Sind Namen nur Schall und Rauch? Zum Einfluss von Namen auf die Entwicklung der beruflichen Karriere

Namen bezeichnen ganz individuell „eine Sache, einen Gegenstand oder eine Person“ und sind gemäss ihrer Definition unverwechselbar. Tatsächlich sind Namen heute aber nur noch in den wenigsten Fällen unverwechselbar und oft geben sie keinen Hinweis auf den (angestrebten) Charakter eines Menschen.

Onomastiker, wie die Namensforscher genannt werden, haben herausgefunden, dass Namen positive und negative Emotionen hervorrufen. So kann man nur allein aufgrund einer Bezeichnung eine Person sympathisch finden oder ihr ablehnend gegenüberstehen. Solche, manchmal oft auch nur unbewusst vorgenommene Einschätzungen können unter Umständen sogar die Karriere beeinflussen. Sie fragen sich, wie das geht?

Ganz einfach: Denken Sie etwa an den männlichen Vornamen Adolf, der seit Mitte des 20. Jahrhunderts praktisch so gut wie nicht mehr vorkommt. Der Name Adolf ist im kollektiven Gedächtnis derart negativ besetzt und weckt so unangenehme Erinnerungen, dass heute niemand mehr seinem Kind diesen Namen geben möchte. Der Vorname Adolf lässt schlichtweg keinen Raum für positive Assoziationen. In diesem Extremfall haben gesellschaftliche Ereignisse und persönliche Betroffenheit dazu geführt, dass ein Name mehr oder minder verschwindet.

Die Annahme, dass Namen keine Bedeutung hätten, dass sie „Schall und Rauch“ sind und lediglich flüchtig wahrgenommen werden, ist falsch. Weder aus namenswissenschaftlicher (onomatologischer) noch aus literaturwissenschaftlicher Sicht ist dieser These zuzustimmen. Sie ist sogar doppelt falsch, wie im Folgenden gezeigt wird.

Mit der Aussage „Name ist Schall und Rauch“ (Vers 3455), die aus Goethes berühmter Tragödie „Faust“ stammt, weicht der Protagonist einer unmissverständlichen Antwort zur ebenfalls berühmt gewordenen „Gretchenfrage“ aus. Im Laufe vieler Jahre sind die geflügelten Worte aus dem Zusammenhang gerissen und ihres Kontextes beraubt worden. Entgegen Fausts Behauptung spielt die korrekte Bezeichnung einer Sache eben sehr wohl eine Rolle. Dies wird im weiteren Verlauf des Geschehens auch deutlich. Faust beschwört nämlich indirekt ein Unglück herauf.

Bereits unsere Vorfahren waren sich dieser Grundproblematik – dem namensgeschichtlichen Aspekt der (Falsch-)Aussage – sehr wohl bewusst. Stets unterlagen die Namen, die Eltern ihren Kindern gaben, gesellschaftlich geprägten Veränderungen. Ging es anfangs vor allem darum, dem Nachwuchs mit dem Namens positive Eigenschaften mit auf den Weg zu geben, wurde später, in anderen Generationen, dazu übergegangen, im Namen den mutmasslichen Charakter der Person einzufangen. Es liegt auf der Hand, dass diese Wünsche nicht immer in Erfüllung gingen. Selten war August tatsächlich „stark“ und auch Katharina überragte selten ihre Kameradinnen.


Der individuelle Namen kann, wie die Namensforschung herausgefunden hat, sogar die Karriere eines Menschen beeinflussen. (Bild: Rob Hyrons / Shutterstock.com)
Der individuelle Namen kann, wie die Namensforschung herausgefunden hat, sogar die Karriere eines Menschen beeinflussen. (Bild: Rob Hyrons / Shutterstock.com)


Um die eigene Wunschvorstellung, das tatsächliche Auftreten der Person und die für sie bestimmte Bezeichnung zukünftig besser in Einklang miteinander zu bringen, orientierten sich Eltern zunehmend an der eigenen familiären Tradition, das heisst, an deren Beruf oder Status. Schliesslich wurde auch gern auf Namen von Heiligen zurückgegriffen, die im Allgemeinen positiv besetzt sind. Beispiele für dieses Vorgehen sind Namen wie Sebastian oder Ludger, die kaum Rückschlüsse auf die Eigenschaften und den Charakter ihres Trägers erlaubten.

