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Auf unseren Landstrassen geschehen die meisten Unfälle durch Überholen

03.12.2014 |  Von  |  Beitrag

Überholen gilt als einer der Hauptfaktoren, die zu Unfällen auf den Strassen der Schweiz führen. Zur risikoreich und fehlerhaft werden Überholmanöver dabei insbesondere und immer öfter von jüngeren Männern durchgeführt, deren Selbstwertgefühl häufig über das Gaspedal gestärkt wird. Statistisch gesehen, geschehen Unfälle ausserhalb von Ortschaften am häufigsten durch Überholvorgänge auf der Landstrasse. 

Analysiert man die Situation genauer, zeigt sich, dass, laut Angaben der Unfallverursacher, der Grund für das Überholen darin gesehen wird, Zeit zu sparen. Des Weiteren wird deutlich, dass es hier präventiv auch bauliche und andere technische Massnahmen geben muss, um die Unfallhäufigkeit auf Schweizer Landstrassen zu verringern. Dieser Text geht den Ursachen für Unfälle auf Landstrassen nach, die durch Überholvorgänge geschehen, zudem beschäftigt er sich mit möglichen Präventivmassnahmen.

Risiko wird in Kauf genommen

Als Zubringer zur Autobahn und als Verkehrsadern, die Orte miteinander verbinden, sind Landstrassen diejenige Art von Strassen, die am häufigsten vorkommt. Demgemäss ist eine hohe Anzahl an Unfällen auf den Landstrassen der Schweiz vielleicht sogar zu erwarten. Im Verhältnis sehr hoch fällt jedoch die Zahl der Unfälle aus, die durch das Überholen anderer Fahrzeuge geschehen. Ursachen dafür sind häufig fehlerhaftes und zu wenig vorausschauendes Fahren bei zu hoher Geschwindigkeit – insbesondere bei entgegenkommendem Verkehr, in nicht einsehbaren Kurven, an Einfahrten, in hügeligem Gelände bzw. nicht einsehbaren Tälern und an Kreuzungen. Wie bei allen Unfällen durch Fahrlässigkeit ist es auch das Tragische an diesen Überholunfällen, dass in der Regel Verkehrsteilnehmer, die sich ordnungsgemäss im Strassenverkehr verhalten haben, in den Unfall verwickelt werden.

Bei den Unfallverursachern sind junge Männer überdurchschnittlich stark vertreten

Junge Männer, die sich, ihre Fähigkeiten und das Fahrzeug falsch einschätzen, wenig Fahrpraxis bzw. -erfahrung haben und zudem möglichst schnell irgendwohin wollen, verursachen Überholunfälle auf Landstrassen proportional am häufigsten. Nimmt man den Faktor Zeitersparnis jedoch einmal unter die Lupe, zeigt sich, dass auf einer Wegstrecke von 20 Kilometern der Zeitgewinn durch schnelles Fahren gerade einmal eine gute Minute beträgt. Nichts also, was ein lebensgefährliches Manöver wie es ein risikoreiches Überholen darstellt, rechtfertigt. In Bezug auf das Alter hat die statistische Auswertung ergeben, dass mehr als 40 Prozent der männlichen Unfallverursacher jünger als 30 Jahre sind.

Geschwindigkeit als Selbstbestätigungsfaktor

Dabei fällt auf, dass bei dieser Personengruppe der jungen Männer soziale und psychologische Faktoren eine zentrale Rolle für ihr risikoreiches Fahren spielen. Da sie sich mit der PS-Zahl und der Geschwindigkeit ihres Autos identifizieren, fahren sie eben auch gerne entsprechende Fahrzeuge. Die Möglichkeit zu schnellem Fahren und die Vorstellung, von anderen als Fahrzeugführer eines solches Wagens wahrgenommen zu werden, verleitet dann zusätzlich dazu, diese Möglichkeit auch in die Tat umzusetzen.


