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Pilotprojekt in der Deutschschweiz: Flüchtlinge kommen bei Privatpersonen unter

14.07.2014 |  Von  |  Beitrag

[vc_row][vc_column width=“1/1″][vc_column_text]Die Volksinitiative zur Masseneinwanderung hat im Ausland viel Aufsehen erregt, trotz ihres knappen Ausgangs. Auch die generelle Tendenz der Schweiz, dem Schengenabkommen gegenüber wieder kritischer eingestellt zu sein, ruft Verständnislosigkeit in der EU hervor. Der Schweiz wird plötzlich mangelnde Gastfreundschaft und Offenheit gegenüber Fremden vorgehalten. Nun hat die Schweizerische Flüchtlingshilfe ein wirklich beispielloses Programm ins Leben gerufen, das mitten in der Gesellschaft genau das Gegenteil zu beweisen scheint.

Es soll eine alternative Lösung für die menschenwürdige und integrative Unterbringung der ins Land strömenden Flüchtlinge vor allem aus den neueren, fraglos dramatischen Krisengebieten wie Syrien, dem Irak oder auch der Ukraine gewährleisten. Das Pilotprojekt sieht vor, dass Privatpersonen freiwillig Flüchtlinge bei sich zu Hause aufnehmen, und soll in diesen Wochen starten.

Auf einen entsprechenden Aufruf der Schweizerischen Flüchtlingshilfe im Blick haben sich zunächst 150 Personen gemeldet. Die Organisation rechnet aber mit deutlich mehr Freiwilligen, sollte das Projekt sich als erfolgreich erweisen. Dann könnten bestehende Unterkünfte tatsächlich entlastet werden – und das könnte sich als dringend notwendig erweisen.

Vor Italien eskalieren die Flüchtlingsdramen mit zunehmender internationaler Ballung von Krisengebieten. 5 bis 10 % der dort Ankommenden reisen langfristig weiter in die Schweiz. Viele der Asylsuchenden sind keine Wirtschaftsflüchtlinge, sondern tatsächlich schutzbedürftig. Sie müssen ein neues Zuhause finden, aber auch von der Gesellschaft akzeptiert werden. Hier liegt ein weiteres Motiv des Pilotprojektes: Es sollen Vorurteile abgebaut werden. Denn das Thema Asyl ist in der Schweiz ein zunehmend polarisierendes geworden, das von politischen Interessenlagern instrumentalisiert wird. So können Bürger sich selten ein neutrales Bild ankommender Neubürger machen. Das soll die Unterbringung in der Nachbarschaft ebenfalls ändern helfen.

Die entsprechenden Platzierungen sind vorbereitet, wie Mediensprecher Stefan Frey bekannt gab. Wann die Aufnahmen beginnen sollen, läge nun in den Händen von Kanton und Gemeinde. In dieser sensiblen Anfangsphase werden die Identitäten der teilnehmenden Familien erst öffentlich gemacht, wenn die unterzubringenden Flüchtlinge tatsächlich dort eingetroffen sind. Pro Ort soll zunächst nur eine Familie ein neues, temporäres Zuhause finden, um die ablehnende Haltung des Umfeldes so gering wie möglich zu halten. Offensichtlich haben Gastgeber, die freiwillig medial über ihre geplante Teilnahme berichtet hatten, bereits negative Reaktionen erleben müssen.

Natürlich ist mit diesem Schritt nicht unerhebliche Bürokratie verbunden. Seit 1973, als nach dem chilenischen Militärputsch eine vergleichbare Aufnahmeaktion bei Privaten eine überwältigende Hilfsbereitschaft auslöste, haben diverse Asylgesetzrevisionen spontanen Aufnahmen logistische Hürden in den Weg gelegt. Diese sind zum einen inhaltlicher Natur. Wie und von wem sollen die Flüchtlinge betreut werden? Wann und zu welchen Zwecken kommt externe Hilfe ins Haus? Nur auf Zuruf oder zu festgelegten Terminen? Wie lässt sich das Haftungsrisiko situativ angemessen senken? Wer entschädigt die aufnehmenden Haushalte und gemessen an welchen Sätzen?

Zum anderen liegt die Organisation der Flüchtlingsaufnahmen in den Händen der Kantone. Also müssen die Projektverantwortlichen diese Fragen mit jedem Kanton neu abklären. Würde ein Privathaushalt aus reiner Menschenliebe Flüchtlinge ohne vorherige Klärung mit den Behörden bei sich einquartieren, wäre das ein illegaler Akt. Das liegt im nicht unerheblichen Masse an den Haftungsfragen, deren Absicherung auch in anderen Flüchtlingsunterkünften einen erheblichen Teil der Ausgaben ausmacht.

 

Oberstes Bild: © Zurijeta – Shutterstock.com[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

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