Damit verschwand jedoch sukzessive das genuine Anliegen von Namen. Stattdessen gelangten neue Namen aus fremden Ländern hinzu. Statt der ursächlichen Bedeutung gaben Klang und Exotik den Ausschlag für die Wahl eines Namens. Man orientierte sich an der Mode, wählte Bezeichnungen wie Franz, Matthias oder Wilhelm gewählt, oftmals in bewusster Rückbindung an den gerade amtierenden Herrscher..

Genau hierin sehen Onomastiker jedoch den Grund dafür, dass Namen den Lebensweg beeinflussen oder einer Karriere im Weg stehen können. Wie viel Sympathie oder Ablehnung einem Kind entgegengebracht wird, hängt nämlich nicht unwesentlich mit den Namen zusammen, die Eltern ihren Kindern geben. Neben persönlichen Belangen spielen hier freilich auch gesellschaftliche Phänomene eine Rolle.

So wirken eine Anna oder ein Theo zum Beispiel naiver und quirliger, dafür aber deutlich aufgeweckter und dynamischer als ein Maximilian oder eine Elisabeth, denen man per se erst einmal mehr Ernsthaftigkeit und Traditionsbewusstein, vielleicht auch Schwerfälligkeit, zuordnet. Das hängt damit zusammen, dass die Kurzform eines Namens grundsätzlich andere Eigenschaften weckt als die Langform.

Innere Ablehnung können auch aus anderen Sprachen entlehnte Namen hervorrufen, und zwar vor allem, wenn sie fehlerhaft ausgesprochen werden oder mit „durchschnittlichen“ Familiennamen unglücklich kombiniert sind. Einer Shakira Schmidt oder einem Jérôme Pascal Hund wird nach Aussage der Namensforscher oft automatisch unterstellt, sie seien wenig intelligent, zuverlässig und vertrauenserweckend.

Auch neutrale Bezeichnungen wie Alex, Uli und Robin oder der nicht hörbare Unterschied zwischen René und Renée oder Hannah und Hanna rufen Verunsicherungen hervor – selbst dann, wenn die Träger eindeutig als männlich oder weiblich erkennbar sind. Namen, die nicht eindeutig einem Geschlecht zugeordnet werden können, gelten von Grund auf erst mal als verdächtig.

Anders verhält es sich mit Namen wie Liudger, Maarten oder Mercedes. Personen, die einen solche Namen tragen, werden häufig mit hohen Erwartungen belegt – erst recht, wenn zwischen dem Vor- und Nachnamen noch die Präposition „von“, „van“ oder „de“ steht; Namen wie Cornelia oder Birgit gelten als altmodisch, Katrin und Jana als zeitlos. Auch das kann zum Problem werden.

All diese Erkenntnisse ändern natürlich nichts an dem Namen, mit dem Sie leben (müssen). Gleichwohl kann das Wissen um die Bedeutung des eigenen Namens hilfreich sein, etwa im Fall einer Bewerbung. So kann man sich bereits im Vorfeld überlegen, welche Erwartungen und Einschätzungen die Bezeichnung bei dem Unternehmen weckt und ob diese Assoziationen gewollt sind oder ob Sie eher schaden. Letzteres sollte natürlich unbedingt vermieden werden. Da ist es gut zu wissen, dass ein vorverurteilter Name auch eine ganz andere Wirkung entfalten kann. Wenn positive Erfahrungen hinzukommen, ist die aufgrund eines Namens im Vorfeld getroffene Einschätzung eines Charakters oft schon in kürzester Zeit vergessen.

 

Oberstes Bild: © Amir Ridhwan – Shutterstock.com

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