Befinden sich Landstrassen in einem gut ausgebauten Zustand, sinkt das Risiko von Überholunfällen. (Bild: © MaxyM - shutterstock.com)

Befinden sich Landstrassen in einem gut ausgebauten Zustand, sinkt das Risiko von Überholunfällen. (Bild: © MaxyM – shutterstock.com)


Möglichkeiten zur Risikoprävention

Möglichkeiten, das Risiko von Unfällen durch Überholen auf der Landstrasse zu senken, gibt es viele. Einige seien genannt. Eine Verantwortung schulende Fahrausbildung, die gezielt auch auf die Gründe für Überholunfälle auf Landstrassen eingeht, ist ein wesentlicher Aspekt. Insbesondere die vermeintliche Zeitersparnis, die durch das „Rasen“ erreicht werden soll, kann durch konkrete Beispiele schnell als Schimäre entlarvt werden. Des Weiteren kann eine grössere Dichte an Überholverbotsschildern in Gefahrenzonen helfen.

Verbreiterung der Landstrassen

Befinden sich Landstrassen in einem gut ausgebauten Zustand, sinkt das Risiko von Überholunfällen. Erreicht werden kann dies unter anderem durch Dreispurigkeit; wobei die dritte Fahrbahn im Wechsel als Überholspur für den rechten und für den linken Fahrstreifen fungieren kann. Statistisch gesehen, entstehen so weniger Unfälle, was empirische Forschungen an bereits bestehenden dreispurigen Landstrassen gezeigt haben.

Ein zu bedenkender Faktor ist bei einem solchen Ausbau, dass weitere Eingriffe in die Natur und in das Landschaftbild nötig werden. Auch die finanziellen Mittel müssen für solcherart Baumassnahmen von den Kommunen oder den Ländern bereitgestellt werden. Dennoch sollte ein Strassenausbau in der beschriebenen Weise mit Augenmass erfolgen; insbesondere bei Wegstrecken, die nicht einsehbare Passagen wie Kurven, Berg-Tal-Wechsel oder Ähnliches aufweisen.

Als wichtige Möglichkeit der Risikoprävention gilt eine frühzeitige Schulung in Sachen Risikoeinschätzung, vorausschauendes Fahren und Verantwortungsbewusstsein. Insbesondere Überholvorgänge in Bereichen, die bereits durch Verbotsschilder gekennzeichnet sind, wie auch das Fahren und Überholen mit überhöhter Geschwindigkeit müssen dabei flankierend auch strafrechtlich konsequent geahndet werden. Wer ein solches Fahrverhalten gegebenenfalls nicht nur einmal an den Tag legt, dem sollte entsprechend auch möglichst bald die Fahrerlaubnis entzogen werden – noch bevor es zu einem verhängnisvollen Unfall mit Verletzten und Toten kommt.

Verträgt die Natur noch mehr Strassen?

Die Kritiker vom Ausbau der Landstrassen kommen nicht von ungefähr aus den Reihen der Umweltschützer. Zurecht wird darauf hingewiesen, dass mögliche Strassenerweiterungen deutliche Eingriffe in die Natur bedeuten und zu einer weiteren Zergliederung der Landschaft beitragen. Dort, wo der natürliche Wasserlauf von Flüssen verändert wird, entsteht auch eine erhöhte Hochwassergefahr. Des Weiteren ist an Wildtiere zu denken, denen das ungefährdete Passieren auf noch breiteren Strassen noch schwerer gemacht wird.



Die Frage, welcher der geschilderten Aspekte zur Unfallprävention durch Überholen auf Landstrassen den Vorrang haben sollte, lässt sich womöglich nicht eindeutig beantworten. Lösungsansätze sollten jedoch nicht monokausal sein, sondern immer den Gesamtzusammenhang aller Faktoren berücksichtigen.

 

Oberstes Bild: © fujji – shutterstock.com

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