Europäischer Gerichtshof erlaubt Netzsperren bei Copyright-Verstössen
[vc_row][vc_column width=“1/1″][vc_column_text]Der Europäische Gerichtshof hat in einem neuen Urteil die Sperrung von Seiten erlaubt, die aktiv gegen das gültige Urheberrecht verstossen. In Luxemburg wurde das Urteil nach einer Klage der Produktionsfirma Constantin Film gefällt, welche eine Sperrung der illegalen Streaming-Website Kino.to vom österreichischen Provider UPC Telekabel verlangte. Das Urteil könnte für die Zukunft dieser Websites richtungsweisend sein, da es einem Gutachten am Europäischen Gerichtshof folgt.
IP- und DNS-Sperren künftig erlaubt
Das Urteil sollte die allgemeine Frage klären, ob Provider derartige Seiten für ihre eigene Kundschaft sperren dürfen, wenn nachgewiesen ist, dass diese vermehrt Inhalte anbieten, die gegen geltendes Urheberrecht verstossen. Auch wenn sich die Klage mit dem Portal Kino.to beschäftigt, handelt es sich hierbei um einen Präzedenzfall, der auch künftig angewandt werden könnte. Die Streaming-Plattform selber stellte bereits im Jahr 2011 ihren Betrieb ein, die Klage wurde aber zur Klärung der allgemeinen Frage aufrechterhalten.
Die Richter folgten in Luxemburg einem Expertengutachten, welches direkt am Europäischen Gerichtshof erstellt wurde. Diese Vorgehensweise ist besonders bei Fällen, die sich mit dem Internet auseinandersetzen, keine Seltenheit. Das Gutachten befürwortete die Sperrung, dennoch müssen User im Netz nicht fürchten, dass bald jede Seite, auf der sich illegale Inhalte befinden, automatisch gesperrt wird.
Explizit wurde der Streamingdienst YouTube angesprochen. Durch die Möglichkeit, dass jeder User zu jedem Zeitpunkt beliebige Videos hochladen kann, kommt es bei dem Portal besonders häufig zu Verletzungen des Urheberrechts. Zwar reagiert die Google-Tochter ausgesprochen schnell und sperrt derartige Videos, viele bleiben aber auch unter dem Radar und sind zumindest für einen gewissen Zeitraum ohne Einschränkung aufrufbar.
Die Richter am Europäischen Gerichtshof brachten deshalb ausdrücklich zum Ausdruck, dass es bei diesen Sperren nicht zu Kollateralschäden kommen dürfe. Wörtlich verlangen die Richter, dass derartige Sperren unbedingt „streng zielorientiert“ durchgeführt werden müssten. Auch muss ausgeschlossen werden, dass ein User eine Seite dann nicht mehr erreichen kann, die er für den „rechtmässigen Zugang zu Informationen“ benutzt. Die Zugangssperre darf also nur illegale Angebote betreffen, ohne dass es hierbei zu umfassenden Sperren mitsamt Kollateralschäden kommen darf. Auch aus diesem Grund sind Plattformen wie YouTube und Daily Motion vor dem Urteil sicher.
Keine eindeutigen Definitionen im Urteil
Obwohl das Urteil besonders ausführlich formuliert wurde, bleiben viele Einzelpunkte eher im Verborgenen oder werden nicht genau definiert. Die Richter sprechen beispielsweise davon, dass die Seite unbedingt „hinreichend wirksam“ gesperrt werden müsste. Der User darf also keinen Zugang mehr dazu erhalten, technisch versierten Nutzern soll der Zugang zumindest erheblich erschwert werden.
Eine genaue Definition des Wortes „wirksam“ bleiben die Richter aber schuldig. Denn eine Seite durch einen Provider zu sperren ist längst nicht so einfach, wie man unter Umständen annehmen könnte. Hier muss bedacht werden, dass die Domain immer auf einen Server mit einer IP weiterleitet. Wird diese IP gesperrt, könnte es womöglich dazu kommen, dass auch weitere Seiten von der Sperre betroffen sind, nur weil sie unter derselben IP laufen. Damit würde der Grundsatz der Verhältnismässigkeit, der oben erwähnt wurde, nicht länger greifen. Durch die IP-Sperren könnten schliesslich auch Seiten betroffen sein, die keine illegalen Angebote bereitstellen.[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]
[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]Eine DNS-Sperre kann hingegen ausgesprochen leicht umgangen werden, auch ohne technisch besonders versiert zu sein. Viele Dienste im Netz bieten sogar kostenfrei Möglichkeiten an, wie mit einem einzigen Mausklick ganze DNS-Sperren einfach umkurvt werden. Wie wirksam eine derartige Sperre also wirklich wäre, ist in der Praxis bisher nicht abzuschätzen. Die fehlenden Definitionen und Ausführungen im Urteil stellen Internetanbieter zudem vor das Problem, nicht genau einschätzen zu können, wann eine Seite nun gesperrt wird und ob dadurch nicht auch Kollateralschäden entstehen.
Urteil stösst auch auf Kritik
Das Urteil ruft Kritiker auf den Plan, die für ein freies und offenes Internet plädieren. So zum Beispiel den Verein „Digitale Gesellschaft“. Dieser kritisiert, dass das Urteil, das heute für Sperren illegaler Inhalte sorgen soll, übermorgen auch für politische Sperren oder Informationsverbote eingesetzt werden könnte. Das Urteil ruft demzufolge eine Infrastruktur hervor, die sich in naher Zukunft relativ einfach missbrauchen lasse, indem sich einfach auf das Urteil berufen wird.
Provider stünden dann vor der Entscheidung, dem Urteil entweder zu folgen oder sich selber strafbar zu machen, indem eine geforderte Sperrung nicht umgesetzt wird. Der Verein setzt sich stattdessen für eine vollständige Löschung der Seite ein, nachdem diese durch ein unabhängiges Gericht überprüft wurde. Dadurch würden die Inhalte direkt langfristig aus dem Internet verbannt werden, zugleich würden die Seitenbetreiber der illegalen Web-Angebote nicht länger davon profitieren können.
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