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Griechenland: Es geht um Gas und Öl

25.07.2013 |  Von  |  News

Wer Griechenland bislang nur mit Feta-Käse und Ouzo, nicht aber mit Erdgas und Erdöl in Verbindung gebracht hat, bekommt im aktuellen Bestseller des deutschen Börsenexperten Dirk Müller („Mr. Dax“) „Showdown – Der Kampf um Europa und unser Geld“ Erstaunliches zu lesen.

Vieles deutet nämlich darauf hin, dass dem Publikum bei der „Griechenland-Rettung“ auf der Bühne etwas anderes vorgespielt wird als das, was tatsächlich hinter den Kulissen abläuft – ein verdeckter Kampf um griechische Ressourcen.  

Vorweg hat Dirk Müller für den Leser eine überraschende Nachricht: Griechenland besitzt sagenhafte Vorkommen an Erdöl und Erdgas – eins der grössten Rohstoffvorkommen in Europa! Das ruinierte Land sitzt also auf ungeahntem Reichtum.

Um dies zu belegen, reiste Müller vor Ort, wo ihm führende griechische Geologen die Existenz der Energievorkommen bestätigten. Letzte Sicherheit gab ihm ein Gespräch mit Dora Bakojannis, der griechischen Aussenministerin (2006 bis 2009), die ihm versicherte, dass Griechenland auf Gasvorkommen in der Grössenordnung Libyens sitzt.

Dank dieses Reichtums könnte das ruinierte Land sein Schuldenproblem locker lösen – nämlich mit Öl- und Gastexporten statt mit Spardiktaten und Milliarden-Rettungspaketen. Wäre das nicht toll? Doch genau dies ist offenbar nicht erwünscht, denn hinter den Kulissen tobt der Kampf um griechische Ressourcen.

Anschlagspläne eines westlichen Geheimdienstes in Griechenland

Als mächtige Konkurrenten treten hierbei die USA und Russland auf, die sich gegenseitig die Energieversorgung Europas streitig machen wollen. Als Beispiel nennt Müller eine wichtige Gaspipeline im Süden. So planen die Russen (Energiekonzern Gazprom) zusammen mit Italien (Energiekonzern Eni) eine Pipeline namens „South Stream“ – während die Amerikaner gemeinsam mit europäischen Staaten das „Nabucco-Projekt“ planen (mehr dazu im Buch, S. 69-82).

Vor dieser Folie erscheinen die Vorgänge in Griechenland ab 2008 in einem besonderen Licht. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wurde der damalige griechische Premier Karamanlis für die Amerikaner zum Problem, da er auf Annäherungskurs zu Russland ging. Er kündigte an, sich an der russischen Pipeline South Stream zu beteiligen, und traf sich in fünf Monaten zweimal mit dem russischen Präsidenten Putin. Ob es in den Gesprächen auch um die Erschliessung griechischer Gasfelder ging, ist zwar nicht sicher – vieles deutet aber laut Müller darauf hin.

Was dann passierte, liest sich wie in einem Agententhriller: Im Januar/Februar 2009 erhält der griechische Geheimdienst EYP eine Warnung durch den russischen Geheimdienst FSB. Es gebe Informationen für Anschlagsplanungen eines westlichen Geheimdienstes mit dem Ziel, die aktuelle griechische Energiepolitik zu beenden. Der griechische Geheimdienst gab diese brisante Information in dem Dokument „Sonderbericht No. 219 / 5 Februar 2009“ an Karamanlis weiter.

Die Destabilisierung Griechenlands

In dem griechischen Geheimdienstbericht wurden die Anschlagspläne als „Teil einer grösseren Aktion zur Destabilisierung Griechenlands“ dargestellt. Dazu gehörten unter anderem auch Aktionen zur Destabilisierung der Wirtschaft sowie die Erzeugung von Unruhen und Anschlägen. All dies war 2008 zu beobachten. Zwar gab der EYP zu bedenken, dass der Wahrheitsgehalt der Informationen nicht vollständig gewiss sei, da sie ausschliesslich von russischer Seite stammten. Doch Karamanlis gab offenbar soviel darauf, dass er seinen Abtritt aus der Politik einem möglichen vorzeitigen Ableben vorzog.

Dirk Müller überlässt es dem Leser, ob dieser darin eine blosse „Räuberpistole“ oder Fakten sehen möchte. Dennoch betont er, dass vieles auf einen harten Kern der besagten Zusammenhänge hinweist. Denn immerhin erhob die griechische Staatsanwaltschaft im Frühjahr 2012 Anklage gegen Unbekannt wegen Hochverrats und des Versuchs der Destabilisierung Griechenlands sowie des geplanten Umsturzes der Regierung Karamanlis.

Auch die weitere fatale Entwicklung Griechenlands nach dem Rücktritt Karamanlis unter dessen Nachfolger Papandreou erscheint in einem neuen Licht. Denn, wie Müller detailliert aufzeigt, alles sieht danach aus, dass Papandreou als ausführende Marionette der USA agierte – mit dem Ziel der Destabilisierung des Landes (durch drakonische Sparpakete) und des Schürens von Konflikten mit Europa, insbesondere Deutschland (durch die Rettungsschirm-Politik).

Das grosse Schweigen der Medien

Im Zentrum stehen dabei stets die griechischen Rohstoffe. Denn was folgt nach dem völligen Zusammenbruch des Landes? Dann, so Müller, ist der IWF zur Stelle, um sein spezielles „Angebot“ an Griechenland zu unterbreiten:

„Hier sind ein paar Unternehmen aus der amerikanischen Öl- und Gasindustrie, die würden eure bescheidenen Rohstoffvorkommen gerne fördern. Ihr habt ja weder das Geld noch das Wissen, um es selbst zu machen. Aber wir wollen ja nicht so sein. Wenn ihr denen die Förderrechte abtretet, dann bekommt ihr auch 25 Prozent des Gewinns ab.“ (S. 76)

Dirk Müller sagt nicht, dass dies alles genau so und nicht anders ist. Er tut nur das, was jeder gute Journalist machen sollte – nämlich interessante Fragen zu stellen. Eine der offenen Frage ist: Warum wird in der Politik und den Medien die Existenz riesiger Öl- und Gasvorkommen in Griechenland verschwiegen? Und warum wird Griechenland mit sinnlosen Sparprogrammen in bürgerkriegsähnliche Zustände getrieben?

Eine Antwort darauf ist von den führenden Europa-Politiker nicht zu erwarten – für sie und die Mainstreampresse sind diese Fragen tabu. Ein schönes Lehrstück dazu lieferte die ZDF-Sendung von Markus Lanz, bei dem Dirk Müller zu Gast war: Geradezu panisch haute der Moderator dem Börsenexperten die Totschlag-Vokabel „Verschwörungstheorie“ um die Ohren – während der Attackierte gelassen blieb. Die besseren Argumente hat Dirk Müller schliesslich auf seiner Seite.



 

Quellen + Buchtipp: Dirk Müller: Showdown, Der Kampf um Europa und unser Geld, Droemer 2013.
cashkurs.com – unter diesem Link sind alle benutzen Quellen für „Showdown“ aufgeführt

 
Oberstes Bild: © SKatzenberger – Shutterstock