Ein Blick auf das schwere Unwetter in Deutschland

Wie im gestrigen Blog zum aktuellen Wetter beschrieben besuchte uns am Donnerstag die erste sommerliche Gewitterlage.

Trotz Böen und Hagel sind wir in der Schweiz grösstenteils von einem richtigen Unwetter verschont geblieben. Nicht so viel Glück hatte unser nördlicher Nachbar Deutschland. Was genau ist passiert und warum nicht hier?

Bevor wir in das Thema einsteigen, will ich kurz erläutern, wieso jetzt Deutschland das Hauptthema des Blogs ist. Ich heisse Lennart Bock, bin dualer Student beim Deutschen Wetterdienst und darf im Rahmen meines Auslandspraktikums bei MeteoSchweiz in Zürich heute den MeteoBlog schreiben. Da die Wetterlage am gestrigen Donnerstag zwischen der Schweiz und Deutschland verhältnismässig ähnlich, aber die Auswirkungen unterschiedlich waren, lohnt es sich nochmal einen genaueren Blick auf das Geschehen zu werfen. Der Süden und Westen Deutschlands waren nämlich verbreitet von schweren Gewittern betroffen, welche mit kräftigem Starkregen, Hagel und Böen für grosse Schäden sorgten.


Beispielbild wie es mancherorts in Deutschland ausgeschaut haben könnte. (Quelle: Unsplash)

Ähnliches Gewitterpotential

Da die synoptische Lage im gestrigen Blog bereits ausführlich beschrieben wurde, wird hier nur verkürzt darauf eingegangen. In der Höhe bestimmten zwei Höhentiefs die Zirkulation, sodass sich eine östliche Höhenströmung einstellte. Gleichzeitig beeinflussten zwei Bodentiefs das Wetter in der Schweiz. Eines davon lag über Westdeutschland, zog im Verlauf des Tages Richtung Nordwesten und bestimmte entsprechend das lokale Wetter. Bei der Betrachtung der Luftmasse in der Schweiz und Süddeutschland fällt auf, dass diese doch sehr ähnlich war. Beide zeigten grosse Labilität und ein vergleichbares Feuchteangebot.


Vom ICON-CH2 simulierte Sondierungen für die Ostschweiz (links) und Baden-Württemberg (rechts) um 12:00 Uhr Ortszeit. Die rote Kurve ist der Temperatur- und die blaue der Taupunktverlauf mit der Höhe. Der Taupunkt ist ein Mass zur Bestimmung der Feuchte. Je kleiner der Unterschied zwischen diesem und der Temperatur ist desto höher ist die relative Feuchte. Die violette Kurve zeigt den Temperaturverlauf eines theoretischen vom Boden gehobenen Luftpakets an. Die Fläche zwischen dieser und der Temperaturkurve ist ein Mass für die Labilität der Luftmasse. (Quelle: MeteoSchweiz)

Unterschiedlich starke Zündung

Der entscheidende Unterschied lag in den Faktoren, welche das Auslösen von Schauern und Gewittern bestimmen. Der Hauptauslöser sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland war ein Kurzwellentrog, welcher von Südosten Richtung Nordwesten zog (Erklärung zu Kurzwellentrögen im gestrigen Blog). Die Schweiz lag allerdings lediglich am Rand von diesem, während sein Schwerpunkt quer über Süd- und Westdeutschland zog. Hinzu kommen sonnigere Bedingungen am Vormittag, sodass sich der Erdboden in Deutschland stärker aufheizen konnte. Dies begünstigt ebenfalls das Auslösen von Schauern und Gewittern. Das Resultat war, dass in der Schweiz ab den Mittagsstunden des Donnerstags ein paar kräftige Gewitter auftraten, welche sich bis zu den Abendstunden allerdings gelegt hatten. In Deutschland traten diese verbreiteter und häufig linienartig organisiert auf und hielten bis in die frühe Nacht hinein an. Ihre langsame Zuggeschwindigkeit bedeutete vor allem, dass sehr hohe Niederschlagssummen in kurzer Zeit auftraten. Wer sich noch mehr für die Entstehung von Gewittern interessiert, kann sich gerne diesen Beitrag im Wetterlexikon anschauen.


Blitz und Radaranimation von 12:00 bis 24:00 Uhr Ortszeit. (Quelle: MeteoSchweiz)

Überschwemmungen und Hagelschlag

Das Unwetter sorgte in Baden-Württemberg und dem Westen Deutschlands für Überschwemmungen, umgestürzte Bäume und Hagelschlag. Besonders der Grossraum von Frankfurt am Main wurde schwer getroffen. Nach Berichterstattung der Hessenschau trafen bei der Frankfurter Feuerwehr so viele unwetterbedingte Notrufe ein, dass der Ausnahmezustand ausgerufen wurde. Einige Autobahnabschnitte mussten zeitweise gesperrt werden und es kam zu erheblichen Störungen am Frankfurter Flughafen und im örtlichen Nahverkehr. Glücklicherweise scheint es keine Verletzten gegeben zu haben. Der entstandene Sachschaden ist nichtsdestotrotz voraussichtlich enorm hoch.


Hageldecke in Flawil vom 02.04.2024. Genauso sah es mancherorts in Deutschland aus. (Quelle: Meteomeldung/App)

Dieses Ereignis hat erneut gezeigt, wie nur scheinbar kleine Unterschiede in der Atmosphäre einen erheblichen Einfluss auf das Wettergeschehen haben können, sodass nur wenige hundert Kilometer nördlich der Schweiz am gestrigen Donnerstag verbreitet landunter war.


In Deutschland traten im Rahmen des Unwetters am Donnerstag vielerorts die Flüsse und Bäche über. Dieses Beispielbild zeigt, wie es ausgesehen haben könnte.

 

Quelle: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz / Ein Blick auf das schwere Unwetter in Deutschland – MeteoSchweiz (admin.ch)
Titelbild: Pixabay

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