Schweizer Armee: VBS führt Drohnenprojekt ADS 15 trotz Problemen reduziert weiter

Das Projekt Aufklärungsdrohnensystem 15 (ADS 15) kämpft seit vielen Jahren mit Verzögerungen und technischen Problemen.

Die Lieferantinnen Elbit und RUAG haben vertragliche Meilensteine wiederholt nicht eingehalten. Bundesrat Martin Pfister, Chef VBS, hat nach seinem Amtsantritt eine vertiefte Analyse des Projekts angeordnet. Aufgrund der Resultate hat das VBS entschieden, das Beschaffungsprojekt ohne das automatische Ausweichsystem, ohne das System für GPS-unabhängige Starts und Landungen sowie ohne das System für die Enteisung fortzuführen. Trotz den Einschränkungen beim Einsatz bleiben zentrale Fähigkeiten wie die Aufklärung mit langer Verweildauer in der Luft sichergestellt.

Mit der Armeebotschaft 2015 vom Parlament beschlossen, waren die sechs Drohnen der Herstellerin Elbit als Ersatz für das bis Ende 2019 eingesetzte System Aufklärungsdrohnensystem 95 vorgesehen. Heute ist die Beschaffung des Aufklärungsdrohnensystems 15 (ADS 15) stark verzögert und technisch nach wie vor herausfordernd. Die Finanzmittel sind nahezu ausgeschöpft. Zentrale Funktionen sind weiterhin nicht einsatzbereit. Die Projektpartner Elbit und RUAG konnten vertragliche Meilensteine wiederholt nicht einhalten. Verfügbarkeit und Leistung des Systems sind weit hinter den Anforderungen zurückgeblieben.

Projektabbruch würde zu Fähigkeitslücken in der Aufklärung der Armee führen

Da ein Projektabschluss im vorgesehenen Umfang aus Sicht des VBS nicht realistisch ist, haben die zuständigen Stellen im Departement im Auftrag von Bundesrat Martin Pfister vertieft geprüft, wie mit dem Projekt weiter zu verfahren ist.

Eine Variante war, das Projekt abzubrechen. Ohne Aufklärungsdrohnen würden auf unbestimmte Zeit Fähigkeitslücken in der Aufklärung bestehen. Zudem wäre es unsicher, ob die Schweiz die bisherigen Investitionen (rund 240 Millionen Franken) oder Teile davon von Elbit zurückfordern könnte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dies in langwierigen Rechtsstreitigkeiten mit der Herstellerfirma Elbit geklärt werden müsste, wobei Elbit allenfalls ebenfalls die ihrerseits bereits getätigten Investitionen zurückfordern würde.

Verzicht auf drei Funktionalitäten, um zentrale Fähigkeiten sicherzustellen

Stattdessen hat das VBS aufgrund der Prüfresultate und nach Abwägung sämtlicher Vor- und Nachteile entschieden, das Beschaffungsprojekt in reduzierter Form weiterzuführen. Konkret wird auf drei Funktionalitäten verzichtet, die von der Herstellerin ursprünglich zugesichert waren, sich aber kaum mehr umsetzen lassen. Dabei handelt es sich erstens um das von RUAG zu entwickelnde automatische Ausweichsystem («Detect and Avoid»), zweitens um das Enteisungssystem und drittens um das GPS-unabhängige Start- und Landesystem.

Dieser Entscheid bedeutet zwar Einschränkungen bei der Verfügbarkeit, stellt aber die Nutzung zentraler Fähigkeiten sicher, insbesondere die Aufklärung mit einer langen Verweildauer der Drohne in der Luft. Die Drohne kann zusätzlich als Plattform für künftige Weiterentwicklungen dienen, wenn solche erforderlich sein werden, beispielsweise neue Sensoren für elektronische Aufklärung.

Gleichzeitig bestehen weiterhin technische Risiken in der Software und der Steuerung. Es ist nicht auszuschliessen, dass die Lieferantin weitere Meilensteine nicht erreicht. Das Projekt wird daher weiterhin einen hohen Einsatz von Ressourcen, Zeit und Führung erfordern. Allerdings hat Elbit substanzielle Zugeständnisse als Kompensation für den Verzicht auf die drei Funktionalitäten in Aussicht gestellt, etwa die Übernahme der Fixkosten des Servicevertrags für bis zu acht Jahre.

