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Biosolarzellen könnten signifikanten Beitrag zur Energieproduktion leisten

06.02.2014 |  Von  |  Beitrag

Biogasanlagen sind vor allem innerhalb der letzten zehn bis fünfzehn Jahre in das Bewusstsein der europäischen Bevölkerung gerückt.

In der Schweiz wurde am 1. Januar 2009 mit der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) eine gesetzliche Förderung für die Energieproduktion aus nachwachsenden Ressourcen eingeführt, was auch den Betreibern von Biogasanlagen zugute kam.

Im Jahr 2010 waren insgesamt 119 Erdgastankstellen registriert, die Naturgas mit einem Anteil von 10 Prozent Biogas anboten. Die schadstoffarme Gasherstellung durch bakterielle Zersetzung von Biomasse steht jedoch oft in Konkurrenz zur Nahrungsmittelerzeugung. Die Flächen, auf denen Biomasse zur Vergasung angebaut wird, könnte auch zur Nahrungsmittelproduktion eingesetzt werden. So entsteht ungewollt eine moralische Zwickmühle. Ein Forschertrio arbeitet bereits seit Jahren an einem innovativen und überzeugenden Projekt zu erneuerbaren Energien.

Der Pflanzenforscher Christian Wilhelm hat mit seinen Wissenschaftskollegen Clemens Posten und Norbert Räbinger eine spannende Alternative aufgezeigt: Durch geschickte Manipulation des Stoffwechselvorgangs produziert die Grünalgenart „Chlamydomonas“ ein Übermass an Glykolat. Dieser Prozess, der unter Verbrauch von Sauerstoff und Sonnenlichtabsorption abläuft, ist als Fotorespiration bekannt. Das Glykolat wird von der Pflanze ausgeschieden und kann von Bakterien aus Biogasanlagen zu Erdgas weiterverarbeitet werden, das bereits so rein ist, dass es direkt als Treibstoff oder zur Stromgewinnung in Blockheizkraftwerken genutzt werden kann.

Das Forschertrio erhielt für eine Machbarkeitsstudie vom Bundesforschungsministerium eine Frist bis 2014 und wurde seit 2011 mit 500.000€ pro Jahr gefördert. „Die Machbarkeit ist gezeigt“, konnte Wilhelm bereits Anfang 2013 verkünden und trieb das Projekt gleich weiter voran: „Jetzt gilt es, die biologischen Einzelteile weiter zu verbessern und in einer kostengünstigen technischen Lösung zusammenzuführen“, erklärte er damals die weiteren Planungen und konnte auch schon ein Patent auf ein Mehrkammersolarmodul vorweisen, auf dessen Grundlage nun weiter  entwicklet und optimiert wird. Den Wert dieses Patents bezeichnete Wilhelm in einem Interview von 2014 als einen „rein ideellen“, zumindest zur Zeit, da bis zur Serienreife noch viel Forschungsarbeit zu Leisten sei.

Zentraler Bestandteil dieses Moduls ist die Membran im Inneren. Sie dient zum einen als Trennwand mit Ventilfunktion und zum anderen als Träger für den dünnen Film aus Grünalgen. Für die Fotorespiration wird idealerweise eine Umgebung mit viel Sauerstoff und etwas Kohlendioxid benötigt (Algenkammer) und für die bakterielle Umwandlung eine sauerstoffarme (Bakterienkammer). Die Trennmembran ist so konzipiert, dass sie bei leichtem Überdruck in der Algenkammer das ausgeschiedene Glykolat in die Bakterienkammer passieren lässt.

Seit Anfang 2013 arbeiteten die Forscher an der Verwirklichung eines Biosolarzellen-Prototyps. „Als Endprodukt stellen wir uns eine smartphonedicke, aufblasbare Solarzelle aus Kunststofffolie vor“, erklärte Wilhelm. Optimierungsarbeit sollte vor allem an der Grünalge betrieben werden. Sie wird genetisch auf hohe Glykolatproduktion ausgelegt. Dieser Prozess wird zu Ungunsten des Pflanzenwachstums erhöht. Und die Algen lassen sich ihr Wachstum nicht so leicht streitig machen. So wird die Ausscheidung von Glykolat z.B. durch ein bestimmtes Enzym teilweise unterdrückt und wieder in den Stoffwechsel eingebunden. Dieser Vorgang wird durch genetisches Design unterdrückt. Weiterhin wurde das für die Fotorespiration zentrale Enzym „Rubisco“ gegen einen leistungsfähigeren Ersatz aus einer Meeresalge ausgetauscht. Über das Resultat sagte Wilhelm: „Es kann zehnmal mehr Glykolat produzieren als das Chlamydomonas-Protein. Dadurch hoffen wir, den Flächenertrag auf das 80- Fache der Biogasproduktion aus Mais zu steigern.“

Die flächenhafte Bereitstellung des Biogases sieht Wilhelm als eher kleines Problem an, denn eine Infrastruktur dafür sei bereits vorhanden. Durch Platzierung von Solarzellen auf Autobahnrandstreifen, unter denen die Erdgasleitungen verlaufen, wäre die Anbindung optimal. „Die Kommunen, denen diese Brachflächen gehören, schaffen durch Wartungsarbeiten für die Anlagen neue Arbeitsplätze und profitieren durch zusätzliche Steuereinnahmen.“, argumentiert Wilhelm weiter und ergänzt, dass die konsequente Randstreifennutzung in Deutschland zehn Prozent der Energiegrundlast des Landes tragen könne.

 
Titelbild: © PhotographyByMK – Fotolia

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