Wie viel Lärm darf sein?
von Agentur belmedia
Hauptproblematik ist dabei sicherlich der Individualverkehr, dazu kommen Lärmbelästigungen durch den öffentlichen Verkehr, Flugzeuge, Maschinen und Industrieanlagen. Und selbst das, was für einige Musik ist, bedeutet für andere eine unerträgliche Geräuschkulisse.
Der Schrecken der Stille
Kaum ein moderner Mensch weiss noch, was wirkliche Stille ist. Wer dieses Erlebnis einmal hautnah auf sich wirken lassen will, kann dies beispielsweise auf einem Wüstentrip in afrikanischen Reiseländern erleben. Hier kommt besonders nachts eine absolute Stille auf, die vielen modernen Zeitgenossen fast schon Angst macht. Kein Rauschen der Bäume, kein ferner Flieger am nächtlichen Himmel, kein Auto und nicht einmal das entfernte Rattern eines Güterzuges stören in der nackten felsigen Wüstenlandschaft beispielsweise auf dem Sinai das Gefühl der natürlichen Taubheit.
Zuviel Lärm macht krank
Ganz anders sieht es in den industrialisierten Zivilgesellschaften aus, in denen eine gewisse Geräuschkulisse praktisch zu jeder Tageszeit vorhanden ist. Besonders dort, wo viel Verkehr herrscht, kann der Geräuschpegel bis auf ein unerträgliches Mass ansteigen. Selbst dann, wenn man sich an gewisse Belästigungen gewöhnen kann, führen diese auf Dauer doch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Die ständige Berieselung mit unterschiedlichsten Geräuschen hält das Nervensystem unbewusst ständig auf Anspannung, stört einen notwendigen gesunden Schlaf und führt allgemein zu Stress.
Wer sich beruflich oder in der Freizeit in besonders lauten Umgebungen immer wieder länger oder ständig aufhält, riskiert sogar erhebliche Störungen der Hörorgane, die sich auf Dauer auch manifestieren können.
Krücken taugen nicht zum Sprinten
Lärmschutzwände, verbesserte Fenster und Türen, gedämmte Wände und vielerlei andere Massnahmen helfen nicht wirklich, dem Lärm konsequent zu Leibe zu rücken. Letztlich sind solche technischen Massnahmen ähnlich wie Ohrstöpsel und Gehörschutz nur Krücken, die im Kampf gegen den Lärm nicht zum Sprinten taugen.
Vielmehr muss dort angesetzt werden, wo der Lärm tatsächlich entsteht. Eine der grössten Lärmquellen auch in der Schweiz ist der Strassenverkehr. Zwar versprechen die Autohersteller immer leisere Autos, gedacht ist hier aber bestenfalls an die Geräuschentwicklung im Fahrzeuginnenraum. Was draussen vom Autofahren an Geräuschen ankommt, resultiert nicht nur aus der Lautstärke der Motoren, sondern auch aus der Beschaffenheit von Strassenbelag und Reifen. Und nicht zuletzt nerven auch die Fahrer, die Ihre Soundanlage im Auto soweit aufdrehen, dass es schon zu einer öffentlichen Beschallung kommt.
Gefragt sind in puncto Strassenlärm also nicht nur die Autohersteller selbst, sondern eben auch die Konstrukteure und Entwickler von Reifen und Strassenbelägen.
Vielfalt an Massnahmen gegen den Lärm ist gefragt
Findige Strategen meinen, dem Strassenlärm mit Tempolimits entgegenwirken zu können. So haben sich gerade in Grossstädten wie Zürich immer mehr Tempo 30-Zonen etabliert, die aber am eigentlichen Problem auch nichts ändern. So entwickelt beispielsweise ein Motor im 2. Gang bei Tempo 30 eine wesentlich höhere Lautstärke, als dasselbe Fahrzeug im 4. Gang bei Tempo 50. Auch in Bezug auf die Abrollgeräusche sind kaum signifikante Verbesserungen nachweisbar.
Hier wird einfach der Autofahrer zum Sündenbock erklärt und was angeblich dem Lärmschutz dient, wirkt sich letztlich in Sachen Abgasbelastung wieder gegenteilig aus. Fahrzeuge, die in der Stadt langsamer fahren müssen, verbleiben entsprechend länger auf der Strasse und stossen entsprechend mehr Abgase aus.
Der Autofahrer taugt nicht zum Sündenbock
Denken wir uns einfach den Individualverkehr von der Strasse weg, stellen wir ganz schnell fest, dass auch andere Lärmquellen zur Belästigung werden. Da sind beispielsweise die eigentlich sinnlosen Laubbläser und -sauger im Herbst, die Lärmemissionen von Industrieanlagen, vorsintflutlich laut knatternde Rasenmäher und eine Menge landwirtschaftlicher Maschinen, die mehr oder weniger sinnvoll die menschliche Arbeit erleichtern sollen.
Selbst das Gewusel tausender Menschen in den Einkaufszonen der Städte sorgt für eine ständige Lärmkulisse, die schon nervtötend wirken kann. Der Autofahrer allein reicht also als Sündenbock längst nicht mehr aus.
Was bleibt zu tun?
Stellt sich die Frage, wie dem zunehmendem Lärm effektiv begegnet werden kann. Hier muss wohl zuerst an den gesunden Menschenverstand appelliert werden. Gesetzliche Einschränkungen sind immer nur ein Hilfsmittel und beschränken immer auch die Freiheiten der anderen. Insofern sollte sich jeder zunächst so verhalten, dass vermeidbare Belästigungen der Mitmenschen durch Lärm möglichst gering gehalten werden können. Da darf dann auch mal die Musikanlage im Auto leiser gestellt werden und vielleicht ist eine elektrischer Rasenmäher für den Rasen im kleinen Vorgarten genauso leistungsfähig wie sein benzinbetriebener Bruder.
Überdenkt man alles, was in unserer Industriegesellschaft Lärm macht, dann lässt sich vieles davon mit einem veränderten Verhalten der Menschen selbst spürbar ändern.
Dazu bedarf es allerdings einer Einsicht, die sich erst langsam durchsetzen wird. Und sicherlich nicht nur mit solchen „Erfindungen“ wie dem „Tag gegen den Lärm“. Gehen Sie doch einfach einmal in aller Ruhe in sich und geniessen Sie die Ruhe, die Sie in Ihrem persönlichen Bereich erreichen können!
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