Insgesamt überwiegen mit diesem Entscheid die Vorteile die Nachteile. Ziel bleibt es, der Schweizer Armee ein funktionales Aufklärungsdrohnensystem zur Verfügung zu stellen, das zentrale Fähigkeiten wie die Aufklärung mit langer Verweildauer in der Luft sicherzustellt.

Keine Flüge bei Vereisungsbedingungen und stark eingeschränkter Sicht

Im Einzelnen schränkt der Verzicht auf die drei Funktionalitäten die Einsatzfähigkeit und die Verfügbarkeit des Drohnensystems folgendermassen ein:

  • Verzicht auf automatisches Ausweichsystem: Ohne «Detect and Avoid»-System gibt es im Flugbetrieb tagsüber und in gewissen Lufträumen Einschränkungen. Konkret muss die Drohne im unkontrollierten Luftraum bei Tag von einem Begleitflugzeug begleitet werden; dies gilt bis zu einer Flughöhe von 3000 Metern über dem Flachland und 4000 Metern über dem Alpengebiet. Ausserhalb dieser Zonen, also im kontrollierten Luftraum und innerhalb von Sperrzonen, gibt es für Drohnenflüge keine Einschränkungen und es braucht kein Begleitflugzeug. In der Nacht kann die Drohne zudem überall ohne Begleitflugzeug eingesetzt werden.
  • Verzicht auf Enteisungssystem: Ohne diese Funktionalität sind bei Eisbildung keine Flüge möglich.
  • Verzicht auf GPS-unabhängiges Start- und Landesystem: Ohne diese Funktionalität werden keine Flüge möglich sein, wenn wegen Bodennebels die Sicht stark eingeschränkt ist.

Aufklärung für Armee und Einsätze für Sicherheitsorganisationen

Trotz Verzicht auf die drei Funktionalitäten deckt das ADS 15 ein breites militärisches und ziviles Einsatzspektrum ab:

  • In Phasen erhöhter Spannungen oder hybrider Konfliktformen werden die Drohnen Aufklärung über Truppen, Standorte oder truppenleere Räume leisten und so Armeeeinsätze unterstützen.
  • Im Alltag können die Drohnen für Ausbildungszwecke, zur Überwachung von Armeestandorten und zur Unterstützung ziviler Behörden in Katastrophenfällen eingesetzt werden. Zudem steht das System auf Antrag des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit BAZG, des Nachrichtendienstes des Bundes NDB oder des Bundesamtes für Polizei fedpol zur Verfügung.

Auflagen durch die Military Aviation Authority (MAA)

Der Entscheid zum Verzicht auf die benannten Funktionalitäten reduziert die Komplexität des Projektes. Dennoch bleiben grosse Herausforderungen, insbesondere mit der Zulassung. Die Herstellerin Elbit konnte bisher nicht nachweisen, dass alle an die Schweiz gelieferten ADS-15-Drohnen designkonform gefertigt wurden. Das heisst, es fehlt weiterhin die nötige Dokumentation, welche für eine uneingeschränkte Zulassung zum Betrieb unabdingbar ist. Deshalb hat die Military Aviation Authority (MAA) Auflagen für den Flugbetrieb festgelegt.

Konkret ist ein Notfallschirm vorgeschrieben, eine Mindestflughöhe muss eingehalten werden, Notlandepunkte müssen erreicht werden können und eine lange Verweildauer über sehr dicht bewohntem Gebiet muss vermieden werden. Wenn diese Auflagen eingehalten sind, lässt sich der Drohnenbetrieb sicher durchführen.

Absehbar ist, dass maximal vier der sechs Drohnen die für die Zulassung erforderlichen Nachweise nicht erbringen können und dauerhaft gewissen Auflagen unterliegen werden. Elbit hat in Aussicht gestellt, eine Drohne auszutauschen. Damit bestünde die Chance, über mindestens drei Drohnen zu verfügen, die ohne Auflagen betrieben werden können.

 

Quelle: VBS / Schweizer Armee
Bildquelle: Symbolbild © VBS-DDPS

Publireportagen

Empfehlungen

MEHR LESEN