Jail-Train – Gefangenentransport in der Schweiz
Vielleicht haben Sie schon mal auf einer Autobahn im Ausland einen Gefangenentransportbus gesehen und sich gefragt, wie eigentlich Gefangene in der Schweiz transportiert werden.
In diesem Beitrag beantworten wir diese Frage und fassen interessante Fakten zum Thema Gefangenentransport zusammen.
Warum Gefangenentransporte durchgeführt werden
Es gibt verschiedene Gründe, weshalb Straftäter transportiert werden müssen. Die häufigsten sind die Verlegung von der Untersuchungshaft in den Vollzug sowie die Vorladung vor ein Gericht. Des Weiteren werden Transporte im Rahmen von Abschiebungen und Ausweisungen durchgeführt. Auch wenn ein internationaler Haftbefehl vorliegt und der Straftäter in ein anderes Land ausgeliefert werden soll, muss ein reibungsloser Transport gewährleistet sein.
Transportmittel für Straftäter damals und heute
Gefangenentransporte werden unter besonderen Sicherheitsmassnahmen durchgeführt, welche den Gefangenen an der Flucht hintern sollen. Neben Handschellen und eventuell Fussfesseln, bedarf es entsprechenden Fahrzeugen.
Die Zeiten, als durch Preussen die sogenannte „Grüne Minna“ rollte, sind zum Glück vorbei. Dabei handelte es sich um eigenes für den Transport von Gefangenen ausgerüstete Pferdekutschen. Weder waren diese ausbruchsicher, noch schützten sie die Straftäter ausreihend vor den Blicken der Bevölkerung.
Letztes wird vom Europarat gefordert. Durch den Sichtschutz sollen Mindestgrundsätze im Umgang mit Häftlingen eingehalten werden. Noch um die Jahrtausendwende ging jeder Gefangenentransport in der Schweiz mit einem Auto vonstatten, oder schlimmer: in einem Gepäckwagen der Schweizer Bundesbahn in Einzelzellen. Es gab lediglich eine Zelle pro Wagon und diese waren im Laufe der Zeit menschenunwürdig geworden. Kot und Urin am Boden, beschmierte Wände und gerade mal ca. ein Quadratmeter Platz sowie die fehlende Heizung konnten nicht mehr hingenommen werden. Ein wesentlicher Mängel war auch die Tatsache, dass die Tür ausschliesslich von der Polizei geöffnet werden konnte. Die Schweiz wurde für diese Art des Häftlingstransportes sogar von der Folterkommission in Brüssel zurechtgewiesen. Vor rund 20 Jahren fand dies ein Ende. Der Jail-Train, das rollende Gefängnis auf Schienen, nahm seinen Dienst auf.
Der Jail-Train – der moderne Schweizer Gefangenentransport
Um zeitgemässe Voraussetzungen zu schaffen, wurden mehrere Bahnwagen umgebaut. Sie erhielten menschenwürdigere Zellen und Toiletten. Die Bahnen fahren als Extrazüge regelmässig auf festgelegten Strecken. Sie sind täglich zwischen Zürich, Basel, Bern und Genf unterwegs. Die Bewachung übernehmen Mitglieder der Securitas. Somit handelt es sich bei dem Gefängniszug um ein Projekt, für welches SBB und Securitas gleichermassen verantwortlich sind.
Der Wagon besitzt einen Durchgang in der Mitte und links und rechts vergitterte Zellen. Darin befinden sich Bänke, auf denen die Häftlinge sitzen aber auch liegen können. Anders als auf der Strasse, umgeht man auf der Schiene eventuelle Staus und Umleitungen und kommt so mit den Straftätern normalerweise planmässig von A nach B. Die Häftlinge bekommen einen Snack und können jederzeit die Toilette benutzen. Die Betreuung während der Fahrt ist ohne Unterbrechung gewährleistet.
