein solcher Suchlauf eine weitere Option, um die Person zu identifizieren, von der die sichergestellte DNA-Spur stammt. Ergibt sich in der Datenbank eine Übereinstimmung, wird im Kreis der Verwandten nach dem Spurenleger gesucht. Gestützt auf die Rechtsprechung des Bundesstrafgerichts will der Bundesrat nun den Suchlauf nach Verwandtschaftsbezug im Gesetz ausdrücklich verankern. Dieser Suchlauf ist ebenfalls nur für die Aufklärung von Verbrechen zulässig und wird durch die Staatsanwaltschaft angeordnet.
Vereinfachung der Löschregelung von DNA-Personenprofilen
Die heute geltende Löschregelung von DNA-Personenprofilen ist mit hohem administrativen Aufwand verbunden. Künftig wird die Aufbewahrungsdauer der DNA-Personenprofile in der DNA-Datenbank einmalig im Urteil festgelegt. Einzig bei Verwahrungen und therapeutischen Massnahmen bleiben die Löschfristen vom Vollzug der Sanktion abhängig. Dadurch wird das Löschprozedere deutlich vereinfacht. In der Vernehmlassung wurde der Vorschlag des Bundesrates zur Neuregelung der Löschfristen allseitig unterstützt.
Quelle: fedpol
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