Der schwierige Umgang mit der Wahrheit
von Olaf Hoffmann
Mittlerweile läuft ein neuer, viel heftigerer Kalter Krieg, der mit den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden neue Nahrung erhalten hat. Vermeintliche Freunde spionieren sich gegenseitig aus, alles Fremde wird als bedrohlich deklariert und die Bereitschaft zum Schaffen neuer Krisenherde steigt täglich. Bekannt wurde jetzt, dass neben Snowden auch ein weiterer Whistleblower aus den Kreisen der NSA aktiv sein dürfte. Wie schwer sich die USA und andere scheinbar demokratische Staaten mit der Wahrheit tun, beschreibt dieser Beitrag.
Wikileaks war nur der Anfang
Einen Raunen ging um die Welt, als die Plattform Wikileaks mit der Veröffentlichung geheimer Dokumente Schlagzeilen machte. Es erfasste die grosse Politik genauso wie die Wirtschaft und den interessierten Normalbürger. Besonders bei den Entscheidern in Wirtschaft und Politik machte sich Angst breit, mehr oder minder sensible Geheimnisse könnten gefährlich werden. Wurden sie auch, weil sie durchaus auch Machenschaften entlarven konnten, die so gar nichts mit einer demokratischen Rechtsstaatlichkeit beispielsweise in den USA oder anderen westlich orientierten Ländern zu tun hatten.
Dem Spuk sollte ein schnelles Ende bereitet werden. Nicht nur die Quellen der geheimen Dokumente mussten mundtot und damit unschädlich gemacht werden. Auch die Plattform selbst steht seit ihren ersten Veröffentlichungen unter heftigem Beschuss. Den Höhepunkt der Affäre bildete ein Haftbefehl gegen den Wikeleaks-Gründer Julian Assange. Nicht etwa wegen seiner Veröffentlichungen, sondern vielmehr wegen einer Vergewaltigung, die er begangen haben soll. Ein eigenartiges Szenario, das schon als Verschwörung gegen die Wahrheit verstanden werden könnte. Assange lebt heute seit gut zwei Jahren in der ecuadorianischen Botschaft in London und versucht, aus dem Exil heraus weiter aktiv zu bleiben.
Weniger Glück hatte Chelsea Manning, auch bekannt als Breadley Manning. Die Soldatin der US Army hatte Wikileaks im Jahr 2010 geheime Dokumente der US-Regierung zugespielt, die unter anderem auch Völkerrechtsverletzungen nachwiesen. Manning wurde zu 35 Jahren Haft verurteilt, die sie jetzt in den USA absitzen darf. So stellt man Geheimnisverräter ins gesellschaftliche Abseits, vor allem dann, wenn unbequeme Wahrheiten aufgedeckt werden.
Snowden ist nicht allein
Ein neuer Höhepunkt der Veröffentlichung geheimer Erkenntnisse wird mit den Äusserungen Edward Snowdens gesetzt. Wieder fühlen sich die USA unter Druck, wieder zeigt sich, mit welch perfiden Methoden die Wahrheit unterdrückt und verschleiert werden soll. Für Snowden war es nicht mehr mit dem Gewissen (und sicherlich auch nicht mit seinem Verständnis von Rechtsstaatlichkeit) zu vereinbaren, wie beispielsweise die NSA praktisch jeden Winkel fremdstaatlicher, eigenstaatlicher und ganz privater Lebensräume ausspioniert und dabei auch nicht vor Wirtschaftsspionage und ähnlichen Entgleisungen haltmacht.
Was folgte, wer hätte es anders erwartet, war die strafrechtliche Verfolgung Snowdens in den USA. Im russischen Exil plaudert Snowden weiter über die Machenschaften der NSA – und ist damit nicht allein.
Offenbar gibt es in den Kreisen der NSA einen weiteren Whistleblower
Wie jetzt bekannt wurde, gibt es einen weiteren Whistleblower, der brisante Daten aus dem Bestand der NSA liefert. Der Name ist der Öffentlichkeit noch nicht bekannt, vielleicht aber dem Snowden-Vertrauten Greenwald. Der hatte bereits vor einiger Zeit schon verlauten lassen, dass es einen weiteren Informanten gebe. Klar wurde die Angelegenheit erst, als neuerlich erschienenes Datenmaterial abgeglichen wurde.
So tauchte eine Datenbank auf, die laut CNN eine Liste von etwa einer halben Million Personen enthält, von denen vermeintlich eine terroristische Gefahr ausgehen könnte. Reuters spricht sogar von weltweit etwa 680’000 Personen. Diese gehören dann auch zu denen, die auf den Listen unerwünschter Flugpassagiere auftauchen. Die Datenbank ist datiert auf eine Zeit, in der Snowden bereits nicht mehr in der NSA aktiv war.
Insgesamt stuft die NSA die neuerlich abgeschöpften Daten als weniger brisant ein als jene, die Snowden veröffentlicht hatte. Dennoch wird geprüft, ein Ermittlungsverfahren zu eröffnen. Wie hoch der Schaden durch den neuen Whistleblower sein könnte, ist bislang ungewiss.
Der schwierige Umgang mit der Wahrheit
Besonders auf die NSA bezogen zeigen die USA, wie schwer sie sich im Umgang mit der Wahrheit tun. Schon die Fälle von Assange, Manning und Snowden haben bewiesen, dass die Geheimdienste der USA durchaus mit unlauteren bis kriminellen Methoden überall spionieren und schnüffeln, wo sie irgendwie Zugang erhalten können. Da wird weder auf Freund noch Feind Rücksicht genommen, sämtliche verfügbaren Datenkanäle werden angezapft, und wer irgendwie das Spiel der USA nicht mitspielt, erscheint per se auf den roten Listen.
Da reicht es schon aus, wenn man sich im Internet über Verschlüsselungsmöglichkeiten für den Zugang zum Internet erkundigt. Allein diese Verweigerung gegenüber den Schnüffelpraktiken des Weltpolizisten USA sind geeignet, Aufmerksamkeit zu erregen. Über Menschenrechte, das Suchen und Schaffen von Kriegsgründen und andere unbequeme Wahrheiten soll hier gar nicht erst geschrieben werden. Herzlich willkommen zurück im Kalten Krieg!
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