Vielleicht stellen Sie sich jetzt die Fragen, ob das nicht etwa zu viel Luxus sei und ob keine Gefahr für die Betreuer besteht? Einerseits sind Nahrung und die Möglichkeit, ein WC aufzusuchen, ein menschliches Bedürfnis, welches nicht verwehrt werden darf. Anderseits werden von den Securitas Mitarbeitern keine Schwerkriminellen begleitet. Häftlinge, die wirklich gefährlich sind, werden nach wie vor durch die Polizei begleitet und transportiert.
Der Jail-Train verkehrt wie bereits erwähnt, auf festen Strecken. In den Bahnhöfen werden die Gefangenen auf Transporter verteilt und mit diesen zum Zielort, etwa zum Gefängnis oder zum Gericht befördert.
Wenn der Jail-Train eine Panne hat
Im August dieses Jahres ist es passiert: In einem Bahnhof im Kanton Bern musste der Jail-Train aufgrund einer technischen Panne einen ungeplanten Stopp einlegen. Der Zwischenfall verlief reibungslos, aber nicht unbemerkt. Ein Grossaufgebot der Kantonspolizei Bern mit Diensthunden war rasch zur Stelle und nahm die Straftäter in Gewahrsam. Die Sicherheit war gewährleistet, die defekte Zugkomposition wurde abgestellt und der Transport neu organisiert.
Der Jail-Train in der Kritik
Auch wenn der Transport im Gefangenenzug gegenüber der früheren Verlegung im Gepäckwagen eine deutliche Verbesserung darstellt, gibt es auch reichlich Kritik. So bemängelt beispielsweise Antira das rollende Gefängnis. Die Vorwürfe: Einerseits entstehen hohe Kosten, die sich auf rund 8 Millionen Franken jährlich belaufen. Von diesen übernimmt der Bund ein Drittel, zwei Drittel die Kantone. Anderseits ist der Zug fensterlos. Die 18 Zellen sind eng und durch Gitterstäbe abgeteilt. Das führt zu abgestandener Luft. Bemängelt wird auch die permanente Videoüberwachung.
Fakt ist, dass der Jail-Train aufgrund der Kritik des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte an den früheren Transporten eingeführt wurde. Er bildet eine deutlich bessere und akzeptable Möglichkeit des Gefangenentransportes. Anders als früher sind die Straftäter während der Fahrt nicht mehr isoliert und es steht ständig ein Betreuer zur Verfügung. Die menschenunwürdige Isolation in der Einzelzelle wurde abgeschafft, auch das öffentliche Umsteigen auf dem Bahnhöfen entfällt. Die Persönlichkeitsrechte können durch den Jail-Train besser geschützt werden: Er hält in den Bahnhöfen jeweils an Gleisen, zu denen die Polizeifahrzeuge eine direkte Zufahrt haben. Insgesamt wird auf einen diskreten Ablauf geachtet.
Wie viel Information erhält die Securitas?
Datenschutz und Persönlichkeitsrechte müssen gewährleistet werden, aber ist das überhaupt möglich, wenn Mitarbeiter der Securitas die Gefangenentransporte begleiten? Tatsache ist, dass die Securitas von der Polizei den Auftrag erhalten, eine oder mehrere Personen zu transportieren. Sie erfährt weder persönliche Daten des Häftlings noch den Grund des Transportes. Bei ausländischen Straftätern wird der Aufenthaltsstatus nicht bekanntgegeben. Die Sicherheitsfirma unterstützt die Polizei, wodurch diese mehr Kapazitäten für Aufgaben zur Verfügung hat, die nur Polizeibeamte ausführen können.
Die meisten Häftlinge verhalten sich kooperativ. Kommt es doch einmal zu einem Zwischenfall, etwa weil ein Gefangener sich weigert, in den Jail-Train zu steigen, wird die Polizei aufgeboten. Schusswaffen tragen die Securitas-Mitarbeiter nicht, sie sind aber stets zu zweit unterwegs und mit Pfefferspray ausgerüstet.
Interessieren Sie sich für die Arbeit der Securitas? Dann finden Sie nachfolgend Adressen und Informationen
Securitas AG
Schweizerische Bewachungsgesellschaft
Telefon: +41 58 910 11 11
E-mail: info@securitas.ch
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