Kaltluft über den USA, milde Atlantikluft in der Schweiz: Der Polarwirbel im Fokus
Wir werfen heute einen Blick einerseits in die Stratosphäre und andererseits über den grossen Teich Richtung USA, wo es sehr kalt wird.
Wird es dies in nächster Zeit auch hierzulande?
Der Polarwirbel
Im nordhemisphärischen Winter bildet sich in der Stratosphäre (etwa 12 bis 50 km über unseren Köpfen) üblicherweise der Polarwirbel aus. Der Polarwirbel ist ein grosses und kräftiges Tiefdruckgebiet, welches sich mehr oder weniger über dem Nordpol befindet und mit massig Kaltluft «gefüllt» ist.
Bei schwach ausgeprägtem Polarwirbel ist die Strömung, die ihn quasi umschliesst, schwach und wellenförmig. Ein Kaltluftausbruch in Richtung der mittleren Breiten (also in die Schweiz) ist wahrscheinlicher, muss aber nicht zwangsläufig geschehen.
Bei stark ausgeprägtem Polarwirbel hingegen ist die Strömung um den Wirbel stark ausgeprägt und verläuft mehr oder weniger geradlinig. Die im Wirbel enthaltende Kaltluft ist quasi eingeschlossen. Ein Kaltluftausbruch bis in mittlere Breiten ist weniger wahrscheinlich. Für weite Teile von Europa, aber auch der USA, bedeutet dies in der Regel eine eher milde Westströmung.
Stabiler Polarwirbel
Bereits seit etwa November 2024 sowie auch aktuell ist der Polarwirbel sehr stark ausgeprägt. Gemäss Modellunterlagen bleibt dies auch noch eine ganze Weile so. Dies ist mit ein Grund, warum es hierzulande eher milder als normal ist. Dies vor allem in den Bergen, denn im Mittelland «profitieren» wir quasi von hausgemachter Kälte durch den ausgebildeten Kaltluftsee.
Wie oben erwähnt, müsste es bei stabilem Polarwirbel üblicherweise auch in vielen Regionen der USA eher mild sein. Warum erlebt dann die Region derzeit schon wieder eine markante Kältewelle, obwohl der Polarwirbel stark ausgeprägt ist?
Kaltluftausbruch bis weit in den Süden der USA
Dazu muss der Polarwirbel etwas genauer unter die Lupe genommen werden. Er lässt sich nämlich in einen oberen (stratosphärischen) und in einen unteren (troposphärischen) Polarwirbel unterteilen, auch wenn es sich eigentlich um dasselbe System handelt.
Während der obere Polarwirbel in etwa 30 km Höhe wie oben erwähnt stark und fast kreisrund ausgeprägt ist, sieht es weiter unten auf rund 20 km Höhe oder noch tiefer etwas anders aus. Dort nimmt der Polarwirbel derzeit nämlich eine über Nordamerika südwärts ausgreifende Form an, wobei er von den westlich und östlich angrenzenden Drucksystemen über dem Pazifik und über dem Nordatlantik quasi in diese Form gepresst wird.
Diese Ausbuchtung des unteren Polarwirbels nach Süden scheint nun einen Ausbruch arktischer Kaltluft bis weit in die USA hinein zu begünstigen. Auf der Rückseite bzw. auf der westlichen Seite dieser Ausbuchtung, die sich auch in tieferen Luftschichten ausbildet, wird arktische Luft angezapft, die nun südwärts strömt. So dürfte es anfangs der kommenden Woche selbst in New Orleans am Golf von Mexiko Höchstwerte nur noch um den Gefrierpunkt geben.
Es muss an dieser Stelle allerdings erwähnt werden, dass nicht eindeutig klar ist, ob nun der südlich ausgreifende untere Polarwirbel den Kaltluftausbruch verursacht hat, oder ob letztlich «nur» die Konstellation von Hochs und Tiefs und entsprechend der Verlauf des Jetstreams für den Kaltluftausbruch verantwortlich ist, unabhängig vom Polarwirbel. Diese Huhn-Ei-Frage ist nicht ganz geklärt.
Und in der Schweiz?
Ein stabiler starker Polarwirbel bedeutet wie weiter oben angedeutet nicht in jedem Fall, dass Kaltluftausbrüche bis in mittlere Breiten ausbleiben. Je nach Konstellation sind sie dennoch möglich.
In Mitteleuropa sieht es derzeit nicht gerade danach aus. Die Form des unteren (troposphärischen) Polarwirbels scheint in nächster Zeit über (Ost-)Europa keine südliche Ausbuchtung anzunehmen (siehe Grafiken oben), damit wir in den Genuss von Kaltluftausbrüchen aus Norden/Nordwesten kämen. Zudem deutet derzeit nichts auf einen Zusammenbruch des Polarwirbels (plötzliche Stratosphärenerwärmung) hin, sodass ein Kaltluftausbruch aus nordöstlicher Richtung möglich werden könnte.
Wir verbleiben im Grossen und Ganzen eher auf der Vorderseite einer über der Ost-USA bzw. über dem Nordatlantik südwärts gerichteten Ausbuchtung, und damit auch in tieferen Luftschichten insgesamt im Zustrom eher milder Atlantikluft aus West/Südwest.
Allerdings ist die Prognose noch mit Unsicherheiten behaftet, nicht zuletzt auch deshalb, weil Wechselwirkungen zwischen der Stratosphäre und der Troposphäre schwierig vorherzusagen sind (Stichwort Huhn-Ei-Frage). Deshalb: Auch wenn es derzeit nicht danach aussieht, als Winterfan sollte man sich in Geduld üben und den aktuellen Winter noch nicht abschreiben.
Quelle: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz / Begünstigt der Polarwirbel einen Kälteausbruch in Nordamerika?
Bildquellen: Bild 1: => pixabay.com; sonstige Bilder: => siehe Bildlegenden