Kanton Bern: Totalrevidiertes Polizeigesetz geht an den grossen Rat

Der Regierungsrat hat das grundlegend überarbeitete Polizeigesetz zuhanden des Grossen Rats verabschiedet.

Mit der Totalrevision soll einerseits die Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinden optimiert und der administrative Aufwand verringert werden. Andererseits sollen die polizeilichen Mittel zur Kriminalitätsbekämpfung gestärkt werden. Das neue Polizeigesetz ist in der Vernehmlassung mehrheitlich und gesamthaft positiv aufgenommen worden. Es soll am 1. Januar 2019 in Kraft treten.

Das heute zwanzigjährige Polizeigesetz ist trotz zwischenzeitlicher Änderungen nicht mehr zeitgemäss und musste grundlegend überprüft werden. Insbesondere die im Jahr 2007 beschlossene Einführung der Einheitspolizei, die bedeutende Veränderungen in der Aufgabenteilung und Zusammenarbeit zwischen der Kantonspolizei und den Gemeinden mit sich brachte, soll weiter optimiert werden. Die der Kantonspolizei zur Verfügung stehenden Mittel zur Kriminalitätsbekämpfung sollen den heutigen Bedürfnissen und Herausforderungen angeglichen werden.

Unbestrittenes und bewährtes Vertragssystem

Das bestehende und bewährte Vertragssystem zwischen Kanton und Gemeinden im Bereich der Sicherheitspolizei stiess in der Vernehmlassung auf grundsätzliche Zustimmung. Die Zusammenarbeit zwischen Kantonspolizei und den Gemeinden funktioniert gut und muss lediglich punktuell optimiert werden. Der Ressourcenvertrag für Gemeinden mit besonderen Sicherheitsbedürfnissen soll beibehalten werden. Mit dem neuen Brennpunktvertrag erhalten die übrigen Gemeinden ein weiteres flexibles Instrument, um individuelle Sicherheitsanliegen anzugehen.

Reduktion des Verwaltungsaufwands als Kernanliegen

Weiterhin stellt die Polizei die Interventionsbereitschaft im Ereignisfall in allen Gemeinden sicher. Die Kosten der Ereignisbewältigung (polizeiliche Intervention) und der polizeilichen Vollzugshilfe von heute gesamthaft 11,8 Millionen Franken werden neu pauschaliert und von allen Gemeinden abgestuft nach ihrer Bevölkerungsgrösse getragen.

Der Kanton übernimmt weiterhin die Hälfte dieser Kosten und vollumfänglich die gerichtspolizeilichen Kosten. Mit der pauschalen Abgeltung wird ein Bereich der öffentlichen Sicherheit, den die Gemeinden nicht steuern können (Einzelereignisse und Vollzugshilfefälle), administrativ vereinfacht und damit auch die Kantonspolizei zu Gunsten der Sicherheit entlastet. Dieser Kernpunkt der Revision erhielt in der Vernehmlassung eine hohe Zustimmung und wurde nur vereinzelt hinterfragt.

Identitätsfeststellungen durch Gemeindemitarbeitende

Der Gesetzesentwurf erweitert die Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden im Bereich der öffentlichen Ordnung. Ihre dafür ausgebildeten Mitarbeitenden erhalten neu die Kompetenz, selbstständig Identitätsfeststellungen vorzunehmen. Um das staatliche Gewaltmonopol zu wahren, schliesst das Gesetz die Aufgabenübertragung an Private aber aus. Die Meinungen in der Vernehmlassung waren in diesem Punkt geteilt. Namentlich eine Mehrheit der Gemeinden hätte es begrüsst, wenn Private künftig in ihrem Auftrag Identitätsfeststellungen, verbunden mit der Androhung einer Busse im Verweigerungsfalle, durchführen könnten. Der Regierungsrat lehnt indes eine weitergehende Aufweichung des Gewaltmonopols und des von den Stimmberechtigten bestätigten Systems der Einheitspolizei ab.

Verbesserte Massnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung

Die Grundlagen zur Bekämpfung von Stalking und häuslicher Gewalt werden mit dem neuen Recht weiter ausgebaut. Die bewährten Instrumente der polizeilichen Wegweisung und Fernhaltung können in diesem Bereich neu mit einem Kontakt- und Annäherungsverbot ergänzt werden. Damit wird der Schutz besonders verletzlicher Personen verbessert, was in der Vernehmlassung auf breite Zustimmung gestossen ist.

Weiter werden die gesetzlichen Grundlagen für die polizeiliche Vorermittlungstätigkeit sowie verdeckte Fahndungs- und Ermittlungstätigkeiten geschaffen. Damit erhält auch die Kantonspolizei zeitgemässe Instrumente zur Erkennung und Verhinderung von Straftaten. Wie in Strafverfahren bedürfen die Massnahmen einer gerichtlichen Genehmigung. Der Rechtsschutz wurde nach verschiedenen Hinweisen in der Vernehmlassung weiter gestärkt. Auch der Datenschutz im Polizeibereich wird weiter ausgebaut und ausführlicher als bisher geregelt.

Eigenständiger Erlass für private Sicherheitsunternehmen

Die beabsichtigte Regelung zu den privaten Sicherheitsunternehmen ist im Rahmen der Vernehmlassung nur begrenzt auf Zustimmung gestossen. Zwar wird eine gesetzliche Regelung von den Vernehmlassungsteilnehmenden grundsätzlich begrüsst, jedoch werden höchst unterschiedliche Regelungsansätze gefordert, namentlich ein Beitritt zu einem der beiden bestehenden Konkordate über die privaten Sicherheitsunternehmen.

Diese Ausgangslage erschwert die Weiterbearbeitung dieses Bereichs, was die Revision des Polizeigesetzes als Ganzes verzögern kann. Der Regierungsrat erachtet es daher als zielführend, die Bestimmungen zu den privaten Sicherheitsunternehmen aus der Revision des Polizeigesetzes heraus zu trennen und in einer eigenständigen Gesetzesvorlage weiterzuverfolgen.

Ein zeitgemässer und umfassender Erlass für den Polizeibereich

Mit der vorliegenden Revision wird schliesslich das Personal- und Dienstrecht der Kantonspolizei, das bis anhin im Gesetz über die Kantonspolizei geregelt ist, in das Polizeigesetz integriert und gleichzeitig punktuell erneuert. In der Vernehmlassung war dieses Kapitel weitgehend unbestritten. Insgesamt verfügt der Kanton Bern damit über einen umfassenden und zeitgemässen Erlass für den Polizeibereich.

Das neue Polizeigesetz soll in der Novembersession 2017 und Märzsession 2018 vom Grossen Rat beraten werden und per 1. Januar 2019 in Kraft treten.

 

Quelle: Kanton Bern, Regierungsrat
Artikelbild: Pilgerzeit – shutterstock.com

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