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Philipp und Ich – ein aufrüttelnder Film über die grösste Ungerechtigkeit unserer Zeit

08.05.2015 |  Von  |  Beitrag

Voller Neugierde betritt Lena die romantisch gelegene Scheune. Am Tor hängt ein Ticket für einen Flug nach Paris. Innen ist es zunächst dunkel, dann aber geht das Licht an. Philipp erwartet sie am Check-in.

Was zunächst wie eine Mischung aus Traum und Kindergeburtstag klingt, reisst den Zuschauer bald in seinen Bann. Den der Künstler Philipp hat seiner Lena nicht nur ein Propellerflugzeug inclusive Wolkenszenerie und Wind nachgebaut. Er entführt sie, ganz im Montmartre-Stil gekleidet, nicht nur in eine originalgetreu nachempfundene Pariser Stadtszenerie; auch der Eiffelturm und das französische Restaurant fehlen nicht. Höhepunkt und Ziel erreichen seine beeindruckend-rührenden Bemühungen, als er für Lena eine Torte anschneidet. Darin findet sich der Verlobungsring: Philipp hält um Lenas Hand an.

Doch in dem Moment, in dem das Glück vollkommen scheint, weicht plötzlich alle Regung aus Lenas Gesicht, die Lichter gehen aus. Denn der Traum bleibt nur ein Traum. Lena wurde vor ihrer Geburt abgetrieben.



Lena ist nur Fiktion. Die fast 100’000 Kinder, die allein in 2014 in Deutschland abgetrieben wurden (nur die offizielle Zahl!), sind keine Fiktion. „Hinter jeder Zahl steckt eine Geschichte“ heisst es auf der Filmwebseite phillippundich.de. Mit dem aufrüttelnden Kurzfilm wollen die Macher vom Berliner Mannaplace e.V., auf die hohe Zahl der Schwangerschaftsabbrüche (nicht nur) in Deutschland aufmerksam machen.  „‚Phillipp und Ich‘ ist eine Stimme für die, die keine haben“ schreibt Mannaplace-Geschäftsführer Julius Schindler weiter.

Kurzrezension

Der Kurzfilm besticht durch seine natürliche, ungezwungene und zeitgemässe Machart. Das Thema „Abtreibung“ wird auf ungewöhnliche Weise eingefädelt; von abgedroschenen Klischees, Dogmas und Schuldzuweisungen ist die Produktion meilenweit entfernt. Das Ende ist naturgemäss emotional, was es auch sein muss, um Eindruck zu hinterlassen. Vielleicht artikuliert sich Hauptdarstellerin Lore Richter hier etwas zu dramatisch, sodass mancher hier wieder den erhobenen Zeigefinger wähnen könnte. Allerdings ist und bleibt es hochdramatisch, dass jährlich in Europa – nach offiziellen Zahlen – etwa eine dreiviertel Million Kinder abgetrieben werden.


Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche in ausgewählten europäischen Ländern im Jahr 2012. (Quelle: ©Statista)

Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche in ausgewählten europäischen Ländern im Jahr 2012. (Quelle: ©Statista)


Frappierend: Polen ist mit 752 registrierten Abtreibungen das „Schlusslicht“ und weist somit nur den 15-ten Teil der Schwangerschaftsabbrüche der Schweiz auf. Polen hat jedoch mit 38,5 Millionen Einwohnern eine fast fünf Mal so grosse Bevölkerung!



Ich weiss, man verlasse sich nur auf die Statistik, die man selbst gefälscht hat. Eines steht jedoch fest: von Filmen wie „Philipp und Ich“ können wir mehr gebrauchen.

 

Titelbild: © Mannaplace e.V.

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