SWISSCOY: Wertvolle Erfahrungen in internationalen Planungsprozessen
Oberstleutnant im Generalstab Giovanni Ciarulli bekleidet im SWISSCOY Kontingent 47 die Funktion des Chief Tactical Effect Center (C TEC) im Camp Bondsteel im Kosovo. Der Berufsoffizier arbeitet in einem internationalen Umfeld als Unterstabschef auf Brigadestufe im Regional Command East der KFOR.
Im Interview erzählt er von den wertvollen Erfahrungen, die er während seines Einsatzes sammeln kann, von seinen persönlichen Herausforderungen und dem Return on Invest, den er durch sein Engagement in der Friedensförderung in die Schweizer Armee zurückbringen kann.
Oberstlt i Gst Giovanni Ciarulli, können Sie sich kurz vorstellen?
Sehr gerne – ich bin 37 Jahre alt, verheiratet und Vater von zwei Kindern. Nach einer Lehre als Koch habe ich mit Mitte 20 meine Laufbahn als Berufsoffizier gestartet – mein Berufswunsch seit ich ein kleiner Junge war. Nach dem Bachelor in Staatswissenschaften an der Militärakademie (MILAK) arbeitete ich in verschiedenen Führungspositionen innerhalb des Lehrverbands Logistik und bin aktuell Klassenlehrer in der Logistik Offiziersschule 40 in Bern. Nach meinem Einsatz hier in der SWISSCOY resp. der KFOR darf ich im Herbst die Stelle als Kommandant Stellvertreter/Stabschef des Ausbildungszentrum Verpflegung antreten, wo ich einst meine Ausbildung zum Unteroffizier absolviert habe. In der Miliz war ich stets bei der Gebirgsinfanterie tätig und bin seit 2020 als Generalstabsoffizier im Stab der Territorialdivision 3 tätig. Nächstes Jahr habe ich zudem die Chance, das Territorialdivision Stabsbataillon 3 übernehmen und führen zu dürfen.
Welches ist Ihre Funktion im Einsatz und was ist Ihr Aufgabenbereich?
Hier im Einsatz arbeite ich als Chief TEC im Tactical Effects Center des Regional Command East (RC-E). Als Unterstabschef auf Brigadestufe rapportiere ich an den Kommandanten des RC-E und befehlige Offiziere und Unteroffiziere aus diversen Nationen. Meine Funktion ist als eine Art Mischung zwischen einem G2 (Unterstabschef Nachrichtendienst) und G3 (Unterstabschef Operationen) zu verstehen, wobei ich alle nicht-kinetischen Effekte und Einsätze zu verantworten habe. Diese beinhalten beispielsweise die Führung der LMT’s durch das kinetische Bataillon, die Koordination und Umsetzung zivil-militärischen Projekte, Gespräche und Absprachen mit verschiedenen Interessengruppen (Politiker, NGOs etc.), welche dazu dienen, die Ziele der KFOR zu erreichen.
In meinem TEC Unterstab arbeiten bis zu 15 Unteroffiziere und Offiziere, welche in vier verschiedene Zellen unterteilt sind: Die Operationszelle, die Informationszelle, die zivil militärische Kooperationszelle und die Bewertungszelle. Meine Aufgabe ist es, diese Zellen durch vier Direktunterstellte zu führen, Informationen und Aufträge zu priorisieren, die entsprechenden Ressourcen zuzuordnen, diese mit dem Stab und dem KFOR HQ zu synchronisieren und die bekannten „4 K“ (kommandieren, kontrollieren, korrigieren, Konsequenzen ziehen) umzusetzen.
Wie ist es für Sie, im internationalen militärischen Umfeld zu arbeiten?
Mein Unterstab, koloriert durch fünf verschiedene Nationen, grosse Alters- und Erfahrungsunterschiede und verschiedene Herangehensweisen, generiert eine unglaubliche Arbeitsatmosphäre und resultiert in präziser Stabsarbeit. Das Tactical Effects Center besteht zu einem grossen Teil aus US-Soldaten der Indiana National Guard, welche einen unglaublichen Erfahrungsschatz aus anderen Missionen mitbringen. Gemeinschaft wird im TEC gelebt, was den Korpsgeist im Stab des RC-E erheblich fördert.
Oft werde ich auf die Sprachbarriere angesprochen, die in einem internationalen Umfeld durchaus eine Herausforderung sein kann. Ich bin ein offener und kommunikativer Typ und springe gerne ins kalte Wasser, auch was die Sprache angeht. Ich nehme die Sprachbarriere im TEC nur selten wahr und die Verständigung klappt wunderbar. Sollte es doch einmal ein Missverständnis geben, haben mir bis jetzt immer eine Tafel Schokolade, sowie die gute alte Schweizer Freundlichkeit geholfen, dies zu beseitigen.
Wie werden Sie als Angehöriger der Schweizer Armee im Regional Command East wahrgenommen?
Die Arbeit von uns Schweizer Offizieren hier im RC-E wird sehr geschätzt. Ich empfinde es so, dass unsere präzise, teilweise auch pedantische Arbeitsweise, aber auch unsere strukturierte, analytische Herangehensweise sehr positiv wahrgenommen werden. Ich persönlich konnte jedoch auch viel von den anderen Nationen profitieren, vor allem von den US-Amerikanern. Sei es von ihrer unkomplizierten, jedoch rasch agierenden Art, Operationen und Einsätze durchzuführen, oder ihrem taktischen Können. Nach sechs Monaten im Einsatz werde ich einen Rucksack voller Erfahrungen im Bereich Führung, Personalmanagement sowie der nicht-kinetischen Herangehensweise zurück in die Schweiz und die Armee bringen. All diese Eindrücke und Fertigkeiten werden mir auch in meinen zukünftigen Funktionen stets zugutekommen und mir ebenfalls einen Mehrwert im Bereich der Interoperabilität schaffen.
Quelle: Schweizer Armee
Bildquelle: Schweizer Armee